Hochsauerlandkreis. Bis heute hält sich der Aberglaube, dass er Unglück verheißt und Gegenspieler des weißen Storches – des Glück- und Kinderbringers – ist: Auch aus diesem Grund wurde der Schwarzstorch mit seinem dunklen, metallisch schimmernden Gefieder im 19. Jahrhundert noch gejagt und bekämpft. Dies führte mancherorts zu seiner kompletten Ausrottung dieser Art. In Nordrhein-Westfalen tritt der Schwarzstorch seit 1978 wieder als Brutvogel auf. Sein Vorkommen beschränkt sich auf die Mittelgebirgsregionen des Weserberglandes, des Siegerlandes, des Bergischen Landes und der Eifel. Auch in den dichten Wäldern des Sauerlandes ist der Schwarzstorch mittlerweile wieder zuhause. Seit den 1980er Jahren hat sich der Bestand wieder vergrößert: Im Jahr 2013 wurden etwa 100 Brutpaare festgestellt. Der Hochsauerlandkreis ist einer der bevorzugten Lebensräume des Schwarzstorchs.
Schwarzstorch – Von Odins Begleiter zum Unheilbringer
Der Schwarzstorch ist ein Zugvogel, der bis nach West- und Ostafrika zieht, um dort in Feuchtgebieten zu überwintern. Denn stärker als der mit ihm verwandte Weißstorch ist der schwarze Storch an Wasser und Feuchtigkeit gebunden. Während der Weißstorch in Menschennähe auf Häusern und Stallungen lebt, bevorzugt der scheue Schwarzstorch das Verborgene und besiedelt naturnahe Laub- und Mischwälder mit Bächen, Waldteichen, Sümpfen und eingeschlossenen Feuchtwiesen. Erst im Mittelalter setzte die Ächtung des Schwarzstorch als ein Unheilbringer ein. Kulturhistorisch wird vermutet, dass sowohl in der germanischen wie in der griechisch/römischen Götterwelt der Schwarzstorch als Ersatzbild für den aus der ägyptischen Mythologie bekannten Göttervogel Ibis gedient hat. Er wurde daher als Begleiter von Hermes/Merkur beziehungsweise von Odin/Wodan verehrt.
Minister Remmel: „Wir müssen das ‚wilde NRW‘ bewahren und beschützen“
Der nordrhein-westfälische Umweltminister Johannes Remmel hat zum Schutz der gefährdeten Tier- und Pflanzenarten in NRW aufgerufen und ein stärkeres Vorgehen gegen den weiter fortschreitenden Verlust der biologischen Vielfalt angekündigt. „Der Artenverlust ist neben dem Klimawandel die größte Bedrohung für uns und die Art und Weise, wie wir leben werden“, sagte Umweltminister Johannes Remmel anlässlich des internationalen Tags der Artenvielfalt am 22. Mai 2014. Nach Angaben der Landesregierung liegt die Zahl der bereits ausgestorbenen oder verschollenen Tier- und Pflanzenarten in NRW mit mehr als neun Prozent so hoch wie nie. „Wir sind dabei, die Festplatte unserer Natur unwiederbringlich zu löschen. Auch wenn wir in NRW durch erfolgreiche Artenschutz- und Naturschutzprojekte die Geschwindigkeit deutlich verlangsamt wurde, schreitet auch bei uns das Artensterben voran. Diesen Verlust an biologischer Vielfalt dürfen wir nicht länger zulassen.“
Gefährdete Arten nach Kreisen aufgeschlüsselt
