Hochsauerlandkreis. Die meisten und wichtigsten Werte im grünen Bereich und vielfach auch deutlich besser als im Landesschnitt – Polizeidirektor Klaus Bunse zeigte sich zufrieden mit den Ergebnissen des Verkehrsberichts 2015, den er am Montag vormittag im Mescheder Kreishaus vorstellte. Die Zahl der Verkehrstoten sank gegenüber dem Vorjahr um 50 Prozent auf neun und damit auf einen historischen Tiefstand. Auch die Zahl der Schwerverletzten, der Leichtverletzten und der Unfälle mit schwerem Sachschaden sank gegenüber 2014. Das die Gesamtzahl der Unfälle dennoch anstieg, lag ausschließlich an einem Anstieg bei den Blechschäden. Problematisch bleiben die Motorradfahrer sowie Alkohol und Drogen am Steuer. Hier und auch beim Thema Unfallflucht will die Polizei in diesem Jahr besonders ansetzen.
In 70-er Jahren starb „ein kleines Dorf“ auf der Straße
Die Zahl der Verunglückten – Getötete, Schwerverletzte und Leichtverletzte – ist im Kreisgebiet erstmals unter die Tausender-Schwelle gesunken, von 1014 auf 911. Die Zahl der tödlichen Unfälle halbierte sich sogar von 18 auf 9. „Jeder Tote immer noch einer zuviel,“ so Polizeioberrat Josef Jacobi, doch sei dies eine sehr erfreuliche Entwicklung, wenn man überlege, dass im Jahr 1975, dem ersten Jahr nach der Gebietsreform und der Gründung der Kreispolizeibehörde HSK, noch 73 Menschen auf den Straßen starben. In den ersten fünf Jahren waren es 333. „Schon ein kleines Dorf,“ so Jacobi.
Geschwindigkeit Unfallursache Nr. 1
Die tödlichen Unfälle verteilen sich gleichmäßig auf westliches, mittleres und östliches Kreisgebiet. In Arnsberg verunglückte am 12. Juli ein 65-jähriger Autofahrer in einer Linkskurve bei Uentrop, in Sundern starben am 21. April ein 49-jähriger Kradfahrer bei Meinkenbracht und am 24. Oktober ein 34-jähriger Pkw-Fahrer bei Stockum. Bei diesen drei Unfällen wie bei insgesamt sieben von neun tödlichen Unfällen stellte die Polizei nicht angepasste Geschwindigkeit als Unfallursache fest.
Prävention ab dem Kindergarten zahlt sich aus
Sehr positiv sieht Jacobi, dass schon seit Jahren kein Kind mehr bei einem Verkehrsunfall getötet wurde. Auch die Verletztenzahlen sanken weiter deutlich. Acht Kinder wurden schwer verletzt gegenüber 17 im Jahr zuvor, bei den leicht verletzten Kindern sank die Zahl von 67 auf 41. In Arnsberg verunglückten 23 Kinder, in Sundern drei. Intensive Präventionsmaßnahmen nach dem Motto „Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr“ seien erfolgreich, so Jacobi. Die Arbeit der Bezirksbeamten, die Fahrradausbildung in den Grundschulen, die Fortbildung der Erzieherinnen in den Kindergärten und die inzwischen kreisweit in allen Gemeinden umgesetzten Schulwegpläne seien wichtige Bausteine. Klaus Bunse sprach von einem „traumhaften Ergebnis“ der Bemühungen.
