Arnsberg. Die Evangelische Akademie Arnsberg ist die kleinste in Deutschland und ganz in ehrenamtlicher Hand. Trotzdem hat sie in der zweiten Juni-Woche große Gäste eingeladen: Den ehemaligen Berliner Bischof und Ratsvorsitzenden der Ev. Kirche in Deutschland Prof. Dr. Wolfgang Huber, Politiker Friedrich Merz und sieben Schülerinnen und Schüler aus Religions-und Philosophiekursen des Arnsberger Gymnasiums Laurentianum mit ihrem Lehrer Fritz Timmermann. Ermöglicht wurde die Veranstaltung durch die Unterstützung der Volksbank Sauerland und des Unternehmensverbands Westfalen-Mitte.
Der Geschäftsführer des Unternehmensverbandes, Dr. Volker Verch, führte ins Thema ein: „Wachstum der Wirtschaft und wachsende Gerechtigkeit?!“ Er beschrieb das mittelständische Unternehmertum im Sauerland als der sozialen Marktwirtschaft verpflichtet. Gewinne würden nicht in Luxuskäufe, sondern in die Firma und für die Aus-und Weiterbildung der Beschäftigten investiert. Das Engagement der Mitarbeiter sei hoch, viele blieben den Betrieben ein ganzes Arbeitsleben verbunden. Familienfreundlichkeit und kulturelles Engagement in der Region werden in den heimischen Betrieben groß geschrieben. Er stellte klar, dass Gewinne keineswegs moralisch verwerflich seien: „Wirtschaftlicher Erfolg ist die Voraussetzung dafür, dass ein Unternehmen Arbeitsplätze schaffen und langfristig sichern sowie in Ausbildung und Innovationen investieren kann.“
Sozialethiker und Ex-Bischof Huber: „Vertrauen genauso wichtig wie Kapital“
Huber folgte Verch in der Grundannahme, dass Wirtschaft und Gerechtigkeit sich nicht ausschließen müssen. Seit 2008 stimme auch die evangelische Kirche in Deutschland der sozialen Marktwirtschaft zu. Problematisch heute ist in Hubers Augen das Wirtschaftswachstum, das global mit einer wachsenden Schere zwischen Armen und Reichen einhergeht. Gründe sieht er in der Verselbständigung des Finanzmarkts und der überzogenen Bedeutung des Shareholdervalues, also einer Unternehmensstrategie, die den Gewinn mit Erfolg gleichsetzt. „Selbst Treue und Dankbarkeit, also nicht zu bezahlende Werte, werden heute schon mit Geld belohnt.“ Huber fordert von mittelständischen und börsennotierten Unternehmen, dass sie sich auf moralische Kategorien einigen und danach handeln. So erwerben sie sich Vertrauen. „Vertrauen ist genauso wichtig wie Kapital.“ Auch Kunden legt er moralisches Handeln nahe: In genossenschaftlichen Banken oder im Wohnungsbau sieht er Perspektiven für die Zukunft, in ethischem Investment und in einer Ökonomie des Teilens. Friedrich Merz stimmte Hubers Ansätzen zu. Er betonte die Bedeutung der Chancengerechtigkeit und forderte, dass private und staatliche Altersversorgung ergänzt werden müssten durch Aktenbeteiligung für Mitarbeitende.
Schüler hatten präzise ethische Fragen für den Professor vorbereitet
Höhepunkt des Abends waren die Schülerinnen und Schüler, die präzise ethische Fragen für den Professor vorbereitet hatten und sich dabei an seinen Lebensstationen orientiert hatten: Wieso Ethik sein Lebensthema wurde, warum er von der Universität in die Praxis als Bischof gewechselt sei, was er von Präimplantationsdiagnostik und aktiver Sterbehilfe halte. Persönlich bewegt stellte sich Huber den Fragen der Jugendlichen, die nach dem Vortrag Rückmeldungen aus dem Publikum charmant und angemessen zusammengefasst dem Referenten weiterleiteten.
Volker Horstmeier, Vorsitzender der Evangelischen Akademie Arnsberg, bedankte sich zum Schluss bei allen Beteiligten: „Dieser Abend hat den Protestanten im Sauerland gut getan.“
Kathrin Koppe-Bäumer