Nach der aktuellen „Roten Liste der gefährdeten Arten in NRW“ sind etwa 45 Prozent der beobachteten Arten gefährdet, vom Aussterben bedroht oder ausgestorben. Zwar konnte das Land zwischen 1999 und 2011 mit einer aktiven Naturschutzpolitik eine weitere Verschlechterung bei verschiedenen gefährdeten Arten abwenden. So sind Weißstorch, Uhu und Biber an vielen Stellen im Land wieder heimisch geworden. Dennoch drohen Tierarten wie die Kreuzotter, die Gelbbauchunke, die Mopsfledermaus oder der Feldhamster in absehbarer Zeit zu verschwinden, wenn nicht gegengesteuert wird. Zum Internationalen tag der Artenvielfalt stellt Remmel – sozusagen stellvertretend – Arten aus Nordrhein-Westfalen vor, die landesweit gefährdet oder vom Aussterben bedroht sind, die in einigen unserer Kreise und kreisfreien Städten Nordrhein-Westfalens jedoch noch – oder aber aufgrund erfolgreicher Naturschutzmaßnahmen wieder – vorkommen.Zusammen mit dem Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (LANUV) und dem Landesbetrieb Wald und Holz NRW hat das Umweltministerium für alle Kreise und kreisfreien Städte in Nordrhein-Westfalen gefährdete Tier- und Pflanzenarten identifiziert: von Aachen (Mauereidechse), Borken (Großer Brachvogel), Bielefeld (Uhu) und Bottrop (Wanderfalke) über Duisburg (Kreuzkröte) und Düsseldorf (Herbstzeitlose) und Köln (Wechselkröte/Maifisch) bis hin zu Solingen (Eisvogel) und Wuppertal (Schlingnatter).Für den Hochsauerlandkreis wurde der Schwarzstorch ausgewählt.
Erfolge beim Arten- und Naturschutz
Nur durch ambitionierte Naturschutzprojekte konnten in den letzten Jahren aber auch deutliche Erfolge erzielt werden, so Remmel. Durch die Ausweisung von 100 Wildnisgebieten in den Wäldern des Landes und weiteren Schutzgebieten wurden wichtige Lebensräume für gefährdete Arten geschaffen. Einst ausgestorbene Tier- und Pflanzenarten sind mittlerweile wieder in Nordrhein-Westfalen heimisch und in ihrem Bestand gefährdete Arten konnten sich wieder erholen. So zählen die Bachforelle und viele Libellenarten zu den Gewinnern der Renaturierung und Verbesserung der Gewässergüte vieler Fließgewässer. Eine ehemals ausgestorbene Art wie der Lachs ist mithilfe eines aufwändigen Wiederansiedlungsprojektes in der Sieg wieder heimisch. Auch der bis vor einigen Jahren ausgestorbene Fischotter ist in das Münsterland zurückgekehrt. „Die Verbesserung der Waldlebensräume zeigt Erfolge“, sagte Hans-Jürgen Schäfer, Abteilungsleiter Naturschutz bei Wald und Holz NRW. „Wildkatze und Schwarzstorch kehren mehr und mehr in unsere Wälder zurück. Die Rückkehrer sind für uns das Signal, dass sich die jahrzehntelangen Investitionen in die Zukunft unserer Wälder und den Artenschutz gelohnt haben“, so Schäfer. Insgesamt investiert die Landesregierung rund 36 Millionen Euro pro Jahr in den Naturschutz und in die Reparatur zerstörter Lebensräume.
Seit 2000 Internationaler Tag der biologischen Vielfalt
Der internationale Tag der biologischen Vielfalt wurde im Jahr 2000 durch die Vereinten Nationen eingeführt. Der Tag erinnert an den 22. Mai 1992, an dem sich die Staatenwelt in Nairobi auf das richtungweisende UN-Übereinkommen zur biologischen Vielfalt geeinigt hat. Es wurde inzwischen von mehr als 190 Vertragsstaaten unterzeichnet und gilt als eines der erfolgreichsten Abkommen der UNO. Ziel des Aktionstages ist es unter anderem, auf das weltweite Artensterben hinzuweisen, Aufmerksamkeit für den Naturschutz zu erregen und das Bewusstsein in der Bevölkerung für die Artenvielfalt in der Natur zu schärfen. „In einigen Regionen der Welt liegt die Geschwindigkeit, in der Arten verloren gehen, etwa 100 bis 1000 Mal höher als die natürliche Aussterberate. Das ist alarmierend“, sagte Remmel.