Bürgerbusvereine beklagen Bürokratiewust

Auch er habe nicht all­zu viel Ver­ständ­nis dafür, dass für klei­ne Bür­ger­bus­ver­ei­ne mit ein oder zwei Acht­sit­zern und ehren­amt­li­chen Fah­rern, die vier Mal am Tag eine Stre­cke fah­ren, die glei­chen Bestim­mun­gen gel­ten wie für die gro­ßen Ver­kehrs­un­ter­neh­men mit Hun­der­ten von Lini­en­bus­sen, sag­te Lie­nen­käm­per, mach­te aller­dings eine Ein­schrän­kung: „Bei sicher­heits­re­le­van­ten Fra­gen darf es kei­ne Kom­pro­mis­se geben, ein ehren­amt­li­ches Unfall­op­fer ist gleich trau­rig wie ein haupt­amt­li­ches.“ Das sieht Brei­er aber genau­so. Er will sei­ne Fah­rer, die „unent­gelt­lich, in ihrer Frei­zeit und oft im drit­ten Lebens­ab­schnitt“ unter­wegs sind, davon ent­las­ten, Kilo­me­ter­stän­de notie­ren und Strich­lis­ten über Fahr­gast­zah­len füh­ren zu müs­sen. Sie sol­len sich ganz auf den Ver­kehr und ihre Fahr­gäs­te kon­zen­trie­ren kön­nen und so für mehr Sicher­heit sorgen.

Das Hauptzollamt will es genau wissen

Ziem­lich dane­ben fin­det Brei­er auch, dass die Bür­ger­bus­ver­ei­ne zeit­nah und detail­liert ans Haupt­zoll­amt mel­den müs­sen, wie vie­le Kilo­me­ter jeder ein­zel­ne Bür­ger­bus für Pas­sa­gier­fahr­ten, für Mar­ke­ting­fahr­ten und für Werk­statt­fahr­ten unter­wegs war. Vie­le Sta­ti­sik­auf­ga­ben sei­en den eben­falls ehren­amt­li­chen Ver­eins­vor­stän­den gar nicht mehr zuzu­mu­ten, so Brei­er. Er selbst habe sich Anfang des Jah­res zwei Wochen lang durch Kilo­me­ter­lis­ten von 120 ver­schie­de­nen Bür­ger­bus­fah­rern gequält und eben­so vie­le ver­schie­de­ne Hand­schrif­ten ent­zif­fern müs­sen. „Das sind Fall­stri­cke, die wahr­schein­lich nicht gewollt sind, aber das Ehren­amt erschwe­ren,“ sag­te Klaus Kai­ser. Und Kol­le­ge Lie­nen­käm­per mein­te etwas süf­fi­sant, die Exis­tenz der Haupt­zoll­äm­ter wäre ver­mut­lich nicht bedroht, wenn sie die­se Daten von den Bür­ger­bus­ver­ei­nen nicht hätten.

Pilotprojekt beim Bürgerbus Sundern entlastet Ehrenamtliche

Zumin­dest für den Bür­ger­bus­ver­ein Sun­dern gehö­ren eini­ge die­ser Pro­ble­me in Kür­ze der Ver­gan­gen­heit an. Dort star­tet am 1. April ein Pilot­pro­jekt. Mit dem Sun­derner Sytem­haus Hart­mann wur­de ein Elek­tro­nik-Paket geschnürt, das den Fah­rern die Arbeit erleich­tern soll. Der mor­gend­li­che Tele­fon­an­ruf bei der Zen­tra­le wird über­flüs­sig, eben­so das Aus­fül­len des Fahr­ten­buchs. Kilo­me­ter­stän­de wer­den auto­ma­tisch regis­triert, wenn die Fah­rer das Sys­tem mit ihrem indi­vi­du­el­len Schlüs­sel star­ten, und auch die Fahr­gast­zäh­lung per Knopf­druck soll mög­lich wer­den. Im Prin­zip könn­te das Sys­tem auch fest­hal­ten, wann der Fah­rer wo in wel­chem Gang gefah­ren ist. „Aber das wol­len wir nicht, des­halb haben wir nur die Light-Ver­si­on gekauft,“ sag­te Brei­er. Die hat aller­dings noch eine Sicher­heits­op­ti­on. So macht das Sys­tem Mel­dung, wenn der Bür­ger­bus eine gewis­se Zeit in einem Funk­loch steckt oder wenn er, nach­dem er abends auf einem Sun­derner Hof abge­stellt wur­de, spä­ter plötz­lich in Dort­mund auftaucht.

