Neheim. Manch nachdenkliches Gesicht und überraschende Zahl standen am Ende des dritten Expertengesprächs der CDU Arnsberg, das am Donnerstagabend zum Thema „Soziale Stadt der Zukunft“ im Neheimer Rodelhaus stattfand. Christian Stockmann als Geschäftsführer des Caritas-Verbandes Arnsberg-Sundern stellte einleitend fest, dass die soziale Stadt der Zukunft eine Herausforderung für alle sei: für Politik, für Verwaltung, für die Wirtschaft und für das Ehrenamt. Er unterteilte die neuen Herausforderungen drei Bereiche, angefangen beim individuellen des einzelnen Menschen. Da sei insgesamt die Solidarität im Fernraum, also in der Nachbarschaft und im sozialen Quartier gefragt. Die konkrete Hilfe im Umgang mit Menschen in Armut, insbesondere auch in der wachsenden Altersarmut. Die ganze Gesellschaft sei insbesondere angesprochen bei der Frage der besseren Teilhabe der Menschen mit Behinderungen am gesellschaftlichen Leben. Christian Stockmann: „Es ist ein langer Weg, um die Ausgrenzungen zu bekämpfen.“
CDU-Fraktionsvorsitzender Klaus Kaiser, der das Gespräch moderierte, ergänzte, dass jeder von Behinderungen betroffen sein könne. „Es ist ein Irrtum zu glauben, es gehe eben immer nur ‚die anderen’ an. So stellen Sie sich einmal vor, wie es Ihnen gehen würde, wenn sie aufgrund einer Behinderung, etwa im Alter, aus der Gesellschaft ausgegrenzt würden“.
Christian Stockmann: „Hilfe zur Selbsthilfe muss stets handlungsleitendes Prinzip sein“
Stockmann betrachtete weiterhin die organisatorische Ebene und stellte die Frage, wie das Soziale zu organisieren sei, etwa im Bereich der Mobilität. „Hilfe zur Selbsthilfe muss stets handlungsleitendes Prinzip sein“. Es gehe drittens auch um die Qualität einer sozialen Stadt. „Das fängt an bei der Organisation einer inklusiven Stadt, die nur unter Beteiligung aller organisiert werden kann“, betonte er. Der Politik gab er den Ratschlag mit auf den Weg: „Es geht nur durch eine Politik der Nachhaltigkeit. Und nur Politiker, die viele Fragen haben, können sozial sein. Patentlösungen machen eher skeptisch, weil sie oft an den Problemen der Menschen vorbei gehen.“
Gisela Cloer als Vorsitzende und Initiatorin der Arnsberger Tafel beschrieb sehr konkret Arbeit und Umfang des gemeinnützigen Vereins. „Es geht um die Wertschätzung aller Menschen, die hier leben“, betonte sie. Und auf nachdenkliche Gesichter traf sie, als sie davon sprach, dass allein 600 Kinder in der Stadt Abnehmer bei der Tafel seien. „Und jeder unserer Kunden muss seine Bedürftigkeit nachweisen“. Logistisch allein etwa 15 bis 17 Tonnen Lebensmittel zu verteilen verdeutlicht, welch großes ehrenamtliche Engagement hier geleistet wird. „Und wir versorgen etwa 80 Personen zu Hause, die oft verschämt arm leben. Und diese Menschen haben ein Recht darauf, nicht bloßgestellt zu werden. Auch sie sind willkommen in der Stadt“, betonte Gisela Cloer und schilderte konkrete Beispiele. Sie betonte: „Unsere Erfahrung zeigt, dass jeder einmal in eine Situation kommen kann, in der er Hilfe braucht.
Rosemarie Goldner, bekannt als stellvertretende Bürgermeisterin, aber auch als Vorsitzende des Vereins Tagesmütter e.V., betrachtete in ihrem Beitrag insbesondere die Unterstützungsbedürftigkeit in der Familie. Die Zahl von 7.300 Menschen in der Stadt Arnsberg, die von Transferleistungen abhängig sind, ließ keinen der zahlreichen Teilnehmerinnen und Teilnehmer unbeeindruckt. „Natürlich sind wir froh, dass bei uns in der Stadt es bei der Mehrheit der Familien durchaus gut und verantwortlich läuft. Aber wir können da nicht wegsehen, wo es Probleme gibt. Und wir haben ein System geschaffen, in dem es Begleitung von Anfang an gibt“. Da sei zum Beispiel die erforderliche Begleitung in der Schwangerschaft genauso wichtig wie etwa grundlegende Bildungsangebote, um Familien in Problemsituationen zu helfen, etwa einen geordneten Tagesablauf zu organisieren. „Allein 4.600 Anträge nach dem Bildungs- und Teilhabepaket helfen mit Nachhilfe, Sport- und Vereinsangeboten, insbesondere Kindern in ärmeren Familien, gleiche Chancen zu erhalten und am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen“, betonte Goldner.
Goldner verwies darauf, dass es in der Stadt Arnsberg gelinge, ein ausreichendes und gutes Betreuungsangebot für alle Eltern, die es wünschen, zu organisieren: „Allein 183 Kinder werden zurzeit von Tagesmüttern betreut und bieten den Eltern stets eine gute und individuelle Betreuungsmöglichkeit. Hierdurch wird manches Kind auch gezielt weiter gefördert.“
Mantoan: „Die Bereitschaft zum Ehrenamt steigt, wenn der Staat sich nicht zurückzieht“
Als letzten Experten konnte Klaus Kaiser den Vorsitzenden des städtischen Sozialausschusses, Hubertus Mantoan, begrüßen, der sich die Zukunft der Feuerwehr auf die Fahnen geschrieben hatte. Er betonte: „Die Bereitschaft zum Ehrenamt steigt, wenn der Staat sich nicht zurückzieht. Das heißt, dass auch bei der Feuerwehr die Stadt ihre Hausaufgaben macht, damit die Ehrenamtlichen der Feuerwehr weiter gerne ihren Dienst tun“. Der Müscheder Hubertus Mantoan weiter: „Der Brandschutzbedarfsplan in unserer Stadt gibt eine gute Grundlage für weiteres ehrenamtliches Engagement. Denn wir müssen auf die Herausforderungen der Demografie antworten. Deshalb ist es richtig, wenn verschiedene Feuerwehren künftig zusammengehen und auch gemeinsame Feuerwehrgerätehäuser, wie jetzt Niedereimer und Bruchhausen, betreiben. Mantoan abschließend: „Mich freut, dass wir hier in der Stadt mit 500 Feuerwehrkameradinnen und ‑kameraden gut aufgestellt sind und wir müssen alles tun, dass auch die Rahmenbedingungen z.B. bei den Arbeitgebern so sind, dass diese aktiven Bürger auch künftig ehrenamtlich für die Stadt den oft gefährlichen und anstrengenden Dienst erfüllen können.“
Klaus Kaiser fasste abschließend die Diskussion zusammen: „Wir wissen, dass das Soziale der Kitt für das Zusammenleben in der Stadt ist. Wir wollen seitens der CDU eine Stadt, in der sich jeder, der hier lebt, willkommen fühlt. Je besser es gelingt, dass die verschiedenen Netze, Vereine und Initiativen, Arbeitgeber und Arbeitnehmer miteinander arbeiten, desto besser geht es der Stadt. Und der Auftrag an uns in der Politik ist es, diese Zusammenarbeit zu fördern. Da haben wir am heutigen Abend genügend konkrete Vorschläge erfahren, die wir in unser Wahlprogramm einarbeiten werden“.