Neheim. Da staunte er nicht schlecht, der Professor Dr. Norbert Schöndelling, als Klappstuhl um Klappstuhl im Haus der Neheimer Jäger aufgestellt wurde. Der Architekturprofessor und Denkmalschutzexperte von der Fachhochschule Köln war ins Neheimer Strohdorf gekommen, um in der alten Synagoge den von ihm und seinen Mitarbeiterinnen erarbeiteten „Denkmalpflegeplan Strohdorf“ vorzustellen. In anderen Städten habe er bei vergleichbaren Terminen auch schon vor sieben Anwesenden referiert, sagte Schöndelling. Etwas mehr Resonanz hatte er in Neheim schon erwartet, denn schließlich war der mitgliederstarke Heimatbund sein Auftraggeber. Doch dass der Saal der alten Synagoge mit fast 100 Besuchern aus allen Nähten platzte, hatte niemand erwartet. Neheims Bezirksausschussvorsitzender Klaus Humpe wusste allerdings die Erklärung: Mindestens 50 Prozent der Anwesenden seien wegen der Neubaupläne der Evangelischen Kirchengemeinde für ein Gemeindehaus neben der Christuskirche hier. „Und die erhoffen sich Erhellung. Was ist machbar?“
Volles Haus und Stimmung klar gegen Gemeindehausneubau
Deshalb ging es in der knapp einstündigen Diskussion, die auf den gut einstündigen Vortrag des Professors über sein 340 Seiten dickes Werk folgte, auch überwiegend um den Gemeindehausneubau. Man könne doch nicht so einfach ein Loch in eine so alte denkmalgeschützte Kirche hauen, erregte sich eine Anwohnerin, ein anderer kündigte provokativ an, er werde einen Glaskasten zwischen seine beiden denkmalgeschützten Fachwerkhäuser setzen, wenn das Bauvorhaben der Kirche genehmigt würde. Die Stimmung im Haus der Jäger war eindeutig gegen den Neubau und die Anwesenden erhofften Unterstützung durch den Denkmalschutz.
Vielhaber: „Baulücke darf grundsätzlich bebaut werden“
Eine Antwort kam sofort und war eindeutig: Grundsätzlich verhindert werden kann die Bebauung der Wiese neben der Kirche nicht. Da habe früher auch ein Haus gestanden. Das Grundstück sei rechtlich betrachtet eine Baulücke, da dürfe der Besitzer – ob Kirchengemeinde oder Privater – wieder bauen, stellte Arnsbergs oberster Stadtplaner Thomas Vielhaber fest. Und wenn gebaut werde, dann auch modern und nicht so, dass es aussehe wie vor 200 Jahren gebaut.
Prof. Schönjohann: „Da ist über den Denkmalschutz viel Musik drin“
Dennoch: „Über den Denkmalschutz ist da viel Musik drin, das könnte sogar den Landeskonservator in Münster interessieren,“ sagte Prof. Schöndelling. Denn Denkmalschutz wirke auch auf Bauvorhaben in der Umgebung. Und hier sei nicht nur die Christuskirche denkmalgeschützt, es gebe geradezu eine Ballung denkmalgeschützer Objekte in der unmittelbaren Umgebung an der Burgstraße und am Gransauplatz. Für besonders wichtig hält der Professor auch die Blickbeziehung vom Gransauplatz auf die Christuskirche, denn diese sei ja nicht ohne Grund direkt vor Kopf gebaut worden. Schöndelling schlug deshalb vor, die optischen Auswirkungen eines Neu- und Anbaus durch eine 3D-Visualisierung zu verdeutlichen. Vielhaber ergänzte, man könne die Dimensionen des geplanten Neubaus vielleicht auch auf dem Grundstück durch Holzlatten simulieren, wie es etwa in Dänemark üblich sei.
Vielhaber: „Es wird viel Gesprächsbedarf geben“
Vielhaber stellte aber auch klar, dass derzeit in Sachen Gemeindehausneubau bei der Stadtverwaltung „nichts vorliegt“. Zur Zeit liege es einzig und allein bei der Kirchengemeinde, zu entscheiden, ob sie dort bauen wolle oder nicht. Wenn sie dann bauen wolle, dann sei die Stadt im Boot und sei auch der Denkmalschutz im Boot. „Dann wird es viel Gesprächsdedarf geben,“ sagte Vielhaber und nannte als Beispiele die Stellung und die Höhe des Gebäudes, die Gestaltung, die Farbe und das Material von Fassade und Dach. Auch nach Parkplätzen vor der Kirche wurde aus dem Publikum gefragt. Hier könne er sich eine Lösung wie auf dem Klosterhof Wedinghausen in Alt-Arnsberg vorstellen, die gut funktioniere, sagte Vielhaber. Dort sei das Parken während der Gottesdienste für ältere und kranke Besucher gestattet, während der restlichen Zeit aber nicht.
Humpe: „Hohe Verantwortung liegt bei der Kirchengemeinde“
Nicht nur der Stadtplaner und der Denkmalschutz-Professor, auch der Bezirksausschussvorsitzende Klaus Humpe betonte die hohe Verantwortung, die jetzt bei der Evangelischen Kirchengemeinde liege. Humpe sagte auch, dass er sich bei einer so weitreichenden Entscheidung einen Konsens wünsche – unter den Mitgliedern der Kirchengemeinde, unter den Anwohnern im Strohdorf und unter allen Neheimern. Und er sagte auch, er denke mal kaum, dass das gelingen könne.
Über den Denkmalpflegeplan Strohdorf und die Empfehlungen von Prof. Schönjohann berichten wir in einem gesonderten Artikel.