Sundern/Hachen. Folgende „Stellungnahme zum Leserbrief des Herrn Klein anlässlich des 130-jährigen Bestehens des Männerchores Eintracht Hachen“ (siehe http://wp.me/p45RIN-1WS ) von Sunderns Bürgermeister Detlef Lins hat die Redaktion erreicht:
„Die Ausführungen des Herrn Klein habe ich mit großer Verwunderung zur Kenntnis genommen. Ich stelle hierzu Folgendes fest:
- Eine schriftliche Einladung des Männerchores Eintracht Hachen liegt lt. meinem Sekretariat hier nicht vor.
- Hätte eine solche Einladung vorgelegen, wäre diese unter Hinweis auf den Be- schluss des Hauptausschusses vom 25. 3. 2010 schriftlich beantwortet worden, wonach Gratulationen nur noch bei „runden“ Jubiläen (d.h. 25, 50, 75 Jahre usw.) erfolgen sollen.
- Aufgrund der Vielzahl von Vereinsjubiläen im gesamten Stadtgebiet ist dem Bürgermeister oder den Stellvertretern die Teilnahme z. B. an den Feierlichkeiten eines 130-jährigen Bestehens zeitlich nicht möglich.
- Das Nichterscheinen auf die aktuelle Diskussion rund um die Nelliusstraße zu beziehen ist an den Haaren herbeigezogen. Dem Unterzeichner ging es seit jeher nicht um das kulturelle Schaffen des Musikers Nellius, sondern um seine Einstellung zum Nazi-Regime. “
Detlef Lins, Bürgermeister
10 Antworten
Klare Kante!
Danke Detlef Lins!
Es geht nicht darum, die Vorgehensweise des Stadtrates in jedem Punkt zu verteidigen. Es geht darum, dass eine Minderheit von Bürgern vorgibt, bei der Entscheidung für die Umbenennung übergangen worden zu sein und deshalb glaubt, eine Bürgerbefragung rechtfertigen zu können.
Abgesehen davon, dass dieser Staat eine parlamentarische Demokratie ist und von gewählten Abgeordneten vertreten wird, ist ein Plebiszit – also eine Volksbefragung – nur für Ausnahmefälle gedacht.
Die Umbenennung einer Straße ist eigentlich niemals ein Grund, eine Volksbefragung zu veranlassen. Sowas gehört in die Kompetenz des Stadtrates. Es handelt sich immerhin um Kosten in 5‑stelliger Höhe. Sollte etwa wegen jeder kleinen Frage ein Plebiszit durchgeführt werden? Wo kämen wir da hin? Sowas nenne ich Mißbrauch demokratischer Rechte.
Gibt es übermorgen ein Plebiszit über die Farbe des Pflasters in der Fußgängerzone, oder darf das noch der Stadtrat entscheiden???
Mein Leserbrief zum 130.Jubiläum MC Eintracht Hachen sollte unterstreichen, dass selbst Hachener
Bürgervertreter an beiden Tagen die Halle mieden. Liegt es da nicht nahe, angesichts der von der
Stadt eingeleiteten Kampagne gegen unseren großen Komponisten, die schon Züge einer Hasskampagne trägt und – wie angekündigt- selbst Schulen einbinden will und damit selbst den Bruch des Schulrechts in Kauf nimmt- liegt es da nicht nahe einen Zusammenhang zur Totalmeidung unseres Jubiläums herzustellen? Sollten andere Gründe entgegengestanden haben, so akzeptiere ich natürlich dies als Entschuldigung.
Interessant fand ich aber an den Ausführungen von Herrn Lins, dass ihn die kompositorische Leistung
von Georg Nellius nicht interessiert hätte, sondern einzig seine Einstellung zum NS REGIME:
Da ich annehme, dass er mit dieser Grundeinstellung nicht alleine steht, stelle ich gerne eine
Auswahl seiner Kompositionen aus dem Fundus unseres Chores zur Verfügung und würde mir dann gerne den von Herrn Neuhaus dargestellten „durchgängigen braunen Faden“ zeigen lassen.
Ich persönlich freue mich schon auf die nächsten Sängerfeste, auf denen wir selbstverständlich
„Meyn Duarp“ aus diesem Fundus darbieten werden.
Ich bin zuversichtlich, dass die Mehrzahl der interessierten und aufgeklärten Bürgerinnen und Bürger
SUNDERNS dem Umbenennungsdiktat eines Peter Bürgers und seiner willigen Helfershelfer nicht
folgen wird und ein klares „JA“ im Interesse der gelebten Demokratie abgeben wird.
