Stockum. Über „Rekordbesuch“ konnte sich Stockums Ortsvorsteher Reimund Klute bei der Einwohnerversammlung am Montag abend freuen, zu der er gemeinsam mit Bürgermeister Detlef Lins in den Speisesaal der Schützenhalle eingeladen hatte. Die Sitzplätze reichten bei weitem nicht, insgesamt waren weit über 200 Stockumer gekommen, die sich für eine gute Stunde vielfach mit einem Stehplatz begnügen mussten. Das lag an einer Vielzahl interessanter aktueller Themen, insbesondere allerdings am Reizthema Netto-Markt. Und hier hatte Bürgermeister Lins brandaktuelle Informationen mitgebracht. Das neue Einzelhandelsgutachten liegt seit einigen Tagen im Rathaus vor – und es spricht sich zumindest für eine Aufweichung der engen Flächenbeschränkungen für Einzelhandel in Ortsteilen wie Stockum aus.
Gutachten wird am 29. September im Ausschuss vorgestellt
Bürgermeister Lins fasste kurz die Situation in Stockum zusammen. Dort wie in anderen dörflichen Ortsteilen lässt das Einzelhandelsgutachten bisher nur eine Nahversorgung auf höchstens 400 Quadratmetern Fläche zu. Seit Mai 2012 liegt ein Antrag auf Errichtung eines Lebensmittelmarkts mit Backshop auf knapp 800 Quadratmetern im Bereich Rönkhauser Straße/Esperantostraße vor. Ein Antrag, der in den drei Ortsteilen Stockums auch deshalb viele Unterstützer findet, weil der einzige Lebensmittelladen im Ort in absehbarer Zeit schließen will. 400 und 800 Quadratmeter, das liege aber so weit auseinander, sagte Lins. Wegen dieses Antrags aus Stockum, aber auch wegen anderer Wünsche aus der Sunderner Kernstadt, wo sich ein Lebensmittelmarkt neu ansiedeln will und zwei Discounter erweitern wollen, sei die Überarbeitung des Einzelhandelskonzepts in Auftrag gegeben worden. Dieses neue Gutachten liegt jetzt vor und wird am 29. September im Fachausschuss von den Autoren den Politikern vorgestellt. Detlef Lins verriet den Stockumern vorab schon einige Details.
Drei Szenarien untersucht – ein klarer Favorit
Lins zitierte einige Passagen aus den Gutachten und entschuldigte sich bei den Stockumern sogleich für das Gutachter-Chinesisch. Und tatsächlich verstanden die meisten zunächst nur Bahnhof, als sie vom „marktorientierten Szenario“, vom „moderaten Entwicklungs-Szenario“ und vom „modifizierten Status-Quo-Szenario“ hörten. Hinter den sperrigen Begriffen verbirgt sich, dass die Gutachter drei verschiedene Größenordnungen von Einzelhandelsansiedlungen untersucht haben. Bei der ersten Größe fürchten sie Einschränkungen für Geschäfte in der Innenstadt und Geschäftsaufgaben in den Nachbarorten, bei der zweiten sehen sie immerhin noch mögliche Geschäftsaufgaben in Nachbarortsteilen und bei der dritten Variante sehen sie keine dieser Gefahren. Diese Variante empfehlen die Gutachter deshalb der Stadt Sundern. Sie beziffern die mögliche Flächengröße, die noch kongruent zu den Zielen des Einzelhandelsgutachtens ist, auf bis zu 650 Quadratmeter, davon etwa 550 Quadratmeter für Nahrungs- und Genussmittel. Und das übrigens nicht nur für Stockum, sondern für alle größeren Dörfer im Stadtgebiet.
„Vermaledeite 400 Quadratmeter aufgeweicht“
Er könne hier keine Lösungen präsentieren, sondern nur informieren, sagte der Bürgermeister den Stockumern. Nach der Vorstellung durch die Gutachter werde die Angelegenheit zunächst zur Beratung in die Fraktionen gegeben. Dann gelte es mit den Antragstellern ins Gespräch zu kommen und politisch abzuwägen. Immerhin, so Lins, seien „die vermaledeiten 400 Quadratmeter aufgeweicht“. Und am Ende werde man sich sicher nicht über zehn Quadratmeter streiten. Bei 150 Quadratmetern Unterschied sehe das aber wohl anders aus.
Mehrfach hatte Lins betont, dass er natürlich den Anspruch der rund 1900 Stockumer auf ihre Nahversorgung unterstütze. Er hat aber auch gesagt, dass man den Bedenken der Orte aus dem oberen Sorpetal Rechnung tragen müsse, wo die Ortsvorsteher um den Fortbestand der Läden in Allendorf, Amecke und Hagen fürchten. Und er hat deutlich gemacht, dass man mit baulichen Lösungen den Anliegern des neuen Marktes entgegen kommen müsse, die vor allem Verkehrslärm und hohe Mauern fürchten.
„Lieber 150 Quadratmeter zu viel als 650 zu wenig“
Aus dem Publikum hat ein Dörnholthausener gesagt, dass er in Dörnholthausen keinen kenne, der gegen den neuen Markt in Stockum sei. Und wenn die Stadt einerseits fordere, Sprit zu sparen, müsse sie andererseits auch ermöglichen, mit dem Fahrrad zum Einkaufen zu fahren, sagte er unter viel Beifall. Kräftigen Beifall bekam auch ein anderer Redner, der in seinem Statement feststellte, er sehe nach wie vor nur zwei realistische Alternativen: Entweder 800 Quadratmeter, wie vom Investor gewünscht, oder aber gar kein neuer Markt. Und da seien ihm 150 Quadratmeter zu viel lieber als 650 Quadratmeter zu wenig. Und letztlich meldete sich auch ein Vertreter der direkten Anlieger des Baugrundstücks zu Worte. Er sagte, aus Anliegersicht sei es ein erheblicher Unterschied, ob auf 800 oder 650 Quadratmeter gebaut werde. Bei 800 Quadratmeter werde das Grundstück voll ausgenutzt, bei 650 Quadratmetern bleibe Platz für eine ansprechendere Gestaltung und Verzicht auf eine zehn Meter hohe Wand.
„Es gibt noch viel zu tun,“ war das Schlusswort von Ortsvorsteher Reimund Klute.