Arnsberg. „Das Jahr 2017 lässt sich sehr gut an. Ich bin optimistisch, optimistischer noch als im letzten Jahr“, sagte Egbert Neuhaus, Vorsitzender des Unternehmensverbands Westfalen-Mitte, als er am Freitag am Verbandssitz in Neheim die Ergebnisse der aktuellen Konjunkturumfrage vorstellte. Das wichtigste Signal an die Menschen in der Region sei, dass die positive Entwicklung bei Beschäftigung und auch Ausbildungsplätzen weiter stattfinden werde.
Stabile Konjunktur – aber auch Minderheit in moll
148 Betriebe der Metall- und Elektroindustrie aus dem Hochsauerland sowie den Kreisen Soest und Unna sowie der Stadt Hamm haben sich an der Umfrage beteiligt, rund ein Drittel der Mitglieder des Unternehmensverbands mit zusammen über 50.000 Beschäftigten und Auszubildenden – „und damit durchaus repräsentativ“, so Neuhaus. Der Hüstener Unternehmer bewertete die konjunkturelle Lage als insgesamt sehr gut und stabil mit teilweise phantastischen Werten, wie er sie noch nicht gesehen habe. Er machte aber auch deutlich, dass sich durch die ganze Umfrage eine Spaltung ziehe, deren Grenze bei etwa 70 zu 30 liege. Ein knappes Drittel der Unternehmen sei eher moll gestimmt. Das gelte für einzelne Branchen wie etwa die Gießereien, denen es aktuell sehr, sehr schlecht gehe, aber auch für einzelne Firmen, oft, wenn diese stark von einzelnen Exportmärkten abhängig seien.
Drei von vier Betrieben mit guten Erträgen
70 Prozent der befragten Firmen bewerten ihre Geschäftserwartungen als besser oder gleich gut, vor einem Jahr waren es nur 55 Prozent. Bei der Bewertung der Auftragslage schneidet das Inlandsgeschäft besser ab als das Auslandsgeschäft. Neben Rußland, wo sich der Markt praktisch aufgelöst habe, gebe es viele weitere Krisenregionen in der Welt und auch so manches europäische Land fahre derzeit im Krisenmodus, worauf die Unternehmen reagieren müssen, sagte Neuhaus. Aber er sei zuversichtlich, dass der Export insgesamt auf einem recht hohen Niveau bleiben werden. Bemerkenswert findet es Neuhaus da auch, dass 75 Prozent aller Unternehmen ihre aktuelle Ertragslage als besser oder gut bezeichnen und 74 Prozent damit rechnen, dass es auch so weiter geht.
Viele Neueinstellungen geplant
„Ein Superwert“ sei es, dass 24 Prozent der Unternehmen Neueinstellungen planen. Im Vorjahr waren es nur 15 Prozent. Beim geplanten Ausbildungsplatzangebot ist die Steigerung sogar noch höher. Hier wollen 21 Prozent mehr Plätze zur Verfügung stellen gegenüber 11 Prozent vor einem Jahr. Insgesamt 86 Prozent der Unternehmen wollen ihre Belegschaft stabil halten oder aufstocken, bei den Ausbildungsplätzen sind das sogar 91 Prozent. Der Anteil der Firmen, die über einen aktuellen Mangel an Fach- und Führungskräften klagen, ist von 38 auf 17 Prozent gefallen. Allerdings erwarten 47 Prozent einen solchen Mangel für die Zukunft.