Weniger Imponiergehabe bei jungen Erwachsenen
Ebenfalls seit Jahren stehen auch die jungen Erwachsenen (18 bis 24) im Focus von Prävention – und auch Repression. Auch hier sieht Jacobi deutliche Erfolge, auch wenn die jungen Erwachsenen mit einem Bevölkerungsanteil von 7,9 Prozent immer noch 17,8 Prozent der Verunglückten stellten. Allerdings ist die Zahl der getöteten jungen Erwachsenen von sechs im Jahr 2014 auf nur noch einen zurück gegangen und auch die Zahl der Verletzten im zweistelligen Prozentbereich gesunken. Auch die Verunglücktenhäufigkeit, eine statistische Messzahl pro 100.000 Einwohner, ist im HSK von Werten jenseits der 1000 auf 785 zurückgegangen und liegt damit in etwa im Landesschnitt (779). Das sei schon bemerkenswert, wenn man bedenke, dass die jungen Autofahrer im Sauerland zwangsläufig weit häufiger im Auto unterwegs sein müssten, um ihre Zielorte zu erreichen, als Gleichaltrige in Großstädten, sagte Jacobi. Die Schwerpunktkontrollen, die seit drei Jahren vor den Berufskollegs stattfinden, hätten hier ebenso deutliche Wirkung entfaltet wie der Verkehrssicherheitsunterricht und die Crash-Kurse. Über 3000 junge Leute hätten sich 2015 in den fünf Crash-Kursen ein Bild von den realen Folgen eines Verkehrsunfalls gemacht. „Mit nachhaltigem Effekt“, so Jacobi. „Das Imponiergehabe in Sachen Normüberschreitung geht zurück.“
Mehr Unfälle unter Alkohol und Drogen
Als unauffällig und nicht signifikant abweichend bewertete Jacobi das Unfallgeschehen bei den Senioren, auch wenn deren Anteil an der Bevölkerung immer größer werde. Einen deutlich negativen Trend sieht der Direktionsleiter Verkehr allerdings die Entwicklung bei Alkohol und Drogen. Bei zwei der drei getöteten Pkw-Fahrer war Alkohol eine Unfallursache und die Zahl der Unfälle mit Alkohol ist seit 2013 von 79 über 91 auf 107 gestiegen. Die Zahl der festgestellten Unfälle unter Drogen hat sich im letzten Jahr von 11 auf 23 sogar mehr als verdoppelt. „Infolge der Fortbildung der Kollegen hat sich das Entdeckungsrisiko für einen bekifften Autofahrer in den letzten fünf Jahren erheblich erhöht“, so Jacobi. Andererseits sei die Zahl der Schwerpunktkontrollen gegen Alkohol am Steuer wegen der vielen Motorradkontrollen zuletzt zurückgegangen, da man das Personal nur einmal einsetzen könne.
Vier tote Motorradfahrer zu Saisonbeginn
„Die ganze Saison, von April bis Oktober, waren wir jedes Wochenende mit Motorrad-Kontrollen unterwegs,“ sagte Jacobi und kündigte an, dass dies nach Möglichkeit auch in der bevorstehenden Motorradsaison wieder so sein soll. Denn die Motorradfahrer machen der Polizei weiterhin Probleme. „Nicht die vielen touristischen Fahrer, die Cruisen wollen,“ so Jacobi, wohl aber die, die den Geschwindigkeitskick suchen, und auch die Ungeübten, häufig Wiedereinsteiger der Altersgruppe 45plus, für die ein Sturz in einer abschüssigen Kurve leicht ihr letzter sein kann. So waren insgesamt sechs der neun Verkehrstoten des Jahres 2015 Motorradfahrer und vier von ihnen verunglückten in den ersten vier Wochen der Saison. Mehr als einer könnte vielleicht noch leben, wenn er zunächst einmal auf einen Übungsplatz gefahren wäre, so Jacobi. In diese Richtung soll auch die weitere Präventionsarbeit gehen, auch wenn es schwer sei, die Zielgruppe zu erreichen, weil die meisten nicht im HSK zu Hause sind.
Plädoyer für höhere Bußgelder
„Gegen die Zielgruppe der Raser hilft nur Repression,“ ist Jacobi überzeugt – und wünscht sich einen anderen Bußgeldkatalog. „Unser Bußgeldkatalog kennt als höchste Stufe eine Geschwindigkeitsüberschreitung von über 70 km/h, danach ist Schluss. Ein Lkw erreicht die nie. Aber für ein Motorrad sind 150 statt 80 kein Problem. Wir messen auch Überschreitungen von 100 und 110 Kilometern. In der Schweiz gibt’s dafür zwei Jahre Haft auf Bewährung, bei uns nur drei Monate Fahrverbot.“