Arnsberg. Prof. Dr. Felix Rauner von der Universität Bremer machte als Referent bei der Eröffnung der „Akademie für Ausbilder und Auszubildende“ des IHK-Bildungsinstituts deutlich, wie sehr die Ausbildung junger Menschen im Wandel ist: „Wir sind mitten in einem gigantischen Experiment.“ Das duale System in Deutschland sei effektiv und ein Exportschlager. „Aber wird es sich in Zeiten der Globalisierung durchsetzen können? “
Notwendiges Angebot zur systematischen Qualifizierung der Ausbilder
Diesem Wandel begegnet die neueröffnete Akademie als Plattform für den Austausch und zur Qualifizierung von Ausbildern und Auszubildenden. Und das Interesse war am Eröffnungstag groß. Mehr als 100 Teilnehmer hatten sich zu der Auftaktveranstaltung, dem Ausbilderforum, angemeldet. „Diese Resonanz zeigt, dass das Thema Ausbildung in den Betrieben ganz oben auf der Agenda steht“, betonte IHK-Hauptgeschäftsführerin Dr. Ilona Lange in ihrem Grußwort. In der Zukunft müssten die Unternehmen „noch intensiver und professioneller ausbilden“, ergänzte Martin Krengel, Geschäftsführer und Miteigentümer der WEPA Gruppe und Sprecher der Weiterbildungsbeiräte des IHK-Bildungsinstituts. Nicht zuletzt mit dem demografischen Wandel änderten sich die Rahmenbedingungen für die Berufsausbildung gravierend, so Krengel, „und darauf müssen wir vorbereitet sein.“ Die Akademie sei deshalb ein neues und vor allem notwendiges Angebot zur systematischen Qualifizierung der Ausbilderinnen und Ausbilder.
Wie sehr sich die duale Ausbildung im Wandel befindet, verdeutlichte Prof. Dr. Felix Rauner als Leiter der Forschungsgruppe Berufsbildungsforschung. Er warf einen kritischen Blick auf den Trend zur Akademisierung, der dazu geführt habe, dass es in Deutschland erstmals mehr junge Menschen gibt, die sich nach der Schule für ein Studium entscheiden als für eine duale Ausbildung. Und Rauner warnte davor, die duale Erstausbildung in die Fachhochschulen zu verlagern, wie es mitunter im Ausland geschieht, und gab zu bedenken: „Die Internationalisierung macht vor Deutschland nicht Halt.“ Das heißt: Außer der Schweiz ist Deutschland das einzige Land mit einer dualen Berufsausbildung. Beispiele: Japan habe kein Berufsbildungssystem, die USA ein wenig ausgeprägtes, in Frankreich findet Berufsbildung auf rein schulischer Ebene statt. Und über kurz oder lang werden sich internationale Strukturen herausbilden, so Rauner.
Doch er sieht gute Gründe, weshalb es sich lohnt, an dem dualen System festzuhalten: Eine geringe Jugendarbeitslosigkeit, eine hohe Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen, eine ausgeprägte berufliche Identität, die hohes berufliches Engagement bedingt und eine gute Rentabilität und Qualität der betrieblichen Ausbildung. „Um das Prinzip der Dualität kommen wir nicht herum“, sagte Rauner. Aber er sieht noch Innovationsbedarf, zum Beispiel bei der Herstellung eines durchgängigen dualen Bildungsweges, der Qualitätsentwicklung in der Ausbildung und auch bei der Etablierung von Berufsfachkonferenzen. Und, so betont er, die Berufswahlorientierung dürfe nicht erst in der 5. bis 8. Klasse stattfinden, sondern müsste schon im Kindergarten beginnen.
„Ausbildung geht nicht nebenbei, der Wettbewerb wird härter“
Deutliche Worte fand auch Klaus Gräbener, Geschäftsführer des Bereichs Ausbildung der IHK Siegen. Er stellte die Ergebnisse der Umfrage „Was erwarten junge Schulabsolventen von ihren zukünftigen Ausbildungsbetrieben?“ vor. Das Ergebnis: Es muss sich einiges ändern, wenn die duale Ausbildung für junge Menschen attraktiv sein soll, denn längst hat ein Perspektivwechsel stattgefunden, bei dem nicht mehr nur nach den Erwartungen der Betriebe an ihre Auszubildenden gefragt wird. Gräbener warb für aussagekräftige Abschlüsse, länderübergreifende Schulstandards, Schuleignungsprüfungen, verpflichtende Betriebspraktika, eine forcierte Berufsorientierung und einen besseren Übergang von der Schule in den Beruf sowie eine Aufwertung der Erziehungsarbeit und die Gewinnung von Studienabbrechern für die Ausbildung. Die Betriebe befinden sich in einem Gezeitenwechsel in der Personalarbeit: Tatsache ist: „Ausbildung geht nicht nebenbei“, so Gräbener. „Der Wettbewerb wird härter.“
Die Teilnehmer des Ausbilderforums wollen diesen Herausforderungen aktiv begegnen. „Ich möchte heute Erfahrungen sammeln“, sagte Industriekauffrau Diana Brückner, die im Autohaus Sternpark (Soest) seit kurzem für die Auszubildenden zuständig ist. Und Sarah Plaßmann, Produktmanagerin bei der Brauerei Veltins, sagte: „Ich bilde seit dem vergangenen Jahr selbst aus und möchte mein Wissen gerne vertiefen.“ Beide hatten sich wie die meisten der Teilnehmer am Nachmittag für Workshops angemeldet, mit denen die Themen „Umgang mit schwierigen Azubis“, „Ausbildungsmarketing in Zeiten des demografischen Wandels“ und „Welcher Führungsstil ist der richtige im Umgang mit der Generation Y?“ erarbeitet wurden.