Sundern. Das war ein ungewöhnliches Großaufgebot von Beteiligten, das im Sunderner Ratssaal bei der Pressekonferenz zur bevorstehenden elfwöchigen Vollsperrung der L 519 in der Ortsdurchfahrt Stemel zusammen gekommen waren. Vertreter von Baufirma und Planungsbüro, Straßen.NRW, Westnetz und Stadtwerken, Polizei, Feuerwehr und Rettungsdienst, dazu ein halbes Dutzend führender Mitarbeiter der Stadtverwaltung, insgesamt rund 20 Personen, die den Medien Rede und Antwort standen. Die Botschaft von Bürgermeister Ralph Brodel indes war einfach und nicht neu: „Es gibt keine Alternative zur Vollsperrung!“ Ergänzt allerdings durch ein klares Statement zu jüngst laut gewordenen Forderungen aus dem politischen Raum, auf die Vollsperrung zu verzichten: „Populismus baut keine Straßen.“
Brodel verteidigt Kommunikationsstrategie
Der Bürgermeister ging auch auf Kritik an seiner als merkwürdig bezeichneten Kommunikationsstrategie ein. Er sagte, diese große Pressekonferenz sei als Information der Öffentlichkeit sofort geplant worden, als fest stand, dass die Vollsperrung unvermeidlich sei. Wegen der Vielzahl der Beteiligten sei die Terminfindung allerdings etwas schwierig gewesen. Die Mitteilung im SUI-Ausschuss vor einer Woche sei nicht geplant gewesen, aber nötig geworden, da man „von Gerüchten links überholt“ worden sei, so Brodel. In der Bevölkerung sei von bis zu 30 Wochen Vollsperrung die Rede gewesen. Das habe man richtig stellen müssen. Brodel sagte zudem, dass eine Information schon im letzten Herbst, wie sie aus Unternehmerkreisen gerne gesehen worden wäre, nicht viel gebracht hätte. Zu diesem Zeitpunkt hätte er nicht mehr sagen können als dass weiter gebaut werde und dass es möglicherweise zu einer Vollsperrung kommen könne.
2,43 Meter Querschnitt sind zu wenig
Brodel berichtete, dass es in den letzten Monaten eine Intensivplanung mit fünf Arbeitskreissitzungen mit allen Beteiligten gegeben habe. Dabei sei alles Mögliche und Unmögliche geprüft und noch einmal geprüft worden. Immer wieder habe er gesagt, er wolle keine Vollsperrung, und habe damit die anderen bis zur Weißglut getrieben. „Aber die Querschnitte blieben so wie sie sind. Da hilft es auch nicht, wenn der Bürgermeister mit dem Lineal nachmisst“, sagte Brodel. Der städtische Straßenbauer Volker Broeske lieferte dazu die Zahlen: 1 Meter Sicherheitsstreifen zur Baugrube, 2,75 Meter für die Baumaschine, 80 Zentimeter für den Arbeitsplatz neben der Maschine, 30 Zentimeter Sicherheitsabstand, 31 Zentimeter für die Baken und 25 Zentimeter Lichtraumprofil, das sind die Mindestmaße für die Baustelle. Wenn nur Versorgungsleitungen neu verlegt werden wie derzeit, bleiben noch 3 Meter Platz, die für einen sicheren Lkw-Verkehr gebraucht werden. Wird aber auf ganzer Bürgersteigbreite gearbeitet, bleiben nur 2,43 Meter für den Autoverkehr.
Keine Grauzone mehr
Brodel sprach auch „die erlebten Problemlagen in 2016“ an. Da habe es mehrere bedenkliche Beinaheunfälle gegeben. Etliche hätten sich einen Spaß daraus gemacht, rote Ampeln zu überfahren und so Menschenleben gefährdet. Wenn 2016 etwas passiert wäre und der Staatsanwalt ins Rathaus gekommen wäre, hätte das noch glimpflich ausgehen können, weil man sich da noch in einer Grauzone bewegt habe, so Brodel. Jetzt sei es aber noch enger und deshalb keine Grauzone mehr.
Nur-Lkw-Verbot führt zu Chaos
Seine letzte Hoffnung sei gewesen, nur die Lkw draußen zu lassen, die Pkw aber durch Stemel durchzulassen, sagte Brodel. Die Polizei habe ihn aber überzeugt, dass man damit das komplette Chaos heraufbeschwöre, bei dem auch Busse und Rettungswagen nicht mehr durchkommen. Beispiele gebe es viele, nicht nur die bekannte Leverkusener Brücke. Für ein wirksames Lkw-Verbot sei eine Einengung mit schweren Betonteilen notwendig. Und wenn dann der Lkw-Fahrer aus Litauen oder Polen komme, der die vielen großen und bunten Hinweisschilder nicht verstehe, stehe der plötzlich mitten drin, sitze fest und blockiere alles.
Sechstagewoche und Überstunden
Schicht- und Wochenendarbeit sei eine rechtliche Hürde, die man nicht überspringen könne, so Brodel weiter. Der Kreis gebe dafür keine Genehmigung, auch mit Rücksicht auf die Anwohner. Allerdings werde nun an sechs Tagen in der Woche, dazu täglich eine Stunde länger und mit zusätzlichen Arbeitskräften und Maschinen gearbeitet. Bauunternehmer Rudolf Hilgenroth schätzt über den Daumen, dass dies die Bauzeit um etwa vier Wochen verkürzt. Volker Broeske zeigte sich überzeugt, mit den jetzt geplanten elf Wochen Bauzeit hinzukommen, da auch Puffer eingeplant seien. Und alle würden sich freuen, wenn es dann doch etwas schneller gehe.
