Arnsberg. Wegen der Ratssitzung am Dienstag hatte Bürgermeister Hans-Josef Vogel vorsichtshalber seine Karte für die Champons-League-Partie Borussia Dortmund gegen Real Madrid zurückgegeben. Doch das wäre nicht nötig gewesen. Innerhalb von kaum mehr als 50 Minuten hatte der Rat seine gar nicht so kleine Tagesordnung abgearbeitet. Alle Punkte waren in den Ausschusssitzungen umfangreich vorbesprochen worden und zwischen den Fraktionen weitestgehend unstrittig.
Andreas Sedlaczek neu im Rat
Gleich zu Beginn der Sitzung begrüßte der Bürgermeister Andreas Sedlaczek als neues Ratsmitglied. Der Voßwinkeler ersetzt in der CDU-Fraktion Petra Senske, ebenfalls aus Voßwinkel, die ihr Ratsmandat aus persönlichen Gründen abgegeben hat. Damit muss in der nächsten Sitzung des Bezirksausschusses Voßwinkel/Bachum auch ein neuer Vorsitzender gewählt werden.
Lob für Bildungsbericht
Viel Lob aus den Fraktionen gab es für den von der Stadtverwaltung vorgelegten 2. Bildungsbericht. Ein Bildungsbericht, der in den vier Wochen seit seinem Erscheinen bereits über die Grenzen Arnsbergs hinaus für Aufsehen gesorgt hat, wie positive Kommentare von Bildungsexperten und Nachfragen von anderen Kommunen belegen. Nicole Jerusalem (CDU) sagte angesichts der stark sinkenden Schülerzahlen – 1450 in den letzten fünf Jahren, weitere 1800 bis 2020 -, die Lösung könne nicht die Schließung irgendeiner Schule sein, sondern die Arbeit an der Qualitätsverbesserung des Systems. Sie forderte die Schulen auf, sich nicht gegenseitig das Wasser abzugraben, sondern sich zusammen zu tun in einem Wettkampf um Qualität und nicht um Zahlen.
70 neue KiTa-Plätze für 1,35 Millionen
Bürgermeister Vogel wies auf die paradoxe Situation hin, dass man trotz dieser stark sinkenden Schülerzahl nun über den Ausbau von Kindergartenplätzen rede. Das liege vor allem an der gestiegenen Nachfrage nach Betreuungsplätzen für Kinder unter drei Jahren, aber auch an der Aufnahme der Flüchtlingskinder, die Kindergärten und Eltern solidarisch gestemmt hätten. Der Rat beschloss als Sofortmaßnahme noch im laufenden Kindergartenjahr den Ausbau von zwei Einrichtungen in den größten Stadtteilen. Im Stadtteil Arnsberg wird die KiTa „Kleine Strolche“ um 39 Ü3- und 6 U3-Plätze und im Stadtteil Neheim die KiTa „Villa Kunterbunt“ um 25 Ü3-Plätze erweitert. Dafür sind Investitionen von 1,35 Mio. Euro erforderlich.
Erstes Einwohnerplus seit 20 Jahren
Mittelfristig sollen aufgrund positiver demografischer Entwicklungen durch Zuwanderung in den Stadtteilen Neheim und Hüsten weitere Kindertagesplätze zur Verfügung gestellt werden. Diese Planungen sind noch nicht abgeschlossen. Ziel ist es, diese Plätze zum Kindergartenjahr 2019/20 zur Verfügung zu stellen. Bürgermeister Vogel verwies darauf, dass Arnsberg mit dem Flüchtlingszustrom 2015 erstmals seit 20 Jahren wieder ein Einwohnerplus verzeichne, 340 Einwohner mehr bei insgesamt rund 1200 gekommenen Flüchtlingen. 2016 seien allerdings weit weniger Flüchtlinge gekommen als prognostiziert, was auch bei den Planungen berücksichtigt werden müsse.
Kreis will Sozialticket ab 2017 beschließen
Sehr positiv aufgenommen haben die Ratsmitglieder, dass der HSK, wenn es denn der Kreistag in seiner nächsten Sitzung beschließt, zum 1. Januar 2017 kreisweit ein Sozialticket im öffentlichen Nahverkehr einführen will. Dies hatten für Arnsberg 2015 die Linken und in diesem Jahr auch CDU und Grüne beantragt. Das Ticket soll für Empfänger von Arbeitslosengeld II, Sozialgeld, Grundsicherung und laufenden Hilfen zum Lebensunterhalt sowie für Asylbewerber gelten, nicht aber für Wohngeldempfänger. Der HSK will damit zunächst dem Beispiel des Kreises Soest folgen und die Kosten beobachten, während etwa im Ruhrgebiet auch Wohngeldempfänger profitieren. Der Arnsberger Rat sieht das kritisch und fordert den Kreis auf, nach einer Einführungsphase die Einbeziehung der Wohngeldempfänger erneut zu prüfen. Gleichwohl sprach Gerd Stodollik (SPD) von einem wichtigen Baustein, dass dieser Personenkreis Arbeits- und Ausbildungsplätze erreichen und am gesellschaftlichen Leben teilhaben könne. Er forderte dazu auf, das Ticket offensiv zu bewerben. Dann könne es zu besserer Auslastung der Busse und positiven Effekten bei Zuschussbedarf und Klimaschutz führen. Auch Hubertus Mantoan (CDU) nannte das Ticket existenziell wichtig. Werner Ruhnert (Linke) erinnerte daran, das dies schon seit der Gesetzesänderung 2011 hätte funktionieren können.
