Hellefeld. Die Fazenda da Esperanca (übersetzt: Hof der Hoffnung) in Hellefeld kennen schon viele. Einige Dinge sind dann doch wohl unbekannter. Bürgermeister Ralph Brodel nutzte einen eigenen und intensiven Termin, um dem stillen Vorzeigeprojekt einige kleine Geheimnisse zu entlocken. „Bislang war immer nur Zeit bei offiziellen Veranstaltungen und vertiefend konnte man da gar nicht sprechen, dabei klang alles immer spannend“, so Brodel. Und spannende Einsichten konnte die Leiterin der Fazenda, Michaela Fikus, geben.
Hilfe für drogensüchtige Frauen
Seit über sechs Jahren besteht die Fazenda und hilft mit einem eigenen Ansatz drogensüchtigen Frauen von ihrer Sucht loszukommen. Ein Jahr lang leben die Frauen in einer engen Gemeinschaft, teilweise mit Selbstversorgung in dem ehemaligen Schwesternhaus der Franziskanerinnen. Für die Fazenda ideal, denn auch sie ist eine christliche Gruppe und wählt von dort einen speziellen Weg aus den Süchten. Michaela Fikus: „Wir zeigen über unseren Glauben und dem, was Jesus uns vorgelebt hat, wie man die Sucht hinter sich lassen kann. Dabei schauen wir aber nicht nach hinten, sondern lassen jeden seine Zukunft sehen. Wir geben einfach gesagt Orientierung nach vorne in ein neues Leben hinein. So soll und kann sich jeder wiederfinden. Und dieses Wiederfinden ist der Schlüssel für unseren Erfolg.“
80 Prozent Erfolgsquote
Und der Erfolg ist tatsächlich beeindruckend. Rund 80 Prozent aller Frauen, die sich auf die Therapie einlassen, bleiben ohne Rückfall. Für Bürgermeister Brodel eine beeindruckende Zahl. „Als ehemaliger Sozialarbeiter kann ich nur sagen, dass eine solch hohe Quote außergewöhnlich ist. Je nach Sucht liegt man auch bei nur der Hälfte, die den Weg von der Droge finden.“ Für Michaela Fikus aber einfach zu erklären. „Die meisten kommen doch aus der inhaltlichen Leere zur Sucht. Sei es durch mangelnde Vorbilder oder dem gnadenlosen Individualismus aus der ganzen Konsumwelt, der uns einreden will, dass nur Ich zähle. Hier erleben die Menschen Gemeinschaft und merken ganz einfach, wie man sich durch die Anderen selber wieder finden kann. Ganz ohne Drogen, ganz ohne falsche Versprechungen der Konsumwelt.“ Ein Ansatz den Brodel nur unterstreichen kann, denn auch er findet, dass die Gesellschaft immer mehr zerfasert. „Vielen Menschen fehlt echte Orientierung, und das kann die neue Wohneinrichtung oder das neue Auto nicht bieten. Konsum macht kurz Spaß, gibt aber dem Leben keinen nachhaltigen Sinn.“
Eigene Arbeit und Spenden
Was den Verwaltungschef aber völlig überraschte, zwischen Kaffee und selbstgemachten Nussecken kurz präsentiert, ist die Tatsache, dass aus Hellefeld heraus mittlerweile noch acht weitere Facendas in ganz Europa mitbetreut werden. Von der Schweiz über Italien, Portugal, Frankreich, Belgien bis nach Polen. „Betreuung heißt hier aber“, so Michaela Fikus, „dass ich nur bei bestimmten Fragen unterstütze, auch mal vor Ort bin, aber im Wesentlichen sind die Fazendas selbstständig und sollen es auch sein.“ Und selbstständig bedeutet auch, dass jede der Einrichtungen zu einem großen Teil von der eigenen Arbeit und Spenden getragen werden muss.
Schnelle Entwicklung
Was alle fasziniert ist, dass sich die Fazendas so relativ schnell entwickeln. 1983 auf einem heruntergekommenen Bauernhof in Brasilien begonnen, breitet sich eine der speziellsten Arten von Drogen loszukommen und neuen Sinn zu finden, über die ganze Welt aus. Nach knapp zwei Stunden des intensiven Austauschs waren sich Bürgermeister und Michaela Fikus einig, der Austausch soll auch so bleiben und ein neues Treffen direkt vereinbart. „Darauf freue ich mich schon jetzt, denn der Austausch war für mich inspirierend und sehr leckere Nussecken gab es auch!“, so Brodel.