Dies wäre ein klares Zeichen von Toleranz und Bürgerwillen gegen Bevormundung und mit allen Mitteln so gesteuerte Meinungsbildung, die an die unseligen Epochen der braunen und der roten
Diktatur in unserer Geschichte erinnert.
Es ist vollkommen richtig, dass den Bügermeister die kompositorischen Leistungen von Nellius angesichts seiner Judenhetze wenig interessieren.
Oder interessiert Sie etwa, dass Adolf Hitler sich als mehr oder weniger begnadeter Maler zeigte? Nein, seine Verbrechen bestimmen das Weltbild von Adolf Hitler.
Der braune Faden bei Nellius zieht sich nicht unbedingt durch alle seine Lieder sondern durch sein Wirken und sein Tun. Man muß blind sein, das nicht zu sehen.
Ihre Argumentation wird immer wirrer, wenn Sie die Forschungsarbeit von Peter Bürger als „Umbenennungsdiktat“ verstehen. Peter Bürger hat auch keine „Helfershelfer“ sondern Mitautoren, die sich sehr intensiv und unter hohem Zeitdruck erfolgreich um Aufklärung bemüht haben. Allen Dreien schuldet Sundern Dank. Haben Sie die Arbeit überhaupt je gelesen?
Ihre Wortwahl zeugt von zunehmenden Entgleisungen angesichts derer ich mich frage, ob Sie für die Position eines Chorleiters geeignet sind oder nicht vielleicht eher dem Chor und dem gesamten Ortsteil Hachen schweren Schaden zufügen.
@Kormoran:
Danke für die eindeutige Stellungnahme
@Klein:
Mittlerweile verlassen Sie den Weg des Anstands, allein der letzte Satz von Ihnen disqualifiziert Sie ohne weiteren Kommentar.
Wenn Sie andere Ansichten als „Entgleisungen“ ansehen, zudem ein öffentliches Auftrittsverbot in einer Leitungsfunktion des Chores vorschlagen ( ich bin Vorsitzender, nicht Chorleiter) und verberge mich hier auch nicht hinter einem Pseudonym, so sollten sie dringend Nachhilfe in den Funktionsweisen einer Demokratie in Anspruch nehmen.
Sie können übrigens sicher sein, dass ich alle Pamphlete der drei Ankläger sorgfältig gelesen habe und, wie andere Historiker auch, gegen Umbenennung von Straßennamen bin. Im Rahmen meiner beruflichen Tätigkeit habe ich mich intensiv mit den Mechanismen einer Diktatur auseinandergesetzt und übertrage dies auf den großen Sauerländer Komponisten.
Ohne Ihnen nahetreten zu wollen, bezweifele ich, dass Sie sich mit abweichenden Meinungen der drei Ankläger auseinandergesetzt haben.
Ich wünsche ein friedliches Osterfest.
.
Sehr geehrter Herr Mantoan,
wie man in den Wald hineinruft, schallt es zurück.
Ich habe niemanden mit diesem letzten Satz als „braun“ bezeichnet, da wir ja hoffentlich Alle auf dem Boden unserer Demokratie stehen und uns dies auch verbindet. Ich habe nur auf die Methodik der Meinungsbeeinflussung verwiesen, die mich sehr an die Propaganda
der beiden Diktaturen erinnert, da ja das Thema extrem politisiert wurde.
Haben wir in Deutschland wirklich keine drängenderen Probleme?
Herr Klein, warum nur ignorieren Sie ständig die Tatsache, dass Sie diese nun bestehenden „Probleme“ verursacht haben, indem Sie versuchen, den Ratsbeschluß durch einen Bürgerentscheid aufheben zu lassen?! Ihre Verdrehung ist die pure Desinformation.
Sie äußern nicht immer nur „andere Ansichten“, sondern es sind teilweise Entgleisungen. Ich nenne noch einmal Ihre Worte: „Umbenennungsdiktat“, „Helfershelfer“.
Auch jetzt wieder behaupten Sie ich wollte „ein öffentliches Auftrittsverbot“ für Sie vorschlagen.Ich habe aber lediglich die Frage in den Raum gestellt, ob Sie „für die Position eines Chorleiters geeignet sind“. Ich hätte besser „Vorsitzender“ geschrieben, aber das ändert nichts an meiner legitimen Frage.