Belegschaft von morgen aufbauen
Viele Unternehmen nutzen die gute Konjunktur, um ihre Belegschaft von morgen aufzubauen und auf geburtenschwache Jahrgänge und frühen Renteneintritt zu reagieren,“ sagte Neuhaus. „Man muss in Ausbildung investieren. Wer das noch nicht begriffen hat, wird es zu spüren bekommen.“ Neuhaus sieht aber auch Erfolge der vielen bisherigen Initiativen zur Qualifizierung. „Die Maßnahmen von Arbeitsagentur, Betrieben und Netzwerken mit den Bildungseinrichtungen greifen.“
42 Prozent wollen mehr investieren
Eklatant wichtig ist für Neuhaus auch der letzte Chart der Umfrage. 42 Prozent der Unternehmen wollen 2017 mehr investieren als zuletzt, vor einem Jahr lag dieser Wert nur bei 20 Prozent. „Ein Indikator, dass es nach oben geht. Viele Firmen nehmen wieder in die Hand, was jahrelang nur schleppend lief.“
Infrastruktur ganz oben auf Wunschliste
Angesichts der im Mai bevorstehenden Landtagswahl hat der Unternehmensverband seine Mitgliedsbetriebe zusätzlich gefragt, wie die neue Landesregierung am besten die südwestfälische Wirtschaft unterstützen könne. Wenig überraschend stünden der Ausbau und die Erneuerung der Infrastruktur ganz oben, so der Vorsitzende. Denn dass es da stark klemme, sei ein offenes Geheimnis. Wenn man heutzutage montags von Düsseldorf irgendwo hin fliegen müsse, sollte man besser schon am Sonntag abend in Arnsberg losfahren, so der Chef der heimischen Firma Wesco. Fahrzeiten seien angesichts der Massenverstopfung inzwischen unkalkulierbar. Das gelte beispielsweise auch für 24-Stunden-Lieferungen nach Holland oder Belgien, die früher kein Problem gewesen seien. Neuhaus attestierte einerseits dem amtierenden Verkehrsminister Groschek, sich seit Jahren intensiv um Problemlösung zu bemühen, forderte aber auch, keine Mittel mehr nach Bayern ziehen zu lassen, weil NRW die Planung nicht rechtzeitig hinbekomme. Weitere Forderungen der Industrie an die Politik sind Bürokratieabbau, Bildungsinvestitionen und schnelles Internet.
Gefahrenquellen Brexit, Populismus, Protektionismus
Trotz allem Optimismus für 2017 dürfe man aber auch die Gefahrenquellen nicht ausblenden, so Neuhaus. Eine Baustelle sei der Brexit. „Praktisch jeder größere Laden der Region“ mache Geschäfte mit dem UK, und viele hätten bereits festgestellt, dass diese Geschäfte abnähmen. „Wichtig ist jetzt vor allem, dass der Austritt schnell vollzogen wird, damit der Markt wieder sicher wird“, sagte Volker Verch, Geschäftsführer des Unternehmensverbands. „Wir können alle nur hoffen, dass es mit dem Euro weiter so gut geht“, fügte Neuhaus hinzu und blickte dabei besorgt auf anstehende Wahlen in Frankreich oder den Niederlanden und mögliche Erfolge von Populisten. „Populismus ist nicht rational, aber Wirtschaft sollte rational sein“, so Neuhaus. Er kenne keinen angesehenen Wirtschaftler, der das anders sehe. Auch Protektionismus nach dem Trump-Motto „Make America great again!“ sieht der Unternehmensverband kritisch, fürchtet, dass die heimische Wirtschaft Schaden erleiden könnte. „Der historische Vergleich zeigt, dass protektionistische Phasen nie zu etwas Gutem geführt haben. Die Phasen mit freiem Austausch waren die besten“, so Neuhaus. Deshalb könne er sich nicht vorstellen, dass das Wahrheit werde, was Trump angekündigt habe.
2 Antworten
Gut, dass der Unternehmerverband das große Problem der Infrastruktur anspricht .
Eine so wirtschaftlich leistungsstarke Region braucht u.a. moderne Verkehrsanbindungen.
Es ist zu befürchten, dass die angesprochenen Straßenanfahrten, z.B. zum Flughafen in Düsseldorf
oder Lkw-Fahrten in die Niederlande oder Belgien, noch schwieriger werden, wegen des Verkehrsaufkommens, Staus
und Baustellen, die deswegen ein Dauerthema sind.
Für den Personenverkehr könnte der geplante Rhein-Ruhrexpress (RRX) dann ab Dortmund die
neue Verbindung in das Rheinland sein, z.B. zum Düsseldorfer Flughafen.
Arnsberg und Sundern (mit der Röhrtalbahn) wären dann gut angebunden mit der Bahnlinie RE 57.
Vielleicht gibt es aber auch Möglichkeiten, einige Güter ab Sundern und Arnsberg auf der Schiene zu fahren.
Das hat doch früher auch funktioniert und wäre sehr klimafreundlich.
Irrtum: Das hat schon früher nicht mehr funktioniert und wurde deshalb eingestellt. Es sei denn, Herr Blome bezieht sich auf Zeiten um 1950.
Moderne Stückgut-Logistik ist straßengebunden. Es geht um Schnelligkeit und dabei werden notfalls auch einzelne Verzögerungen von einigen Stunden akzeptiert. Nicht aber Verzögerungen von Tagen wie das beim Bahn-Stückgutverkehr zuletzt der Fall war.
Es ist erstaunlich, wie Herr Blome die Argumentation des Herrn Neuhaus für seine bahnromantischen Ambitionen umfunktionieren möchte.