Arnsberg/Sundern. Viele Wälder zeigen sich im September schon in bunten Farben. „Viel zu früh“, meinen viele Naturliebhaber und denken schon mit Wehmut an das Ende des Sommers. Im ganzen Land häufen sich die Beobachtungen von aufmerksamen Wanderern: „Der Wald verfärbt sich äußerst schnell. Manche Bäume wurden innerhalb weniger Tage dunkelbraun,“ bekommen die Forstleute von besorgten Bürgern zu hören. Die Ursache war die anhaltende Trockenheit im August, so die Erklärung der Försterinnen und Förster von Wald und Holz NRW. Sie stresst manchen Laubbaum so sehr, dass er schon jetzt die ersten Blätter abwirft.
In den Wäldern stehen die Zeichen auf Herbst
Schlimm sei das allerdings nicht. Der Wald bereite sich auf den Winter vor. Auffällig ist aber, dass der Farbwechsel der Blätter dieses Jahr sehr plötzlich begonnen hat. Der Wald hat angesichts des regenarmen Wetters seine Wasserreserven aufgebraucht. „Im Juli war noch relativ viel Feuchtigkeit im Boden, aber seit einigen Wochen ist es richtig trocken“ sagt Dr. Mathias Niesar, Waldschutzexperte bei Wald und Holz NRW.
Viele Buchen im Stress
Ungewöhnlich ist, dass ausgerechnet die Buche als erster Baumart auf Herbstfärbung schaltet. Zuerst kündigen in der Regel Birke, Ahorn und Esche den Herbst an. Deren Blätter sind aber noch weitgehend grün. Die Buche ist im Normalfall eher ein Nachzügler: Sie verliert ihre Blätter oft erst beim letzten Frost. Waldschutzexperte Dr. Mathias Niesar hat für das Phänomen eine Erklärung. Viele Buchen haben in diesem Jahr ein Mastjahr. Das bedeutet, dass sie in diesem Jahr besonders viele Samen, die Bucheckern produziert. Es ist ganz normal, dass viele Baumarten nur im Abstand von mehreren Jahren große Samenmengen produzieren. So eine Vollmast bedeutet für einen Baum aber Stress. Wenn dazu Trockenheit als weiterer Stressfaktor kommt, entscheidet sich der Baum alle verfügbare Energie in den Nachwuchs zu stecken. Dr. Mathias Niesar: „Die Bäume priorisieren augenscheinlich die Samenversorgung und ziehen dazu aus den Blättern Nährstoffe ab.“ Dadurch werden die Blätter braun. In einigen Bereichen kann man dieses Phänomen auch beim Ahorn beobachten.
Gallmilben
Bei vielen Buchen hat Dr. Mathias Niesar noch einen weiteren Stressfaktor beobachtet: „Im Labor konnten wir auf der Blattunterseite Befall mit Gallmilben feststellen. Als Symptome sind rund 8 mm große, braunschwarze Flecken zu sehen. Dazu kommt häufig die für Pilzbefall typische Verfärbungen der Blätter. Es ist davon auszugehen, dass die feuchte Frühjahrssituation günstig für Buchenblattpilze war. Die Kombination aus Pilz‑, Gallmilbenbefall und den sehr heißen Augusttagen ab dem 25. August bewirkten dann einen sehr schnellen Alterungsprozess der Blätter.“ Birken, welche sehr schnell auf Hitzewellen durch Blattfall reagieren, sind erstaunlicherweise noch recht gut belaubt. Und auch Eichen haben überwiegend noch ihre für die Jahreszeit typischen saftig grünen Blattfärbungen.
Natur dürstet nach Regen
Seit Mitte August ist bei uns kaum mehr Regen gefallen. Und der wenige Regen, ist sofort wieder verdunstet. „Auch wenn viele Menschen die wunderschönen Spätsommertage so lieben: Die Natur dürstet nach Feuchtigkeit und die Bäume reagieren entsprechend“, so Dr. Mathias Niesar Langfristige Schäden werden unsere Wälder durch die Wetterkariolen allerdings nicht davontragen. „Unsere Wälder sind sehr stabile natürliche Ökosysteme, die ein ungewöhnlicher Sommer nicht aus der Bahn wirft,“ sagt der Waldschutzexperte mit Blick auf die langjährigen Erfahrungen mit Wetterextremen. Zu Beginn des Sommers überraschten gewaltige Regenmenge und mäßige Temperaturen. Erst am Ende des Sommers wurde es hochsommerlich heiß und trocken. Für den Wald haben diese Verschiebungen große Bedeutung. Bei der meteorologischen Durchschnittsbetrachtung fallen sie gar nicht auf.
Wetter eher durchschnittlich
Betrachtet man die statistischen Mittelwerte, dann war das Wetter in Nordrhein-Westfalen in diesem Jahr eher durchschnittlich. (In Klammern stehen jeweils die vieljährigen Mittelwerte der internationalen Referenzperiode) Der Sommer war mit 17,7 °C sogar etwas wärmer (16,3 °C), und kaum nasser 245 l/m² (240 l/m²) als üblich. Als sonnenscheinärmstes Bundesland kam NRW auf nur rund 545 Stunden (554 Stunden). Ungewöhnlich waren Temperaturverlauf und Zeitpunkte der Niederschläge. Wiederholt kam es zu örtlich begrenzten schweren Gewitter. Der NRW Sommer entsprach in den Durchschnittswerten bisher weitgehend dem bundesweiten Trend: Nach Angaben des Deutschen Wetterdienstes (DWD) lag die Temperatur im Sommer mit 17,8 Grad Celsius (°C) um 1,5 Grad über dem Mittel der internationalen Referenzperiode 1961 bis 1990 von 16,3 °C. Schwülwarme Luft, vor allem im Juni und in der letzten Julidekade, bestimmte im Sommer 2016 häufig das Wettergeschehen. Die Regenmenge verfehlte mit rund 230 Litern pro Quadratmeter (l/m²) das Soll von 239 l/m² in Deutschland knapp.
Völlig gegensätzlich verliefen Beginn und Ende des Sommers. Anfang Juni fielen bei heftigen Gewittern gebietsweise katastrophale Regenmengen. Im letzten Augustdrittel herrschte dagegen bei anhaltendem Sonnenschein und teils großer Hitze verbreitet so trockenes Wetter, dass der DWD-Gefahrenindex für Waldbrände in mehreren Bundesländern auf die höchste Stufe kletterte. Von größeren Waldbränden blieb Nordrhein-Westfalen glücklicherweise verschont.