Sundern/Langscheid. Das Ergebnis war am Ende klarer als es die anderthalbstündige Diskussion hätte erwarten lassen. Mit 13 Ja- und 3 Neinstimmen hatte sich der durch zwei befangene Mitglieder auf 13 Stimmberechtigte geschrumpfte Fachausschuss Bildung und Familie eindeutig dafür ausgesprochen, die Gründung einer privaten Ersatzschule in Langscheid aus schulfachlicher Sicht zu unterstützen. (Wir berichteten bereits gestern: http://www.blickpunkt-arnsberg-sundern.de/?p=14914 ) Eine Abstimmung, bei der etwa SPD-Fraktionschef Michael Stechele, CDU-Fraktionschef Stefan Lange, Antonius Becker von den Grünen und Siegfried Huff von der Linken nicht mitmachen durften, da sie nicht Mitglied im BF-Ausschuss sind. Von ihrem Rederecht machten sie aus der zweiten Reihe allerdings teils sehr rege Gebrauch.
Stechele (SPD): „Jeder soll wissen, für was er stimmt“
Die Sorge um den Schulfrieden in der Stadt und die Furcht vor Auswirkungen auf andere kleine Grundschulen im Stadtgebiet auf der einen Seite, die Anerkennung des privaten Engagements und die Bereicherung des Schulangebots auf der anderen Seite waren wesentliche Argumente in der Diskussion. Michael Stechele hatte gleich zu Beginn der Diskussion beantragt, bis zur endgültigen Entscheidung in der Ratssitzung am 13. November aktualisierte Zahlen der Schulentwicklungsplanung vorzulegen. Das sei wichtig für eine verantwortungsvolle Abstimmung der Ratsmitglieder, denn jeder solle wissen, für was er gestimmt habe. Der SPD-Antrag wurde mit großer Mehrheit angenommen und zusammen mit den Erkenntnissen aus dem Rechtsgutachten in den Beschlussvorschlag eingearbeitet. Berthold Assheuer von der Schulverwaltung und auch Bürgermeister Detlef Lins machten allerdings wenig Hoffnung auf neue Erkenntnisse. Assheuer sagte, die Zahlen der Vorlage seien aktuell aus dem Juni und Lins fügte an, man könne ohne Spekulation nicht weiter als sechs Jahre in die Zukunft blicken, denn die Grundschulkinder für die Zeit danach seien noch nicht geboren.
Huff (Linke): „Das wird eine andere Schule“
Auch Siegfried Huff hatte einen Antrag gestellt. Er wollte, dass alle Grundschulen mit ihren Schulleitern und Schulpflegschaften nochmals Gelegenheit zu einer Stellungnahme bekommen, in einer Veranstaltung oder anderer Form. Ein Antrag, der von den anderen Fraktionen ohne jede Ja-Stimme abgelehnt wurde. Genauso klar wie Huffs Ablehnung der geplanten Privatschule, aus der er keinen Hehl machte. „Das wird eine andere Schule!“, warnte er.
Pellmann (CDU): „Zukunftsträchtig und keine zwei-Klassen-Schule“
Eine Warnung, die Michael Pellmann schlicht als „Quatsch!“ bezeichnete. Die Langscheider Grundschule werde Grundschule bleiben und er werde nicht zulassen, dass dort eine Zwei-Klassen-Gesellschaft entstehe und das Portemonnaie entscheide, sagte der Langscheider Ortsvorsteher. Es werde an der Schule einen Sozialfonds geben und der Elternbeitrag werde voraussichtlich nicht einen Cent höher sein als er heute schon für die Mittagsbetreuung bis 13 Uhr gezahlt werden müsse. Pellmann sagte auch, dass es definitiv einen Kooperationsvertrag mit justiziablen Vereinbarungen geben werde, wie es das von der Stadt mit teuer Geld eingeholte Rechtsgutachten fordere. Die geplante Ersatzschule sei zukunftsträchtig und innovativ und für ihn definitiv eine Bereicherung der Schullandschaft. Eine Einschätzung, die allerdings nicht alle in der CDU-Fraktion teilten.
