Neheim. Zum zweiten Mal war der geplante Neubau eines Geschäfts- und Wohnhauses an der Mendener Straße 12 in der Neheimer Innenstadt Thema im Gestaltungsbeirat der Stadt Arnsberg. Und trotz einer modifizierten Planung des heimischen Investors war das Urteil des Beirats mit seinen vier namhaften Architekten und Stadtplanern erneut vernichtend. „Ein echter Jammer, in Neheim geht etwas verloren,“ sagte Heiner Farwick, seines Zeichens Vorsitzender des Bundes Deutscher Architekten und neuer Vorsitzender des Arnsberger Gestaltungsbeirats. Michael Arens, der Vizepräsident der Architektenkammer Nordrhein-Westfalen, sprach von einem„egomanen Konzept, das in der Masse nicht stimmt und an dieser Stelle alles kaputt macht“. Stoppen können sie den Bau aber nicht mehr.
Uralt-Bebauungsplan erlaubt vierstöckigen Kasten
Es geht um den Bereich der Mendener Straße, der direkt an den Neheimer Markt anschließt und Fußgängerzone ist. Während auf der Seite der Marktpassage die ehemalige für die Neheimer Altstadt typische Bebauung mit giebelständigen Häusern im Rahmen der 80-er-Jahre Architektur nur noch angedeutet ist, sind auf der gegenüberliegenden Seite noch vier verschieferte giebelständige Häuser aus dem 19. Jahrhundert erhalten. Ein Neheimer Investor will jetzt das zweite von links, in dem zuletzt eine Bäckerei beheimatet war, mitsamt dem Anbau links daneben abreißen und durch ein vierstöckiges Gebäude mit Flachdach ersetzen. Nach dem gültigen Bebauungsplan aus den 1970-er Jahren ist dies möglich, zumal dieses Haus – wie seine Nachbarn links und rechts – nicht unter Denkmalschutz steht. Vor dem einzigen denkmalgeschützten Haus der Reihe (ganz rechts) steht bereits seit Jahrzehnten eine „Bausünde“, die den Gesamteindruck des historischen Ensembles erheblich stört.
Städtebauliche Studie der Stadt ohne viel Erfolg
In seiner vorletzten Sitzung vor fünf Monaten hatte der Beirat dringend eine Planung gefordert, die mehr dem ursprünglichen Charakter des Straßenzugs entspricht. Zur Unterstützung hatte die Stadt „Geld in die Hand genommen“ und eine städtebauliche Studie in Auftrag gegeben, wie sich ein Neubau hier einfügen könne. Das hat aber nicht zu dem gewünschten Erfolg geführt. Der modifizierte Entwurf des Architekten nimmt zwar eine Hälfte der Fassade ein Stück zurück, bleibt aber komplett bei massiger Vierstöckigkeit und nimmt die geforderte Giebelständigkeit nicht auf. „Nicht mehr als Fassadenschönfärberei!“, bewertet Michael Arens den Entwurf. Und dass weder Architekt noch Investor an der Sitzung des Gestaltungsbeirats teilgenommen haben, werteten dessen Mitglieder als deutliches Zeichen, dass weitere Kompromissbereitschaft nicht vorhanden ist.
Werner Frin: „Absolut enttäuschend!“
„Das erreichte Ergebnis ist absolut enttäuschend,“ sagte Werner Frin, Neheimer Ratsmitglied und Vorsitzender des Planungsausschusses, und: „Diese Kiste da, das geht gar nicht.“ Professor Andreas Fritzen, eines der beiden neuen Mitglieder im Gestaltungsbeirat, plädierte dafür, als Druckmittel den Aufstellungsbeschluss für einen neuen Bebauungsplan zu fassen. Auch Michael Arens meinte, es werde nicht ohne Änderung des Bebauungsplans gehen, wenn man weitere Bausünden vermeiden wolle. Das seien ja schöne Plädoyers, sagte Chef-Stadtplaner Thomas Vielhaber, doch kämen sie leider zu spät, denn der Eigentümer habe bereits einen Bauantrag gestellt und einen Anspruch auf Genehmigung. Die Angelegenheit solle aber eine Lehre sein, demnächst noch früher offen mit Bauherren zu sprechen und vielleicht auch Bebauungspläne neu aufzustellen, sagte Vielhaber, denn städtebaulich habe auch er sich hier eine schönere Lösung vorstellen können. Andererseits habe man sich ja entschlossen, Neheim als regionalen Einzelhandelsstandort weiter zu entwickeln, was positive wie negative Folgen habe. Dieser Teil der Mendener Straße gehöre zum zentralen Versorgungsbereich und biete in einer ansonsten weitgehend vollen Innenstadt die letzten Flächen, wo eine Entwicklung noch möglich sei.
Wann fallen die anderen Häuser?
Heiner Farwick äußerte die Befürchtung, dass jetzt auch die beiden anderen für Neheim typischen Häuser fallen könnten, um sie durch beliebige Neubauten zu ersetzen, wie sie überall in Deutschland stehen könnten. Wie von Seiten der Stadt zu hören war, ist im Rahmen dieses Verfahrens auch mit den Eigentümern der Nachbargrundstücke gesprochen worden. Da in beiden Fällen vor nicht allzu langer Zeit Besitzerwechsel stattgefunden haben, sei aber noch nicht klar, wohin der Weg dort gehe.
4 Antworten
Die Jammerei der städtischen Verantwortlichen ist pure Heuchelei. Wer sich in zu enge Nähe mit dem ein oder anderen Investor begibt, darf sich nicht wundern, wenn am Ende mal wieder ein städtebauliches Fiasko droht. Die Uniformität der Fußgängerzone und der angrenzenden Apothekerstraße spricht doch Bände.
Ich finde es zum kotzen!! Wer ist der Typ??
Warum kann das Konzept nicht lauten: Wir erhalten möglichst vieler Häuser.
Sonst ist Neheim nur noch austauschbar und ohne Charakter. Andere Orte können das doch auch.
Wenn der Krieg alles zerstört hat, ist das schlimm. Aber wenn die letzten Zeugnisse einer städtischen Geschichte freiwillig dem Profit geopfert werden, dann ist eine Stadt nichts anderes mehr als eine andere x‑beliebige Stadt wie es sie hundertfach gibt.
Dieser Investor könnte sich doch um Objekte kümmern, die weniger konfliktträchtig sind. Oder ist dem Herrn Meyer seine Heimatstadt völlig schnuppe? Sieht er sie nur als Objekt der Ausbeutung?