Sundern. Alle Hände voll zu tun hatte am Dienstagabend der unabhängige Journalist Thomas Rosteck, der die Redezeiten der vier Sunderner Bürgermeister-Kandidaten im Blick behalten musste: In einem Stemeler Unternehmen hatte die Sunderner Unternehmerinitiative „einsU“ neben dem Amtsinhaber Ralph Brodel auch seine Mitbewerber um das Amt des Bürgermeisters bei der Wahl am Sonntag, 13. September, zu einer Live-Talkrunde geladen. Georg Te Pass, Klaus-Rainer Willeke und Serhat Sarikaya standen Rede und Antwort auf die Fragen, die vom Moderator wie auch von Zuschauern per E‑Mail in die Sunderner Runde geschickt werden konnten. Die Runde in voller Länge gibt’s noch unter www.sundernwaehlt2020.eins‑u.de anzuschauen.
Sunderner Runde mit Bürgermeisterkandidaten
Zuschauer der Talkrunde waren nur vor ihren eigenen Computerbildschirmen erlaubt, der Talk wurde als Live-Stream auf den YouTube-Kanal gesendet und ist dort noch immer abzurufen. „Ich möchte das Engagement aller Kandidaten wertschätzen“, so Moderator Rosteck, die sich auf dieses digitale Experiment eingelassen haben. Mit eigenen Fragen aus sechs Themenbereichen entlockte der Journalist den Bewerbern um das Amt des Sunderner Bürgermeisters ihre persönlichen Stellungnahmen zu den Bereichen „Innenstadt“, „Dörfer“, „Attraktivität für Gewerbetreibende“, „Mobilität“ und „Ferienpark Amecke“. Und das alles in einer stets wechselnden Runde, es sollte schließlich keiner der Teilnehmer das Gefühl von Benachteiligung verspüren.
„Warum er sich die Bürgermeisterkandidatur überhaupt antue?“, legte zunächst Serhat Sarikaya (Bürger für Sundern) über das Netz dar. Mit Sundern im Kopf und im Herzen wolle er antreten, kenne zudem die Akteure der Stadt gut und können Mehrheiten organisieren. Und noch das: „Ich könnte vom Alter her 35 Jahre Bürgermeister in Sundern sein“, so Sarikaya, der an den langjährigen Amtsvorgänger Franz-Josef Tigges erinnerte. Ja, so Sarikaya, Sundern brauche einen neuen Franz-Josef Tigges.
Wertbeständige Zusammenarbeit
Eine wertbeständige Zusammenarbeit will Georg Te Pass (CDU) in seinem möglichen Amt als Bürgermeister anbieten. Für Digitalisierung von Schulen und der Stadt wolle er sich stark machen, Gewerbeflächen für die Industrie und eine neue Innenstand seien ihm auch wichtig. Den Tourismus als Ganzes im Blick, forderte er eine Lösung für Amecke – bei der Frage der Größe der Ferienhaussiedlung und überhaupt. „Ich mache die Wirtschaftsförderung in Sundern zur Chefsache“, begründete Klaus-Rainer Willeke (unabhängig, von FDP und Grünen unterstützt) seine Eignung für das Amt. Mobilität müsse neu gedacht werden, neben Radwegeausbau gelte es E‑Mobilität und den ÖPNV zu stärken.
Er wolle Sundern für die Zukunft demografiefest machen, sagte Amtsinhaber Ralph Brodel. Von seniorengerechtem Wohnen über Bildungsangebote für Jugendliche, die Stärkung der Freiwilligen Feuerwehr über ein Bekenntnis für die Reaktivierung der Röhrtalbahn führte der amtierende Bürgermeister Gründe für seine Wiederwahl am 13. September an. „Auch die sanften Themen sind wichtig für die Wirtschaft“, erläuterte Brodel. Sundern sei zudem die Stadt der Dörfer, für die ein neues Leitbild entwickelt werden müsse.