Kaiser (CDU): „Drei Gründe sprechen dagegen“
Ulla Kaiser, die zusammen mit der Ausschussvorsitzenden Claudia Hachenei und Siegfried Richter mit Nein stimmte, führte drei Gründe auf, die Privatschulgründung nicht zu unterstützen. Der erste Grund sei die Sorge um den mühsam erarbeiteten Schulkonsens und den Schulfrieden in der Stadt. Sie sehe die Grundschule in Hellefeld, in die gerade noch 200.000 Euro investiert werden, sofort gefährdet und fürchte auch, dass Eltern, die an der neuen Schule abgewiesen werden, auf die Barrikaden gehen. Der zweite Grund sei die Sorge, dass bei dem als Schulträger noch unerfahrenen Sozialwerk Sauerland die Kinder in Langscheid zu Versuchskaninchen würden, der dritte, dass bei der insgesamt knappen Finanzierung der neuen Schule die Höhe des Elternbeitrags zu sozialer Ausgrenzung führen könnte. Dem Engagement des Fördervereins zolle sie Respekt und Anerkennung, sagte Ulla Kaiser, wünsche sich ein solches Engagement aber auch für eine Lösung mit der Grundschule Hachen.
Assheuer: „Demographischer Wandel führt zu Existenzgefährdung“
Immer wieder wurde Berthold Assheuer von den Politikern befragt. wann denn mit schulorganisatorischen Maßnahmen, sprich Schulschließung, zu rechnen sei. Das könne er nicht prognostizieren, ebensowenig, was wo passiere, wenn die Privatschule in Langscheid 80 Schüler aufnehme. Aber allein schon der demografische Wandel führe zu einer Existenzgefährdung von Schulstandorten und am Ende des derzeitigen Prognosezeitraums werde es bereits sehr kleine einzügige Grundschulen in der Stadt geben.
Becker (Grüne): „Abwägung für Schulvielfalt“
Die Schließung weiterer Grundschulen werde sowieso kommen, mit der Privatschule in Langscheid möglicherweise nur etwas schneller, sagte Antonius Becker von den Grünen. Also sei alles nur eine Abwägungsfrage. Seine Fraktion habe sich mit einer Entscheidung schwer getan und sei auch nicht ganz einig gewesen, habe sich aber letztlich für mehr Schulvielfalt entschieden.
Thiele (FDP): „Auch Nachbarstädte in Focus rücken“
FDP-Fraktionschefin Dorothee Thiele denkt nicht, dass die Langscheider Schule anderswo Kinder abzieht. Sie forderte vielmehr, den Focus weiter zu ziehen auf die Nachbarstädte, wo Privatschulgründungen anstehen und Kinder aus Sundern abziehen könnten. Und den Schulfrieden sieht die FDP-Politikerin nicht gefährdet, da es ihn ohnehin nicht mehr gebe. „Inzwischen wird um jedes einzelne Kind gekämpft!“
Bahde (WiSu): „Schulfriede wird nicht gefährdet, sondern wiederhergestellt“
Auch für Andreas Bahde von der WiSu wird der Schulfrieden durch die Privatschule nicht gefährdet, sondern vielmehr wieder hergestellt, weil eben einige mit der derzeitigen Situation nicht zufrieden seien. Die Gefahr für andere Schulstandorte nannte er spekulativ. Die Ersatzschule könne, so sei er überzeugt, parallel existieren und werde sicher keine Schule der Reichen.
Lange (CDU): „Zwei konkrete Fragen“
CDU-Fraktionschef Stefan Lange, der sich ansonsten in der Diskussion zurückhielt, hatte zwei konkrete Fragen an Berthold Assheuer. Er wollte wissen, ob es möglich sei, auch noch an anderer Stelle im Stadtgebiet eine Ersatzschule mit einem besonderen pädagogischen Interesse zu gründen – etwa als Montesori- oder Waldorf-Schule. Eine Frage, die Assheuer mit Ja beantwortete, denn das öffentliche Schulangebot sei in Sundern auch dann noch abgesichert. Die zweite Frage ging um das Aufnahmeverfahren. Vorgesehen ist hier, dass Kinder nicht direkt bei der Ersatzschule in Langscheid angemeldet werden können, weil die keine Aufnahmegarantie gibt, sondern auch über die Stadt Sundern angemeldet werden müssten, wobei der Kooperationsvertrag dann regeln würde, dass die Langscheider Schule Kinder aus anderen Stadtteilen nicht aufnimmt, wenn das dort zur Gefährdung eines Schulstandorts führt. Lange fragte nun, wie es sich verhalten würde, wenn Sunderner Eltern ihr Kind, das nach Langscheid gehen soll, nicht bei der Stadt Sundern, sondern etwa bei der Stadt Arnsberg für die Grundschule in Müschede anmelden würden. „Das Kind wäre für uns dann weg,“ sagte Assheuer. „Eine eindeutige Antwort,“ erwiderte Lange.