Sundern. Die Stadt Sundern wird die leerstehenden Räumlichkeiten der ehemaligen Dietrich-Bonhoeffer-Schule als Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber nutzen. Der Rat beschloss dies am Mittwoch abend – nach intensiver Diskussion und der Notlage gehorchend – einstimmig, fügte aber ebenso einstimmig ein Appell an alle Sunderner Hausbesitzer und Vermieter hinzu, leerstehenden Wohnraum der Stadt zur Verfügung zu stellen, um vor allem Familien mit Kindern die Unterbringung in der Enge der Gemeinschaftsunterkunft zu ersparen. In vier Schritten sollen bis zu 85 Asylbewerber in der ehemaligen Schule untergebracht werden können.
Monat für Monat 30 neue Zuweisungen zu erwarten
„Der Baum brennt!“ sagte Bürgermeister Detlef Lins, und in Zelten, wie es in anderen Städten bereits erwogen werde, wolle er die Flüchtlinge in Sundern keinesfalls unterbringen. Fachbereichsleiter Stephan Urny lieferte den Ratsmitgliedern die aktuellen Zahlen. Das ganze Jahr 2013 und auch noch bis zum Juli 2014 sei die Entwicklung moderat geblieben, doch dann sei mit 24 Neuzuweisungen allein im August eine Welle gekommen, die weit größer war als erwartet. Und bis Jahresende seien Monat für Monat 30 neue Asylbewerber angekündigt. Dabei seien die zur Verfügung stehenden Unterkünfte jetzt schon voll belegt. In den beiden Gemeinschaftsunterkünften an der Hochstraße in Hachen und am Thomas-Becket-Weg in Sundern sind 27 Menschen untergebracht, in drei hilfsweise genutzten städtischen Gebäuden in Hachen, Amecke und Allendorf nochmals 29 und in insgesamt 14 angemieteten privaten Mietwohnungen weitere 51.
Schulgebäude „hervorragend geeignet“
Es sei jetzt dringend erforderlich, eine menschenwürdige Unterbringungsmöglichkeit zu finden, ein Objekt, in dem Sundern die Flüchtlinge willkommen heißen könne, in dem sie sich wohl fühlen und von ihren schlimmen Erfahrungen erholen könnten, sagte Urny. Und die ehemalige Dietrich-Bonhoeffer-Schule sei da aus seiner Sicht hervorragend geeignet. Ein Gebäude in innenstadtnaher Lage und städtischem Eigentum, das sich ohne große Sanierungs- und Umbaumaßnahmen schrittweise nutzen lasse. Toiletten seien reichlich vorhanden und müssten nur noch mit Duschen ergänzt werden, es gebe eine große Gemeinschaftsküche mit Koch- und Spülgelegenheiten sowie Schränken, die auch einzelnen Familien oder Gruppen zugeteilt werden können, sowie 60 Quadratmeter große Klassenräume, die zur Unterbringung von bis zu sechs Personen abgeteilt werden können. In den Fluren gebe es zudem viel Platz für gemeinschaftliche Nutzung. Die über drei Etagen verteilten Räume könnten, so Urny, gut in vier Abschnitten nach und nach in Nutzung genommen werden, wobei für den ersten Abschnitt nur rund 5000 Euro aufgewendet werden müssten.
Ein Betreuer soll sich um alle Anliegen kümmern
Vorgesehen ist auch, dass die Asylbewerber intensiv betreut werden. Die Betreuungsperson soll sich um alle Anliegen der Bewohner kümmern – von der Ersteinrichtung über die Beratung in alle Lebenslagen bis zum Hausmeisterservice. Auf Rückfrage erläuterte der Bürgermeister, dass für diese Aufgabe ein Mitarbeiter der Stadtverwaltung vorgesehen sei.
Lins fügte auch hinzu, dass er mit dem einzigen derzeitigen Nutzer des Gebäudes, dem Sozialdienst katholischer Frauen, bereits gesprochen habe und der einverstanden sei. Die Räume des SkF, die eine Hälfte des Untergeschosses umfassen, werden durch einen separaten Eingang erschlossen und innerhalb des Gebäudes durch eine Wand von der Unterkunft abgetrennt.