Das Land gibt Geld, das Land nimmt Geld

Brei­er beklagt aber nicht nur Büro­kra­tie, son­dern auch finan­zi­el­le Belas­tun­gen, die den Bür­ger­bus­sen den All­tag erschwe­ren. So zah­le das Land zwar an jeden Bür­ger­bus­ver­ein eine Orga­ni­sa­ti­ons­pau­scha­le von 5000 Euro jähr­lich, kas­sie­re über die Bezirks­re­gie­rung aber auch für kleins­te Ver­än­de­run­gen beim Fahr­plan. So kos­te die Ände­rung einer Hal­te­stel­le auf Zuruf 20 Euro, für zwei neue Hal­te­stel­len müs­se der Ver­ein 60 Euro zah­len. „Die rech­te Hand gibt, die lin­ke Hand nimmt, das kann nicht gut sein,“ sag­te Brei­er, unter des­sen Regie im Vor­jahr 47.000 Pas­sa­gie­re zwi­schen Mars­berg und Bal­ve in die Bür­ger­bus­se gestie­gen sind. Mit dem neu­en Ver­ein, der in Arns­berg vor­aus­sicht­lich ab Jah­res­en­de Nie­der­ei­mer, Bruch­hau­sen, Hüs­ten, Müsche­de und Wen­ni­g­loh anfährt, erwar­tet er eine Stei­ge­rung auf min­des­tens 60.000 Passagiere.

Für Transport von Rollstuhlfahrern noch keine Lösung in Sicht

Ein letz­tes Pro­blem, das in der „sehr pro­duk­ti­ven“ Run­de ange­spro­chen wur­de, ist der Trans­port von Roll­stuhl­fah­rern. Der ist bei der der­zei­ti­gen tech­ni­schen Aus­stat­tung der Bür­ger­bus­se nicht mög­lich, wird aber von Behin­der­ten­ver­bän­den recht nach­drück­lich gefor­dert. Micha­el Brei­er hält eine gene­rel­le Beför­de­rung von Roll­stuhl­fah­rern aber „für schlicht nicht umsetz­bar“. Zum einen kos­te eine Nach­rüs­tung für Roll­stuhl­trans­port pro Bus 12.000 bis 15.000 Euro, die das Land nicht zah­le. Zum ande­ren gebe es Gewichts­pro­ble­me, denn ein Elek­tro­roll­stuhl wie­ge 350 Kilo und die Bus­se sei­en jetzt oft schon „an der Kan­te“ des zuläs­si­gen Gesamt­ge­wichts von 3,5 Ton­nen. Brei­er frag­te auch, ob denn beim Zustei­gen eines Roll­stuhl­fah­rers in einen mit sie­ben Pas­sa­gie­ren voll besetz­ten Bus drei davon aus­stei­gen müss­ten. Zwi­schen 32 und 39 Pro­zent der Fahr­gäs­te sei­en auch jetzt schon Schwer­be­hin­dert und das Durch­schnitts­al­ter lie­ge bei 68 Jah­ren. Von der Zeit und den Fahr­plä­nen wol­le er gar nicht erst reden, so der haupt­amt­li­che Bür­ger­bus-Mana­ger. Die prak­ti­sche Fra­ge, wie denn der Trans­port von Roll­stuhl­fah­rern im länd­li­chen Raum sicher­ge­stellt wer­den kön­ne, müs­se letzt­lich poli­tisch und völ­lig los­ge­löst von den Bür­ger­bus­sen ent­schie­den wer­den, stell­te Lutz Lie­nen­käm­per abschlie­ßend klar. „Von einer Lösung, bei der die Bür­ger­bus­se über die Wup­per – oder über die Sor­pe – gehen, haben wir nichts.“

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Eine Antwort

  1. Der Vor­sit­zen­de des Bür­ger­bus­ver­bun­des, Micha­el Brei­er, hat Klar­text gespro­chen und die Ver­tre­ter aus dem Land­tag haben ihr Unter­stüt­zung zugesagt.
    Das freut mich ins­be­son­de­re vor dem Hin­ter­grund der soeben erfolg­ten Bür­ger­bus­grün­dung in Arnsberg.

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