Laubsäcke statt Laubcontainer
Auch beim Thema Abfall waren sich die Fraktionen einig. Wichtigste aktuelle Änderung ist, dass in diesem Herbst keine Laubcontainer mehr aufgestellt werden. Das Aufstellen und der Abtransport von 650 Tonnen Laub hatten pro Jahr mit über 100.000 Euro zu Buche geschlagen. An die Anlieger von städtischen Alleebäumen sollen jetzt kostenlose Laubsäcke verteilt werden, die beim Wertstoffbringhof abgegeben werden können. Bei Bedarf sollen weitere Säcke in den Stadtbüros ebenfalls kostenlos erhältlich sein. Ansonsten werden die Bürger auf die Biotonne verwiesen. Die freiwillige Biotonne steht inzwischen in über 13.600 Haushalten und hat seit ihrer Einführung Anfang 2016 bereits eine Abdeckung von über 50 Prozent erreicht.
Windeltonne zurückgestellt
Vorerst zurückgestellt wurden die Anträge der SPD auf Einführung einer Windel- und Pflegetonne sowie von CDU und Grünen auf Einführung von Unterflur-Containern, da beides aus rechtlichen Gründen nicht auf den allgemeinen Gebührenzahler umgelegt werden darf und eine Bezahlung aus allgemeinen Haushaltsmitteln eine freiwillige Leistung der Stadt Arnsberg wäre, die sich angesichts der Haushaltslage der Stadt verbiete. Beide Anträge sollen bei einer Veränderung der Lage neu beraten werden.
Freikarte für Begleiter von Schwerbehinderten
Die Mieten werden erstmals nach 15 Jahren erhöht. Beim Rittersaal gibt es eine Verdoppelung von 100 auf 200 Euro, bei Sauerlandtheater und Kulturzentrum Steigerungen um weniger als fünf Prozent von 1240 auf 1300 Euro. Die KulturSchmiede kostet künftig 300 Euro.
Grünes Licht für Quartier Müggenberg
Einstimmig wurde auch die Änderung des Bebauungsplans NH 3 Müggenberg als Satzung beschlossen. Damit kann das Projekt „Generationengerechte Quartiersentwicklung – Wohnen und Leben in Arnsberg-Neheim“, das größte Wohnbauprojekt im größten Stadtteil Arnsbergs, im nächsten Jahr an den Start gehen. Mit Hilfe des Landes, das den Abriss nicht mehr zeitgemäßen Wohnraums fördert, will die Arnsberger Wohnungsbaugenossenschaft (AWG) hier durch Neubau und Nachverdichtung ein generationengerechtes Wohnquartiers in integrierter Lage und mit guter Anbindung zu öffentlicher Versorgung und sozialer Infrastruktur sowie einem eigenen Quartierszentrum errichten. Mit dem Bau der ersten 54 Wohneinheiten soll bereits im nächsten Frühjahr begonnen werden.
Klaus Humpe (CDU), Vorsitzender des Bezirksausschusses Neheim, merkte an, dass im Bezirksausschuss wie im Planungsausschuss bedauert worden sei, dass der ursprüngliche Charme des Siegerentwurfs des Architektenwettbewerbs von 2013 teilweise verloren gegangen sei, weil jetzt nur noch die Hälfte und nicht alle Autostellplätze unterirdisch angeordnet werden sollen. Man trage dies allerdings mit, um bezahlbare Mieten zu erreichen. Die sollen in geförderten Wohnungen bei 4,50 Euro, bei freien zwischen 7 und 8 Euro pro Quadratmeter liegen.
Eine Antwort
Der Fußball macht es möglich: Große Einigkeit im Stadtrat
Zitat „Auch beim Thema Abfall waren sich die Fraktionen einig. Wichtigste aktuelle Änderung ist, dass in diesem Herbst keine Laubcontainer mehr aufgestellt werden. Das Aufstellen und der Abtransport von 650 Tonnen Laub hatten pro Jahr mit über 100.000 Euro zu Buche geschlagen. An die Anlieger von städtischen Alleebäumen sollen jetzt kostenlose Laubsäcke verteilt werden, die beim Wertstoffbringhof abgegeben werden können.“
Erst wird der Leer-Rhythmus der grauen Tonne drastisch verändert. Jetzt wird an den Laubcontainern gespart. Das lasse ich für privaten Laubabfall gelten. Nicht aber für die Bürger, die an städtischen Straßen mit starkem Laubanfall leben (siehe Hüsten). Nicht jeder Bewohner dort hat zum Beispiel ein Auto. Vollkommen unverständlich, dass der Rat so etwas durchwinkt. Aber es ist ja schließlich König Fussball, der die Welt regiert. Da wird dann eben nicht im Sinne der Bürger diskutiert.