Probleme durch die Enge befürchtet
Durch die anschließende Diskussion der Ratsmitglieder zog sich wie ein roter Faden der Wunsch, auf diese Lösung verzichten zu können, indem den zu erwartenden Menschen leerstehende Wohnungen angeboten werden können. SPD-Fraktionschef Michael Stechele sagte, die Unterbringung in der Dietrich-Bonhoeffer-Schule sei die zweitschlechteste Lösung nach den Zelten, und vermutlich auch die teuerste. Denn wegen der Enge werde die Betreuung aufwändig und ein Betreuer werde nicht reichen. Es sei zu befürchten, dass ein Konfliktherd ohne Ende entstehe, so Stechele. Auch Antonius Becker (Grüne) sah die Betreuung als das größte Problem. Die vielen Begehrlichkeiten, die sich inzwischen auf das leerstehende Gebäude gerichtet hätten, könne man dagegen zurückstellen, wenn die Not es erfordere.
„Plan B“ wäre ein großer Glücksfall
Hans-Friedrich Droste (CDU) fragte nach dem Plan B. Der wäre, so Stephan Urny, ein ganz großer Glücksfall, wenn sich nämlich ganz, ganz viele private Vermieter melden würden. Allerdings hätten seine Mitarbeiter sich in den letzten Tagen und Wochen schon die Finger wund telefoniert, Makler eingeschaltet, im Bekanntenkreis nachgefragt, Anzeigen durchforstet, alles ohne Erfolg. „Man kann die Leute ja nicht zwingen,“ sagte Sabine Riechert-Rother (FDP) mit juristischem Sachverstand. Werner Kaufmann (WISU) brachte die leerstehende Terrassenwohnanlage in Enkhausen als ideales Objekt ins Spiel. „Haben wir schon versucht, aber wir sind mit dem Vermieter nicht überein gekommen,“ sagte Bürgermeister Lins. Ute Berenfenger (SPD) sagte, es sei jetzt wichtig, alle Vermieter aufzuklären. Viele wüssten nicht, dass die Stadt nicht nur die Miete zahle, sondern hinterher auch die Wohnung wieder schön mache. Hans Klein (WISU) berichtete, dass er schon einige Sunderner kenne, die sich ehrenamtlich an der Betreuung der Asylbewerber beteiligen wollten. Die seien genauso willkommen wie Vermieter, die Wohnraum anbieten, sagte Detlef Lins und nannte Doris Weber als erste Ansprechpartnerin im Rathaus. Bei der Frage der Möbelspenden, die Rüdiger Laufmöller (FDP) angesprochen hatte, zeigte Lins sich zurückhaltender. Da sei der Aufwand vermutlich höher als die Einsparung. Die Stadt arbeite da mit einer sehr günstigen Fachfirma zusammen, die genau passend Tische, Stühle und Etagenbetten liefere.
400.000 Euro extra im Haushalt eingeplant
Teuer wird die neue Flüchtlingswelle allemal, auch wenn der Umbau der Dietrich-Bonhoeffer-Schule nicht so sehr zu Buche schlägt. Im Haushalt sind zunächst 400.000 Euro extra vorgesehen.
Anlage: Statistik und Pläne
Hier zur Abrundung der Information die Anlage zur Beschlussvorlage des Sunderner rats mit der aktuellen zuweisungstatistik und den Plänen für die vier Unterbringungsabschnitte in der Dietrich-Bonhoeffer-Schule: Statistik-_Plaene
3 Antworten
Ja, genau, es wird alles gemacht für die Asylanten, sogar einen Betreuer bekommen die. Wenn man als Arbeitssuchender mal so schön betreut würde, und nicht sich selbst überlassen, ohne Perspektive von seinen eigenen Landsleuten im Stich gelassen wird, dann könnte man so ein Vorgehen auch gutheißen.
Menschlichkeit über alles! Großes Aber! Dieses schafft den Nährboden für rechtes Gedankengut,solange man nicht in seinem Leben eingeschränkt wird, bleibt man ja menschlich, aber wehe wenn, dann bildet sich häßliches im Gedankensumpf. Wer davon frei ist, den beneide ich darum.
Nachdem viele Jahre lang die deutsche Asyl-Praxis häufig von Wirtschaftsflüchtlingen mißbraucht wurde, herrscht vielleicht in vielen Bevölkerungskreisen eine große Skepsis gegenüber jedem neuen Asylanten.
Man möge sich aber einmal vergegenwärtigen, dass diese syrischen Asylanten wirklich nicht mit den oben genannten in einen Topf geworfen werden dürfen. Diese müssen hier Zuflucht finden können, ansonsten wäre es nämlich mit unserer christlichen Wertevorstellung auch sehr schlecht bestellt.
Ich persönlich bin bereit, noch ein weiteres Jahr auf schlechten Straßen fahren zu müssen, wenn dadurch diese wirklich Bedürftigen bei uns eine Zuflucht finden können, was uns natürlich finanziell sehr strapaziert.