Arnsberg. Klaus Kayser hat schon viel gemacht in den nunmehr fast 89 Jahren seines Lebens. Ein Buch geschrieben und vorgestellt hatte der langjährige Schulleiter des Gymnasiums Laurentianum und Mitbegründer der Hospizbewegung in Arnsberg bisher nicht. Doch auch das ist jetzt geschehen. „1944 – ein Jahr für ein ganzes Leben“ heißt das Buch, in dem Klaus Kayser schildert, „wie 1944 aus mir gemacht hat, was ich bin“. „Ein kraftvolles Buch, Klaus Kayser schreibt 1:1 so, wie wir ihn im Leben erleben,“ sagt Ernst-Michael Sittig vom Vorstand der Hospizstiftung. Die Einnahmen des Buches kommen im vollen Umfang der Hospizstiftung zugute, um die Arbeit der Hospizdienste in Arnsberg und Sundern zu unterstützen.
Noch sehr klare Erinnerungen nach 70 Jahren
Weil ihn eine seiner Töchter gefragt habe, wie das denn gewesen sei, als er 17, 18 Jahre alt war, habe er dieses Jahr 1944 in den Blick genommen, sagt Kayser. Und dabei habe ihn nicht nur erstaunt, wie klar die nunmehr schon 70 Jahre zurückliegenden Ereignisse noch in seiner Erinnerung sind, sondern es sei ihm auch bewusst geworden, was gerade in diesem Jahr mit ihm passiert sei und wie das sein weiteres Leben beeinflusst hat. 1944 war für den 1926 geborenen Klaus Kayser ein Jahr, in dem er zugleich Schüler und Soldat war. Er besuchte das Gymnasium in seiner Geburtsstadt Hamm und war als Luftwaffenhelfer im Einsatz. Wie seine Freunde habe er sich damals gerne von der Schule verabschiedet, denn als Soldat habe er die wichtige Erfahrung gemacht, gebraucht zu werden. „In der Schule war ich nicht ich, sondern ein Objekt der Wissensvermittlung,“ sagt Kayser, zwischen Schülern und Lehrern habe damals die unsichtbare Barriere der Autorität gestanden. Aber auch als Soldat habe er sich wie eine Marionette gefühlt, wenn man ihm gesagt habe,er solle das Denken den Pferden überlassen,denn die hätten einen größeren Kopf. Kayser berichtet in dem Buch von einer Störung einer nationalsozialistischen Morgenandacht, vom Tod zweier ihm sehr nahestehender Menschen und von der Verabschiedung eines guten Freundes an die Front, als sich beide auf dem Hammer Bahnsteig einig waren, sich eines Tages dafür einzusetzen, das junge Menschen die Schule nicht mehr so erleben, wie sie sie erleben mussten.
Wertbewußtsein schaffen und Negativerfahrungen vermeiden
„Ich habe das Glück gehabt, Schulen zu finden, die mir den Spielraum gegeben haben, wie ich in mir vorgestellt habe,“ sagt Kayser, der zunächst in Bottrop unterrichtete und 1972 als Schulleiter an das damals noch Staatliche Gymnasium Laurentianum in Arnsberg kam. Mit seiner neuen Heimat im Sauerland habe er anfangs durchaus Schwierigkeiten gehabt, erzählt Kayser lächelnd. Das Laurentianum leitete er bis zu seiner Pensionierung 1990. Dann habe ihm der Zufall in Form der Wende eine einmalige Chance gegeben, den Aufbau eines Gymnasiums in Magdeburg. Der Bischof habe ihm gesagt: „Machen Sie, ich verstehe davon nichts.“ Hier sei es dank der Kollegen, die sich das zu eigen gemacht hätten, ganz toll gelungen, bei den Schülern Wertbewußtsein zu schaffen und Negativerfahrungen zu verhindern. Kayser berichtet in seinem Buch von Gesprächen mit möglichst allen Eltern, von Begrüßung der neuen Schüler mit Handschlag, aber auch von den Schwierigkeiten, den Schülern, die aus dem sozialistischen Bildungssystem nur die Noten 1 und 2 kannten, ohne negative Werterfahrungen an eine differenziertere Leistungsbewertung heranzuführen.
Erfahren, dass das eigene Leben nicht wertlos war
Nach seiner Rückkehr aus Magdeburg startete Klaus Kayser in Arnsberg mit Schwester Boromäa und Pfarrer Kuschnik die Hospizbewegung. 1998 wurde an der Hellefelder Straße das erste stationäre Hospiz eröffnet, 2006 zog dies in die neuen Räumlichkeiten, in denen nun Jahr für Jahr rund 100 Menschen sterben. „Genau so wichtig, wie es für einen jungen Menschen ist, seinen Wert zu erfahren, um in der Lage zu sein, das Leben zu meistern, ist es auch am Ende des Lebens, zu erfahren, dass das Leben nicht umsonst und wertlos war,“ ist Kaysers Überzeugung. Es sei ganz toll, zu erleben, was eine solche Werterfahrung mit einem Menschen mache. Um das zu erreichen, gehöre ein bewusstes aktives Zuhören dazu, aber auch die eigene Nasszelle in jedem Zimmer des stationären Hospizes, damit die Erfahrung der Abhängigkeit nicht allzu sehr das Selbstwertgefühl beeinträchtige. Die Botschaft seines Buches sei es, so Kayser, anderen Menschen zu sagen, es ist gut, dass es Dich gibt, und in der Lage zu sein, das auch authentisch zu tun.
Jeder bestimmt selbst, was er für das Buch bezahlt
Das in einer Auflage von 1000 Stück gedruckte Buch gibt es nicht zu kaufen. Es ist aber in der Buchhandlung Houtermans und im CAB-Bücherstudio ab sofort erhältlich, wobei den Interessenten gesagt wird, dass sie den Preis selbst bestimmen können. Ein Überweisungsbeleg zugunsten der Hospizstiftung liegt jedem Buch bei. Erhältlich ist das Buch auch im Arnsberger Stadtarchiv, denn es gehört als Band 38 zur Städtekundlichen Schriftenreihe der Stadt Arnsberg. Und die Hospizstiftung werde das Buch nutzen, um Unterstützern ein Dankeschön zu sagen, dann aber ohne die Zahlkarte, so Ernst-Michael Sittig.
Hospizarbeit braucht 300.000 Euro im Jahr
„Meine Hoffnung ist, die Menschen davon zu überzeugen, dass dort, wo sie leben, eine solche Einrichtung vorhanden sei muss und sie dafür mitverantwortlich sind“, sagt Kayser. Der Hospizdienst dürfe nicht von Launen gelegentlicher und zufälliger Spender abhängig sein und der Caritasverband könne nicht auf den Kosten sitzen gelassen werden, denn dann würde er 300.000 Euro Miese im Jahr machen. So viel koste die Hospizarbeit in Arnsberg und Sundern, wenn man nicht wolle, dass Menschen auf der letzten Strecke ihres Lebens nur entsorgt werden.