Sundern. Nach dem aufsehenerregenden Bericht des Nachrichtenmagazins STERN in der vergangenen Woche (Titel: „Nach Jahrzehnten stellt die SPD hier den Bürgermeister – doch dann zerlegt sie sich selbst“), veröffentlichen heute namhafte Sozialdemokraten aus der Röhrstadt eine gemeinsame Erklärung. Darin fordern sie unverblümt die Ablösung des SPD-Stadtverbandsvorsitzenden Serhat Sarikaya. Der habe Journalisten mit internen Informationen federführend gefüttert. Dieses„rücksichtlose“ und „parteischädigende Verhalten“ habe das Vertrauen in die Parteiführung erschüttert.
Hier die Erklärung im Wortlaut:
„Einigkeit macht stark“ – die Losung aus der Gründerzeit der SPD vor über 150 Jahren ist immer noch richtig. Trotzdem kann eine öffentliche Erklärung, die man nicht gerne schreibt, nötig werden.
Diese ist nötig, vor allem aus drei Gründen:
- Die Unterzeichner wollen nicht, dass die Kommunalpolitik vor Ort und damit unsere Stadt Sundern in den Medien despektierlich zitiert und lächerlich gemacht werden kann.
- Wir wollen weiter nicht, dass Ralph Brodels Wirken als Bürgermeister von Sundern unsachlich und unfair kommentiert wird.
- Wir wollen auch nicht, dass die Sozialdemokratie in Sundern durch unnütze Streitereien das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger verliert und der demokratische Alltag in der Stadt Schaden nimmt.
Demokratische Parteien, in denen bei einigen führenden Mitgliedern persönliche Eitelkeiten und unsachliche Sprache dominieren, können sich schnell selbst um ihr Ansehen bringen. Beispiele gibt es. Wir – die Unterzeichner – sind nicht bereit, einen solchen Weg zu akzeptieren und sagen deshalb hier so konzentriert und deutlich wie möglich, was uns an dem Streit wesentlich erscheint und was wir in dieser Situation für nötig halten.
Es gibt in den demokratischen Parteien unterschiedliche Meinungen zu vielen Themen. Sie müssen gezielt zu vernünftigen Kompromissen geführt werden. Das ist normaler politischer Alltag, auch für die SPD Sundern. Wenn solche erforderlichen Debatten aber zugespitzt, personalisiert und halböffentlich oder öffentlich geführt werden, wird diese politische Debatte missbraucht. Das schadet allen.
Konkret: Insbesondere ein journalistischer Bericht, der im Juni auf der Webseite des www.publik-forum.de erschien und der offensichtlich federführend vom derzeitigen SPD-Stadtverbandsvorsitzendem Serhat Sarikaya gefüttert wurde, ist für uns Anlass zur öffentlichen Positionierung.
Aus besagtem Bericht ist wohl auch der variierende Bericht im STERN entstanden. Gute journalistische Arbeit ist beides nicht, aber darum geht es hier nicht. Allerdings hätte sich bei einer Anfrage bei Franz Müntefering schnell klären lassen, dass der zu Sarikayas Gerede und Gebaren keinerlei Zustimmung gibt. Im Gegenteil!
Dass auch lokale Medien den Vorgang aufgenommen und ausführlich dazu berichtet haben, kritisieren wir ausdrücklich nicht. Wenn in Parteien, wie jetzt in der SPD Sundern, von einigen in der Führung so unqualifiziert und absichtlich Streit verbreitet wird, ist es Aufgabe der freien Presse, das auch anzusprechen. Der Fehler liegt in unseren Reihen, nicht an der Presse. Der Urheber und seine mutmaßlichen Unterstützer haben mit ihrem Verhalten Anlass gegeben, Sundern und seine Kommunalpolitik in ein schlechtes Licht zu rücken. Und das lassen wir so nicht stehen!
Richtig ist, dass unsere Stadt und die meisten ihrer dörflichen Teile eine konservative Tradition haben – wie manch andere Stadt auch. Richtig ist auch, dass bei der Bürgermeisterwahl 2015 erstmals in Sundern – vorgeschlagen von SPD, Grüne, FDP, Linke und Wisu – mit Ralph Brodel ein Sozialdemokrat als Bürgermeisterkandidat nominiert und mit stolzer Mehrheit und zu unserer besonderen Freude gewählt wurde.
