Oeventrop. Nach einer turbulenten Versammlung am Donnerstag abend in der Oeventroper Schützenhalle bemühte sich der Oeventroper Bezirksausschussvorsitzende Klaus Büenfeld am Freitag, Bürgermeister und TuS-Vorsitzenden kurzfristig an einen Tisch zu bekommen, um doch noch eine einvernehmliche Lösung zwischen Stadt und Sportverein bei der Nutzung der alten Oeventroper Turnhalle als Notunterkunft für Flüchtlinge zu finden. Beide Seiten seien an dieser einvernehmlichen Lösung interessiert, so Büenfeld, der sich eine klare zeitliche Befristung der Nutzung als Notunterkunft als Lösung vorstellen kann.
TuS fühlt sich über Gebühr belastet
Was als runder Tisch geplant war, entwickelte sich am Donnerstag zu einer großen Bürgerversammlung. Die kleine Schützenhalle war bis auf den letzten Sitzplatz gefüllt, voller noch als im April, als es um die Eggeklinik ging. Und Helmut Melchert, für die Flüchtlingsunterbringung zuständiger städtischer Fachbereichsleiter, hatte sich einiges anzuhören, nachdem die Stadt die vom TuS Oeventrop genutzte Halle extrem kurzfristig schon ab kommender Woche zur Notunterkunft für neu angekommene Flüchtlinge auserkoren hatte. Der TuS werde mit dem Verzicht auf die Halle über Gebühr belastet und es treffe ausgerechnet den – umgerechnet auf die Einwohnerzahl des Ortsteils – größten Sportverein des Sauerlands, hieß es. Auch wurde juristisch angezweifelt, ob diese Nutzung angesichts des bestehenden Mietvertrags zwischen Verein und Stadt überhaupt möglich sei. Auch eine insgesamt zu starke Belastung des Ortsteils Oeventrop wurde aus der Versammlung beklagt. Die Kritik richtete sich auch direkt gegen den Bürgermeister, dessen Abwesenheit für erheblichen Unmut sorgte. Hans-Josef Vogel hatte sich wegen einer anderen Verpflichtung entschuldigen lassen, war aber auch bei der Terminfindung der Veranstaltung nicht eingebunden worden.
Andere Unterkünfte picke-packe-voll
Melchert erläuterte den Oeventropern die dramatische Lage, die dazu geführt habe, dass man so kurzfristig auf die Oeventroper Halle habe zurückgreifen müssen. Vor einem Monat habe man noch mit etwa 150 neuen Flüchtlingen bis Jahresende gerechnet, allein im Oktober seien aber bereits etwa 250 gekommen und bis Jahresende müsse man mit mindestens 300 weiteren rechnen. Alle städtischen Wohnheime seien inzwischen picke-packe-voll, so dass man in einem städtischen Gebäude eine Notunterkunft einrichten müsse, wo die Neuankömmlinge so lange bleiben, bis sie in andere Unterkünfte oder Wohnungen ziehen können.
Stadt: „Zwei Gründe sprechen für Oeventroper Halle“
In einer Stellungnahme hat die Stadt am Freitag ihre Überlegungen öffentlich gemacht, warum die Oeventroper Halle als zeitlich befristete Übergangsunterkunft für geflüchtete Menschen ausgewählt worden sei.
- Im Unterschied zu anderen Stadtteilen stünden dem TuS in Oeventrop weiterhin Sporthallen zur Verfügung, die „Ruhrtalhalle“ – von der Grundfläche eine Dreifachturnhalle – und die Sport- und Gymnastikhalle „Oase“. Der TuS Oeventrop könne beide Hallen uneingeschränkt weiter nutzen und über beide Einrichtungen frei verfügen. An Wochenenden seien noch Kapazitäten frei, die genutzt werden können. Zudem könnten Gymnastikkurse in leer stehende Räume der ehemaligen Hauptschule Oeventrop verlagert werden, die jeden Tag rund um die Uhr zur Verfügung stünden. Zwei Räume würden hierzu in der nächsten Woche hergerichtet. Darüber hinaus habe der TV Arnsberg angeboten, den TuS Oeventrop mit Hallen bzw. Zeiteinheiten und Zusammenarbeit bei Kursen zu unterstützen. Das Sportbüro habe zudem zusätzliche Halleneinheiten in Alt-Arnsberg angeboten. Ebenfalls sei es möglich, in der Ruhrtalhalle durch gemeinsame konstruktive Überlegungen Einheiten frei zu machen bzw. zusammenzulegen.
- Ein anderer wichtiger Grund für die Auswahl der Alten Turnhalle Oeventrop sei, dass hier keine Stunde Schulsport ausfallen müsse. Das wäre an andere Standorten der Fall. Die vom TuS Oeventrop ins Spiel gebrachte Sporthalle „Große Wiese“ in Hüsten werde an Schultagen von 7.45 bis 13 Uhr durch die Realschule Hüsten genutzt. 575 Schülerinnen und Schüler übten hier ihren Schulsport aus.