Verzicht auf neuen Gehweg könnte Sperrung verkürzen
Brodel erläuterte auch, dass man die Vollsperrung zwar nicht verhindern, aber immerhin um vier bis fünf Wochen verkürzen könnte, wenn man auf den Bau eines zusätzlichen Gehwegs verzichten würde. „Aber das würde gerade die schwächsten Verkehrsteilnehmer in Stemel treffen“, so Fachbereichsleiter Stephan Urny. „Und dann müsste in drei oder sieben Jahren erneut in Stemel gebaut werden“, so der Bürgermeister. Es mache doch Sinn, die Straße jetzt so zukunftsfest zu bauen, dass sich erst einer seiner Nachfolger in 20 oder 25 Jahren wieder damit befassen müsse.
Vier Tage vor Ostern Totalsperrung
Die Sperrung gliedert sich in drei Phasen. Ab dem 24. März wird zwischen Zufahrt Altenberg und Mitte Frankfurter Straße gebaut, vom 18. April bis 10. Juni von dort bis zur Straße Am Hölzchen. Dazwischen liegen ab 10. April in der ersten Osterferienwoche vier Tage, an denen wegen Asphaltierungsarbeiten eine Durchfahrt durch Stemel auch für Anlieger und Sonderverkehre nicht möglich ist. Ansonsten werden Busse, Polizei und Feuerwehr, Krankenwagen und Müllabfuhr durch die Wohngebiete Stemels umgeleitet, in denen deshalb allerdings ein absolutes Halteverbot eingerichtet werden muss. Auch Anlieger dürfen die Straßen nutzen. Das gilt für Anwohner, aber auch für Beschäftigte Stemeler Betriebe und in Stemel tätige Handwerker. Anwohner sollen einen Ausweis für die Windschutzscheibe bekommen.
Umleitungen über Sorpe und Ochsenkopf
„Wer in Hachen wohnt und bei Lübke & Vogt arbeitet, darf aber leider nicht durchfahren und muss die Umleitung nehmen. Er ist kein Anlieger, weil Wohnung und Arbeitsplatz außerhalb des Baufelds liegen“, sagte Bernd Jüngst von der Stadtverwaltung und erläuterte die Umleitungsstrecken für den Lkw- und Pkw-Verkehr. Eine Route führt von Hachen entlang der Sorpe, wobei an der Kreuzung in Amecke probeweise eine abknickende Vorfahrt eingerichtet werden soll. Wenn die sich nicht bewähre, müsse eine Ampel kommen. Die zweite Umleitungsstrecke führt von Sundern über den Ochsenkopf in Richtung Arnsberg. Und auch der Weg über Herblinghausen und Olpe zur Autobahn in Freienohl könne für einige in Frage kommen. Jüngst verwies auch darauf, dass die Busse im Halbstundentakt zwischen Sundern und Hüsten verkehren. Auch habe man bereits die Anregung aufgenommen, Park & Ride-Parkplätze einzurichten. In Sundern werde man den Zwei-Stunden-Parkplatz gegenüber dem Sunderland-Hotel herrichten, in Hachen sei man noch auf der Suche nach einer Fläche.
Bußgeld und Punkt in Flensburg drohen
Bürgermeister Brodel appellierte an den Bürgersinn der Autofahrer. Wer das Durchfahrverbot missachte, begebe sich auf ein sehr schmales Brett, denn es werde verstärkt und schwerpunktmäßig kontrolliert. Polizeichef Olaf Wiesenberg sagte, ein erstes Knöllchen koste 20 Euro. Michael Pellmann fügte hinzu, dass ja meist die selben Kollegen kontrollieren würden. Und wenn die jemanden mehrfach erwischen, könnten sie statt von Fahrlässigkeit von Vorsatz ausgehen. Und das gebe neben einem erhöhten Bußgeld gleich auch einen Punkt in Flensburg.
Bürgerversammlung und Internet
Der Bürgermeister schloss die Pressekonferenz mit einer Einladung zur Bürgerversammlung in Stemel am 13. März um 19 Uhr in der Schützenhalle, mit einem Hinweis auf die ausführliche Präsentation zum Thema, die inzwischen auf der Internetseite der Stadt eingestellt ist, und mit der Bemerkung, dass es doch sehr ungewöhnlich sei, dass eine Stadt so viel Aufwand betreibe, um eine Vollsperrung zu begründen.
Internet: http://www.sundern.de/aktuelles/startseite/aktuelles/?tx_ttnews%5Btt_news%5D=381&cHash=36a930da252edcab7b78c336a2a36e28
2 Antworten
Wer jetzt noch gegen die Vollsperrung ist und das damit begründet, um den Verkehr mehr schlecht als recht durch die Baustelle schleichen zu lassen, sollte sich das mal eine Stunde lang anschauen. Und dann mit dem Kopf schütteln, wie knapp das wirklich zugeht. Wenn dann einer meiner Kollegen zu Schaden kommen sollte, was bislang zum Glück noch nicht passiert ist, möge dann auch die volle Verantwortung für so etwas übernehmen, speziell die Herren H. Klein und H. Müller, die ja in einem anderen Artikel in dieser Plattform eine Weiterführung des Verkehrs fordern.
Was ist denn wichtiger? Menschenleben oder Geschäftsumsätze? nur mal so gefragt. Ich bin mal gespannt, was darauf nun kommt.
toll..keine Antwort ist auch eine, also stimmt meine Vermutung, dass die Herren kneifen!