Neues Leitbild für Stadt der Dörfer
In der Sunderner Innenstadt soll sich nach Auffassung aller Kandidaten schnell etwas tun: Die Innenstadt nach vorne bringen und die Aufenthaltsqualität verbessern will Georg Te Pass für die CDU. „Wir müssen Aufenthaltsqualität und Einkaufserlebnis zusammen bringen“, so der CDU-Kandidat, und das beschlossene Innenstadt-Entwicklungskonzept endlich umsetzten. Eine Brücke zwischen dem neuen Zentrum in der Röhre und der Fußgängerzone ist es Klaus-Rainer Willeke ganz wichtig zu bauen. Eine Aufwertung der Innenstadt könne aber nur im Einvernehmen mit den Immobilienbesitzern geschehen. Bürgermeister Ralph Brodel will in der Innenstadt den Vorteil des Wassers nutzen, und er holt die Idee vom Röhrpark wieder nach oben. Damit könne nicht nur Aufenthaltsqualität geschaffen, sondern auch Hochwasserschutz betrieben werden. Für Veränderungen mit den Immobilienbesitzern zu reden, hält auch er für sinnvoll. Mehr Blick auf die Dörfer fordert Serhat Sarikaya für die BfS. „Sundern ist nicht nur das Zentrum“, so der Bewerber, auch die Dörfer müssten mit entwickelt werden. Der Stillstand in den Diskussionen müsse beendet werden. Ein Architektenwettbewerb können Ideen für die Innenstadt bringen, die Pläne müssten in einem ganzheitlichen Konzept umgesetzt werden.
Verbesserung der Infrastruktur
Für die Dörfer und eine Verbesserung ihrer Infrastruktur will Klaus-Rainer Willeke, dass Dörfer ihre Bedürfnisse selber definieren. Moderne Lebens- und Arbeitsbedingungen in den Dörfern müssten her, die Potentiale außerhalb des Zentrums genutzt werden. Nötige Rahmenbedingungen wie Glasfaser zur Digitalisierung sieht Bürgermeister Brodel als wichtig an. Mehr Anbindung der Dörfer an das Zentrum durch besseren ÖPNV fordert Serhat Sarikaya. Das Seniorenheim in Allendorf seit bereits ein gutes Beispiel. Stark halten will Georg Te Pass die Dörfer, indem bei ihnen die Schulen und Kitas erhalten bleiben. Eine bauliche Entwicklung, so der CDU-Bewerber, müsse sich nach den Wünschen junger Familien richten. Auch für Te Pass ist der ÖPNV ein wichtiger Schlüssel, die Dörfer positiv zu entwickeln.
Beim Thema „Verkehr“ waren sich die Bürgermeister-Kandidaten und der amtierende Bürgermeister sehr nah: Auf breiter Front wird die Röhrtalbahn als mögliche Lösung gegen Staus und für einer verbesserte Anbindung ins Ruhrtal gesehen. Während Bürgermeister Ralph Brodel und sein Mitbewerber um das Amt Serhat Sarikaya sich deutlich für die Reaktivierung aussprechen, bleibt Kandidat Klaus-Rainer Willeke noch vorsichtig. Es sehe die Röhrtalbahn ähnlich wie eine Straßenbahn in ein Ballungsgebiet. „Wir sollten die vorhandene Infrastruktur nicht zerstören“, sagte Willeke deutlich, nicht aber, ob sie denn einmal fahren soll oder nicht. Da bezieht der CDU-Bewerber Georg Te Pass klar Position: „Nein!“ lautet seine Meinung dazu. Die Wiederbelebung würde vorhandene ÖPNV-Strukturen – wie den Schnellbus S 20 – nur gefährden. „Ich denke an die Bürger“, so Te Pass, „der Schnellbus hält auf der Strecke 20 Mal, die Röhrtalbahn nur in Sundern und Hachen.“
„Nein“ zur Röhrtalbahn
Den Ausbau von Radwegen und vor allem die Verkehrsanbindung an die Dörfer halten alle Kandidaten für wichtig, mit Abstufungen. Dass man den ÖPNV auf den Dörfern ausbauen müsse, um die Jugend zu erreichen, denkt Georg Te Pass. Dass der ÖPNV in Sundern generell kostenfrei sein sollte, Klaus-Rainer Willeke. Und an ganz neue Wege zur Mobilität wie das Car-Sharing hält sich Bewerber Serhat Sarikaya. Bürgermeister Brodel hebt mahnend den Finger: Wer soll das bezahlen?
Die Stadt Sundern für Unternehmen attraktiver zu machen, dass ist auch ein gemeinsames Ziel aller politischen Bewerber. Serhat Sarikaya will die Abwanderung von Unternehmen stoppen und eine Tauschbörse – Flächen gegen Immobilien – einrichten. Bürgermeister Brodel setzt auf mehr Gewerbeflächen, aber auch auf weiche Standortfaktoren. Waldflächen zum Tausch gegen Gewerbeflächen sieht er als Option. Kandidat Willeke erkennt einen Interessenskonflikt, der gelöst werden müsse. Auf jeden Fall wichtig, sei ihm ein gutes Klima für „Start Ups“ in Sundern.