Sie sprechen von „Pamphleten der Ankläger“. Ist das in Ihren Augen keine Entgleisung?
Dass ich hier mit einem Nicknamen arbeite ist im Netz üblich. Es wäre auch nicht lustig, wenn plötzlich braune Schlägertrupps vor meiner Tür stünden. Verstecken kann man das aber nicht nennen.
Herr k. noch glaube ich so fest an eine intellektuelle Auseinandersetzung, dass ich weder links- noch rechtsradikale Schlägertrupps befürchte und ich hoffe, dass mein Glauben an einen demokratischen Konsens nicht falsch ist. Deshalb schreibe ich mit offenem Visier.
Wenn man die Eignung eines Chorleiters oder Vorsitzenden von der Stellungnahme in der jetzigen Diskussion abhängig machen will, dann beweist das doch ein Denken und Handeln, das Diktaturen immanent ist. Wenn Nellius nicht mit den Wölfen geheult hätte, wie Rühmann, Karajan, Zarah Leander, Magda Schneider, Oskar Sima. oder auch der große Komponist Franz Lehar – die Liste ließe sich beliebig erweitern, so wäre mit Sicherheit
keine KZ-Einweisung erfolgt. Man hätte sie jedoch durch Entlassung, Berufsverbot etc.
als Feind der neuen Volksgemeinschaft deklariert und somit kalt gestellt. Hätte Sie als evtl. Familienvater den Mut zum Widerstand gehabt? Herr Bürger hat nur gezielt zunächst Nellius Kompositionen für Hitler auszugsweise ins Netz gestellt und nachdem sich eine BI der Nelliusstrasse gebildet hatte, der ich übrigens nicht angehöre, wurde der Antisemitismus ins Spiel gebracht. Sie wissen sicher, dass der Antisemitismus eine leider lange historische Tradition hat, der sich nicht nur auf Deutschland beschränkt. Das Neue in der NS- Ideologie war aber der rassische Aspekt , der ja dann als nahezu logische Konsequenz den Holocaust einleitete. Wenn ich nicht an meiner Geschichte und an der Generation meiner Eltern verzweifeln will, so muss ich davon ausgehen, dass diese “ Endlösung“ außerhalb jeglicher Vorstellungskraft lag. dies unterstelle ich auch Nellius dessen braune Kompositionen rund 5 – 8% seines Gesamtwerkes ausmachten, rund
450 Kompositionen waren der Sauerländer Lyrik gewidmet oder geistliche Werke, wie die plattdeutsche Messe, für die er in der Weimarer Republik den Staatspreis bekam.
Wem dient also dieser erbitterte Kampf um einen Straßennamen, der seit 1975 keinen braunen Bewunderer angezogen hat? Er wurde als Förderer Christines Kochs, die ja nun in Schmallenberg dem Umbenennungsfanatismus zum Opfer fiel und wegen seines kompositorischen Schaffens für das Sauerland geehrt Hat ihn seit dieser Zeit ein Besucher der Nelliusstraße oder auch Heinrich Lübke mit den , dem Regime geschuldeten braunen Kompositionen in Verbindung gebracht? Dies war Peter Bürger, der diese völlig überflüssige Diskussion entfachte und der damit einen Keil nicht nur in unsere Stadt, sondern auch in andere Gemeinden des Sauerlandes trieb.
Ich werde Ihre Meinung wahrscheinlich nicht ändern können, aber wir sollten die Auseinandersetzung generell so führen, dass man sich auf der Straße noch grüßen kann.
Freundliche Ostergrüße
Ich nehme zur Kennnis, dass Sie in Ihrer Antwort auf weitere Entgleisungen verzichten und sich um einen vernünftigen Dialog bemühen.
Wenn man die Stellung eines Vorsitzenden eines Vereins in Frage stellt aufgrund von sehr polemischen und nahezu beleidigenden Äußerung in der Öffentlichkeit, so hat das wieder gar nichts mit dem Denken innerhalb von Dikataturen zu tun. Das ist schon wieder eine Unterstellung Ihrerseits.
Ich könnte auch sagen, das wäre eine Beleidigung mir gegenüber.
Wollen Sie etwa behaupten, dass Nellius quasi gezwungen war, sich extrem antisemitisch zu äußern und zu handeln um einem Berufsverbot etc. zu entgehen?
Mir ist nicht bekannt, daß Rühmann und weitere von Ihnen Genannte sich derart antisemitisch wie Nellius geäußert haben. Und dennoch machten sie Karriere.