Falsch ist allerdings der vermittelte Eindruck, Sundern sei eine hinterwäldlerische Stadt. Die früheren Bürgermeister Brands, Tigges, Wolf, Lins und jetzt Ralph Brodel stehen für die Entwicklung Sunderns zu einer modernen, zukunftsfähigen Stadt, mit hohem Beschäftigungsstand, leistungsfähigem Schulzentrum, gesunden mittelständischen Unternehmen und lebendigen Vereinen. Viele haben daran ihren Anteil, in und außerhalb der Kommunalpolitik. Perfekt ist keine Stadt, aber das ist eine Binsenweisheit und rechtfertigt keine Diskriminierung.
Richtig ist, dass auch Bürgermeister Ralph Brodel tatkräftig und ideenreich für eine gute Zukunft der Stadt arbeitet. Es ist ja nicht neu: Nicht alles gelingt sofort und neue Herausforderungen ergeben sich. Seine Zwischenbilanz ist positiv. Und auch die Mitglieder der SPD in der Ratsfraktion tragen dazu bei, auch dank des besonderen Engagements der Verantwortlichen. Spießig bis lächerlich ist der vermittelte Eindruck, Bürgermeister Brodel sei wegen seines Kleidungsstils oder anderer Bagatellen nicht der richtige Mann an der Spitze der Stadt. Politische Qualität misst man wirklich anders.
Richtig ist, dass gewählte Vorsitzende von Parteien sachliche Unterstützung ihrer Mitglieder für ihr Engagement erwarten dürfen. Falsch ist aber die Meinung, Stadtverbandsvorsitzende könnten sich der sachlichen Kritik der Mitglieder durch eine Mischung aus Tatenlosigkeit, Omnipotenzgebaren und übler Nachrede entziehen.
Es wurde unnötiger Schaden durch leichtfertig-großspuriges Gerede angerichtet. Wir wollen das so gut und so schnell wie möglich heilen, für die Stadt, den Bürgermeister und die Sozialdemokratie. Dazu gehört auch, so bald wie nach unseren Statuten möglich, personelle Veränderungen in der Führung der Stadtpartei anzustreben.
Die hier von uns geäußerte Kritik am Stadtverbandsvorsitzenden gab es ja nicht immer so. Seine Bemühungen wurden von uns allen anerkannt. Leider verliefen die letzten Monate aber sehr unbefriedigend, was die politische Arbeit und die Führungsweise anging. Nach den Erfahrungen der jüngsten Zeit und durch sein öffentlich, rücksichtloses und aus unserer Sicht parteischädigendes Verhalten gibt es aber nun bei niemandem von uns noch hinreichendes Vertrauen mehr für eine weitergehende, gute Zusammenarbeit mit ihm im Vorsitz. Wir empfehlen deshalb einen baldigen Wechsel an der Spitze des Stadtverbandes. Keiner der Unterzeichner sieht eine andere konstruktive Lösung.
Wir wollen als Sozialdemokraten zu einem demokratischen Zusammenleben in Sundern, einer mutigen und fairen Kommunalpolitik und einer guten Zukunft unserer Stadt beitragen. Dies alles hoffentlich bald wieder ohne so unerfreuliche Ereignisse, wie sie hier leider angesprochen werden mussten.
Hans-Josef Bigge
Jürgen ter Braak
Lars Dünnebacke
Thomas Ebermann
Willi Ebermann
Werner Günther
Margret Haurand
Birte Hirschberg
Udo Hoffmann
Jens Kunen
Max Lehnert
Franz Müntefering
Friedrich Nagel
Gerd Josef Plass
Klaus Plümper
Günter Roth
Manfred Schlicker
Klaus Schulte
Elisabeth Schöler-Bräuer
Franz Schöler
Erwin Spreizer
Michael Stechele
Johannes Tillmann
Willi Vogt
Jürgen Walkstein
Hubert Wienecke