Arnsberg. Bis zum 4. August kann in der Auferstehungskirche am Arnsberger Neumarkt die Geschichte der Theologinnen in der Evangelischen Kirche von Westfalen auf zehn Plakaten und einigen geschichtsträchtigen Dokumenten besichtigt werden. Zur Eröffnung der Ausstellung „Mein Gott, was haben wir alles gemacht!“ führte Pfarrer i.R. Volker Horstmeier ein Gespräch mit Pfarrerin i.R. Sabine Haussner. Die 83-Jährige war 1959 die erste Theologin im Kirchenkreis Arnsberg.
Mühsam aber geschwisterlich
Der Weg der Theologinnen zur Pfarrerin, die den Männern gleichgestellt ist, spiegelt die gesellschaftlichen Entwicklungen in Deutschland wider. Frauen durften nach dem preussischen Beamtenrecht erst seit 1908 Theologie studieren, bis 1927 allerdings ohne Abschlussexamen. In den 30-er Jahren durften sie nach dem Examen als Vikarinnen, eine Amtsbezeichnung, die die Männer nur während der praktischen Ausbildung, die Frauen aber über den Abschluss hinaus trugen, in den Kirchengemeinden mit weniger Gehalt und mit eingeschränktem Auftrag mitarbeiten. 1934 gründete die erste Generation der berufstätigen Theologinnen in Westfalen den Theologinnen-Konvent. Er sollte die Kontakte unter den Frauen und ihre Position gegenüber der Kirchenleitung festigen. „Wir konnten uns in die Betten legen, die die Vorgängerinnen gemacht haben“, erinnert sich Sabine Haussner, die zur dritten Generation gehört, deren Angehörige größtenteils auf Funktionsstellen arbeiteten, die sie selbst prägen konnten. Unter den Kolleginnen sei es anders zugegangen als mit den Männern. „Auf den Konferenzen mit den Pfarrern hat jeder immer erzählt, was er Gutes und Tolles gemacht hatte.“ Sie habe sich da manchmal ganz klein gefühlt. Nicht so unter den Frauen: „Wir haben uns von den Schwierigkeiten erzählt und uns geholfen. Wir waren geschwisterlich.“
Frauenleid durch Männerrecht
Von der Missachtung durch männliche Kollegen kann sie viele Geschichten erzählen. Die Kreissynode Arnsberg lehnte 1964 das Pastorinnengesetz ab, das den Theologinnen ganze Stellen und gleiches Gehalt zusicherte. Bis 1974 allerdings galt in Westfalen weiter das preußische Beamtenrecht, das Frauen vom Beruf ausschloss, sobald sie heirateten. Sabine Haussner sagt heute trotzdem: „Es war alles gut in meinem Leben.“ Sie war und ist begeistert Theologin und Pfarrerin und blieb immer ihrem Anliegen verpflichtet, Freude am theologischen Denken und Vertrauen in Gott zu vermitteln. „Es gab auch Kolleginnen, die unter dem Zwangszölibat litten“, gibt sie zu. Die Argumente gegen Pfarrerinnen hätten oft unter die Gürtellinie gezielt. „Das hat seelische Klumpenbildung bei machen Frauen bewirkt, viele haben tiefe Verletzungen davon getragen haben.“
Katholische Theologinnen ermutigen
In den 90-er Jahren gab es auch Auseinandersetzungen unter den Theologinnen. Die Jungen fühlten sich von den Älteren missverstanden, diese fühlten sich nicht mehr gebraucht. Ein zweiter Theologinnenverband gründete sich. Erst zehn Jahre später schlossen sie sich zusammen. Dass es bisher nur in evangelischen Kirchen ordinierte Pfarrerinnen gäbe, nahm Horstmeier zum Anlass, die Ruheständlerin zu fragen, was sie den katholischen Theologinnen wünsche: „Bleibt im Gespräch, habt Geduld. Und habt Mut Thomas von Aquin zu folgen, für den der Christ die Pflicht hat, dem Gewissen zu folgen, auch wenn das Kirchenrecht dem widerspricht.“
Termin: Ausstellung „Mein Gott, was haben wir alles gemacht!“: bis 4. August Mi, Do, Fr 10–12 und 15–17 Uhr, Auferstehungskirche, Arnsberg, Neumarkt