Nellius´ Äußerungen kamen aus eigenem Antrieb und eigener Überzeugung.
Ob Nellius sich je vorgestellt hat, wie die „Endlösung“ aussehen würde, weiß ich nicht. Ich weiß auch nicht, ob Nellius sich jemals später reuig geäußert hat. Fakt ist aber, dass Nellius mitgeholfern hat, den Nazis den Einzug ins Sauerland zu ebnen.
Sie schreiben, dass Nellius rund 450 Kompositionen sauerländischer Lyrik gewidmet hat. Von daher wäre ich auch Ihrer Meinung, dass ihm großes Verdienst zukäme. Aber bei einer solchen Ehrung geht es nicht an, dass ein Großteil seines Schaffens und seiner Aktivitäten dem Antisemitismus gewidmet war. Wer so agitiert, verwirkt selbst seinen guten Ruf als Komponist.
Wenn die Auseinandersetzung mit dem Thema Nellius weiter in diesem neuen sachlichen Stil gehalten wird, sehe ich keinen Grund, dass wir nicht ein Bier miteinander trinken könnten, wenn wir uns mal treffen sollten.
Ich freue mich auf ein Treffen und wünsche auch frohe Feiertage.
Da ich immer noch im Krankenhaus weile, ist mir z. Zt. noch kein Bier vergönnt – aber ich komme auf Ihren Vorschlag gerne zurück.
Auch ich hätte Ihr Angst vor evtl. braunen Schlägerbanden als eine Spitze gegen mich
interpretieren können, was natürlich Quatsch gewesen wäre – deshalb wäre es in einer vernünftigen Diskussion vermessen„ immer Unterstellungen zu vermuten.
Rühmann hat sich übrigens von seiner jüdischen Frau scheiden lassen-allerdings war die Ehe bereits brüchig. Viel schlimmer fand ich die Verhaltensweise von Franz Lehar, der sich aus Prestigegründen für einen tragenden, jüdischen Sänger seines Ensembles nicht einsetzte und der in Auschwitz ermordet wurde. Lehar hat das mit seinem Gewissen ausmachen müssen, ohne, dass deshalb eine öffentliche Anklage erfolgte.
Natürlich wurde niemand zu antisemitischen Äußerungen gezwungen – aber sie dienten
der Festigung der Karriere oder zur Sicherung des Berufsstandes. Der deutsche Sängerbund wurde- aus welchen Gründen auch immer- im Zuge der Gleichschaltung nicht aufgelöst- aber Goebbels hatte natürlich die Kontrolle. Es ist für mich unvorstellbar, dass Nellius aus Überzeugung z. b. Mendelson- Bartholdy wegen seiner jüdischen Herkunft diffamiert hat, da er als Komponist ja nahezu diesen Stil fortsetzte. Auf dem großen Sängerfest in Breslau führte er zum Missfallen der Nazis übrigens 2 geistliche Werke auf. Dass – wie Herr Bürger behauptet – Nellius den Nazis den Weg ins Sauerland ebnete,ist grotesk. Hitler hatte andere Unterstützer, deren Namen auch heute noch sakrosankt sind. Sie wissen auch, dass 1935 die Juden in Deutschland praktisch vogelfrei wurden, da ihnen auch die Staatsbürgerschaft entzogen wurden. Da sowohl in Deutschland als auch im Ausland kein empörter Aufschrei erfolgte, zeigt, dass man sich mit dieser, aus dem Rassismus geborenen Maßnahme, zufrieden gab. Wenn wir Nellius anklagen, müssen wie die Anklage logischerweise erweitern.
Ich wiederhole nochmals meine Überzeugung ‚dass der Holocaust von niemandem vorstellbar war. diejenigen, die direkt daran beteiligt waren, diejenigen damals jungen SA- Männer, die in unseren Gemeinden Juden misshandelten, hätten ihrer gerechten Strafe zugeführt gehört. Ein Georg Nellius gehört für mich nicht dazu, da er niemandem körperlich Schaden zugefügt hat. Seine primitiven Nazikompositionen stehen in keinem Verhältnis zu seinem Gesamtwerk – deshalb und nur deshalb bin ich für den Verbleib des Straßennamens, der Sundern nicht beschmutzt.
Ich wünschen noch einen schönen Ostersonntag und hoffe, dass der Geist des Friedens,
der vom Osterfest ausgeht, auch in Sundern Einkehr halten wird.