Klima für Start Ups
Um den Ferienpark Amecke kommen die vier Bewerber für das Amt des Bürgermeisters der Stadt Sundern nicht herum – und wollen es auch nicht. Der BfS-Kandidat Sarikaya will eine sundertaugliche Lösung, für die Gespräche mit der HELMA wichtig seien. Maximal 50 statt 350 Häuser könne er sich dort vorstellen, so Sarikaya. Georg Te Pass (CDU) findet es gut, dass in Sundern investiert wird. An den Bürgermeister gewandt, hätte er sich mehr Infos und mehr Kommunikation darüber aus dem Rathaus gewünscht. Die beschlossene Veränderungssperre sei konsequent, nur ein Drittel der Fläche sollte bebaut werden dürfen. „Ich erwarte aber eine Entscheidung vor Gericht“, gab Te Pass zu bedenken.
Dass Tourismus nicht nur in Amecke stattfinde, sagte der unabhängige Klaus-Rainer Willeke. Mit den gefassten Beschlüssen ist er nicht zufrieden, pragmatische Lösungen seien wichtig – genauso auch ein kleinerer Ferienparkt, sagt er. Bürgermeister Brodel will sich von der HELMA AG nicht erpressen lassen. Über den Ferienpark sei bereits vor seiner Zeit entschieden worden, jetzt müsse geklärt werden, wo es hingehen solle. Dazu hält er ein Gerichtsurteil für unumstößlich. In Verbindung mit Zuschauerfragen, die während der Übertragung gestellt werden konnten, war natürlich der Parkdruck in Amecke am Wochenende ein Thema – und die Sorgen und Nöte der Anwohner auch.
Sorgen der Anwohner
Ja, und dann kam auch noch das politische Klima im Rat der Stadt zur Sprache. Wie denn die verfahrende Situation geglättet werden könne, wollte Moderator Thomas Rosteck wissen. Georg Te Pass will sprechen und die Mitarbeiter in der Verwaltung des Rathauses dazu mitnehmen. Rat und Verwaltung sollten sich an einen Tisch setzten und das gegenseitige Vertrauen, das sehr gelitten hat, wieder aufbauen. „Kein weiter so!“ – das ist die Devise von Klaus-Rainer Willeke. Dazu habe er eine persönliche Motivation, die in einer Stärkung des Vertrauens münden müsse.
„Alle wollen einen Neuanfang“, bekannte Bürgermeister Brodel zum Thema, dazu müsse man gemeinsam in Klausur gehen. Themen sollten zukünftig ohne Streit diskutiert werden, zwischen dem Bürgermeister und der Verwaltung sehe er aber keine Dissens. Dass schon 30 Mitarbeiter aus dem Rathaus verloren gegangen seien, beklagte dagegen Kandidat Serhat Sarikaya. Er habe eine hohe soziale Kompetenz, und mit der wolle er auf alle zugehen, um mit ihnen zu arbeiten und zu sprechen. „Fünf Jahre lang waren wir gelähmt, jetzt sollen alle an einen Tisch gebracht werden“, so Sarikaya.
Abschlussfrage: Wer würde wen wählen?
Abschließend stellte Moderator Thomas Rosteck noch die Frage „Wer für wen?“ – wenn am Sonntag gewählt würde: Kurz und knapp – Sarikaya wählt Te Pass, Te Pass wählt Willeke, Willeke wählt Te Pass. Und der Sunderner Bürgermeister? „Brodel wählt Brodel“, hieß es zum Abschluss der fairen und sachlichen Veranstaltung. Endlich einmal – so mein Kurzkommentar.
(Text: Frank Albrecht)
Eine Antwort
Für das erste Mal, war es wirklich eine gelungene Veranstaltung. Jeder Kandidat hatte ausführlich die Möglichkeit sich und seine Positonen vorzustellen und so konnten sich bis zu 850 Zuschauer (immerhin knappe 3% Reichweite) ein ausführliches Bild machen.
Einen herzliches Dank dafür an die EinU, die beteiligten Personen und natürlich auch die Kandidaten für Ihre Bereitschaft ins kalte Wasser geworfen zu werden.