„Bürgermeister Hans-Josef Vogel hat den TuS Oeventrop nachdrücklich darum gebeten, konstruktiv daran mitzuarbeiten, zeitlich befristet geflüchteten Menschen in einer Übergangsunterkunft Obdach zu geben,“ heißt es zum Abschluss der städtischen Stellungnahme.
Stadt hat Mietvertrag vorsorglich gekündigt
Wie Helmut Melchert erläutert, können bis zu 90 Flüchtlinge in der Turnhalle untergebracht werden. Die Halle selbst sei als Schlafraum vorgesehen, der Gymnastikraum im 1. Stock als Speise- und Gemeinschaftsraum. Auf einen Einwurf aus der Versammlung, dass es in der Halle im Sommer unerträglich heiß sei, versicherte er, dass die Halle im nächsten Sommer nicht mehr als Unterkunft genutzt werden solle. Wie der Blickpunkt am Freitag erfuhr, hat die Stadt inzwischen vorsorglich den Mietvertrag mit den TuS gekündigt für den Fall, dass es nicht doch noch eine Einigung gibt. Die Kündigungsfrist beträgt einen Monat. Der TuS hat auf seiner Homepage aktuell angekündigt, dass sich sieben Gruppen von Perfect Body Toning bis Zumba ab der kommenden Woche in der Hauptschule treffen. „Ich denke, wir haben mit diesem Raum eine gute Alternative gefunden!“, schreibt dazu Heike Storm von der TuS-Geschäftsstelle.
Bald etwa 84 Plätze am Marienhospital
Melchert berichtete auch von den Schwierigkeiten, auf die Schnelle ausreichend Unterbringungsmöglichkeiten zu schaffen. Er appellierte an Vermieter, ungenutzten Wohnraum der Stadt anzubieten, die allerdings nicht gewillt sei, Mondpreise zu zahlen. Laut RWE müsse es in Arnsberg rund 2000 freie Wohnungen geben, was der Netzbetreiber aus seiner Statistik der abgemeldeten Zähler schließe. Melchert berichtete auch, dass die Stadt nicht nur immer wieder einzelne Wohnungen herrichte, sondern voraussichtlich in vier Wochen auch eine neue Unterkunft im ehemaligen Schwesternwohnheim des Marienhospitals im Stadtteil Arnsberg zur Verfügung stehe. Mit dem Klinikum, das auch hier sehr kooperativ gewesen sei, habe man sich bereits geeinigt, jetzt müsse noch die Abstimmung mit der Kindertagesstätte erfolgen. In beiden Gebäuden des ehemaligen Wohnheims gebe es in den jeweils drei leerstehenden oberen Etagen je sieben kleine Zimmer, die jeweils mit zwei Personen belegt werden könnten. Die Zimmer seien in gutem und nahezu bezugsfertigen Zustand, es müsse nur der zweite Rettungsweg gebaut werden.
Regierung braucht Ex-Kreiswehrersatzamt für Büros
Melchert berichtete den Oeventropern auch, dass die ehemalige Bundeswehrimmobilie an der Hansastraße im Stadtteil Arnsberg, die immer wieder ins Spiel gebracht wird, definitiv nicht als Flüchtlingsunterkunft genutzt werden könne, da die Bezirksregierung die Räume als Büroflächen für die zusätzlichen Mitarbeiter brauche, die sich mit der Flüchtlingsunterbringung beschäftigen. Zum Thema Eggeklinik sagte Melchert, dass nach seinem Kenntnisstand immer noch zwischen Land und Investor verhandelt werde. Da gehe es um das Finanzielle, meint Klaus Büenfeld. Ein Besucher der Versammlung berichtete, er habe in der Vorwoche von der Eigentümerin der Klinik gehört, die Verhandlungen seien geplatzt. So lange die Flüchtlingskrise anhalte und dort so ein Gebäude leer stehe, werde es immer ein Thema bleiben, meinte dazu Klaus Büenfeld.
Hilfe für Flüchtlinge wird in zwei Gruppen organisiert
Längst nicht alle Oeventroper, die in die Schützenhalle gekommen waren, waren allerdings Mitglieder des TuS und von der Hallenschließung betroffen. Viele kamen auch aus anderen Vereinen und Institutionen und waren da, um zu besprechen, wie man den Flüchtlingen helfen könne, wobei auch die TuS-Verantwortlichen deutlich machten, dass ihnen die Flüchtlinge in Oeventrop grundsätzlich willkommen seien und sie ebenfalls helfen wollen. So wurde der zweite Teil des Abends zum angekündigten Runden Tisch, bei dem Themen wie Bettenaufbau, Empfang, Sprachunterricht, Freizeitgestaltung und Jobvermittlung im Mittelpunkt standen. Es wurden eine große Arbeitsgruppe und eine kleinere Lenkungsgruppe gebildet, die sich beide bereits in der kommenden Woche wieder treffen werden.