Sundern/Amecke. Rund 80 Teilnehmer folgten dem Aufruf der Bürgerinitiative Freibad Amecke (Bi-Fa) und nahmen an der ersten genehmigten Demonstration in Sundern teil. Die Demonstranten, darunter zahlreiche Mütter mit Kindern, viele Jugendliche und auch einige Politiker aus der WISU-ratsfraktion, trafen sich am Franz-Josef Tigges-Platz und marschierten – begleitet von zwei Polizisten und einem WDR-Kamerateam – friedlich durch die Fußgängerzone zum Rathaus.
Demo-Organisator mit Teilnehmerzahl zufrieden
„Wir sind hier, wir sind laut, weil man uns das Freibad klaut,“ skandierte Versammlungsleiter Sebastian Berg durch das mitgebrachte Megafon. Mit der Teilnehmerzahl zeigte er sich sehr zufrieden: „Für Sundern ist das schon enorm, wir sind hier ja nicht in Dortmund.“ Zwei Transparente und auch eine schwarze Flagge wurden im Demonstrationszug getragen. das Transparent an der Spitze zeigte eine Badelandschaft und die Forderung der BI „Freibad Amecke bleibt! …muss bleiben!“. Auf dem zweiten Transparent wurde die Profitgier zu Lasten der Menschen kritisiert und Selbstbestimmung und Selbstorganisation gefordert. Auf einem kleinen Flugblatt bekräftigte die Bürgerinitiative ihr Ziel, einen Trägerverein für das Freibad aufzubauen und dem Bad mit einem breiten selbstorganisierten Bündnis von Unterstützern seinen alten Glanz zurückzuverleihen.
Rat: Zunächst Gespräche von BI mit Stadt und Sorpesee GmbH
In der Ratssitzung am Abend hatte die WISU das Thema Freibad Amecke ebenfalls auf die Tagesordnung gebracht, wenn auch nur unter Anfragen, so dass, wenn auch recht ausführlich, vor allem über die weitere Vorgehensweise diskutiert wurde. Die Fraktionen einigten sich darauf, dass es über den Sommer Gespräche zwischen Bürgerinitiative sowie Stadtverwaltung und Sorpesee GmbH geben solle. “ Wir stehen für jedwede Fragen zur Verfügung, ich möchte aber, dass die zu uns kommen,“ sagte Bürgermeister Lins, der auch zusagte, etwas über das Freibad zusammenzustellen, um auch die Öffentlichkeit zu informieren.
Klein: „Chancen prüfen“
Er habe Freibadrettung bei Google eingegeben und sei erstaunt gewesen, wie viele Freibäder im Land mit Hilfe von Fördervereinen gerettet worden seien, sagte Hans Klein, Fraktionschef der WISU. Sundern als familien- und touristenfreundlicher Stadt würde es deshalb doch gut anstehen, einen Förderverein zu unterstützten, der sich in Amecke an die Arbeit machen wolle. Deshalb solle geprüft werden, welche Chancen es gebe.
Lins: „40 Jahre altes Bad mit Mangelverwaltung“
Bürgermeister Lins sagte, dass es sich hier um ein Freibad handele, dass bereits seit fünf Jahren geschlossen. sei. da müsse man auch der Bürgerschaft gegenüber ehrlich sein und sagen, dass das Bad nicht reaktivierungsfähig sei. Die Diskussion habe man bereits 2008 und 2009 geführt, bevor man sich 2010 entschlossen hätte, das Bad im Sommer nicht zu öffnen. Er selbst habe oft genug in dem Bad gestanden, dass damals bereits 40 Jahre alt gewesen sei und einen erheblichen Investitionsstau gehabt habe. Bereits damals habe man den Mangel verwaltet und er sei nach jeder Saison froh gewesen, wenn nichts passiert sei. Der Bürgermeister berichtete auch, dass die Freibadtechnik nicht mehr vorhanden sei. Weil sie vor sich hin rostete und man noch etwas Geld habe retten wollen, sei sie teils verkauft, teils verschrottet worden. Eine Nachricht, die für viele Ratsmitglieder offensichtlich neu war und zu der Lins zusätzliche Informationen nachreichen will.
Lange: „Unredlich, der BI Hoffnungen zu machen“
Lins sagte, es sei letztlich egal, ob eine Reaktivierung, wie bisher nur „aus dem hohlen Bauch“ geschätzt, drei oder fünf Millionen koste und eine Sommersaison 250.000 oder 300.000 Euro, das seien Beträge, die von keinem Förderverein und auch von der Stadt Sundern nicht zu stemmen seien. Da habe Sundern dringendere Leuchttürme, etwa die Innenstadtentwicklung, und auch da müsse sich die Stadt mit Ausgaben beschränken. Unterstützung bekam Lins von hanns-Rüdiger Fehling: „Wenn der Förderverein eine Analyse will, soll er sie selbst liefern nach dem Motto ‚Wer bestellt, bezahlt‘,“ sagte der FDP-Poliiker und verwies darauf, dass Sundern Haushaltssicherungskommune ist. CDU-Fraktionschef Stefan Lange sagte, es wäre unrealistisch und unseriös, der Initiative Hoffnung zu machen, dass die Stadt Sundern hier Geld in die Hand nehmen werde. Die Stadt solle aber der BI Informationen geben und die Fakten auf den Tisch legen.
Stechele: „Erwartungen an Holländer enttäuscht“
SPD-Fraktionschef Michael Stechele sagte, er habe Verständnis, wenn jetzt Bürger in Wut geraten. Die Notwendigkeit, eine Möglichkeit für öffentliches Schwimmen zu schaffen, sei doch Konsens aller Parteien. 2010 habe man sich entschieden, bessere Möglichkeiten dafür mit den Holländern im Rahmen des Ferienparks zu suchen. Diese Erwartungshaltung sei inzwischen und vermutlich auf Dauer enttäuscht. Das dafür vorgesehene Geld sei inzwischen für die Sorpepromenade verbaut. Deshalb, so Stechele, solle sich die Stadt jetzt mit dem Förderverein zusammensetzen und in aller Ruhe und sachlich über Konzepte etwa auch eines Naturfreibads diskutieren. Auch Guido Simon von den Grünen sprach sich für eine wohlwollende Begleitung der Aktivitäten des Fördervereins aus. Christoph Schulte von der WISU sagte: „Die Bürgerinitiative hat sich gegründet, die muss man wahrnehmen.“
Ärger über „Pamphlet“ der BI
Bürgermeister Lins hatte zuvor gesagt, dass er von der Existenz der Bürgerinitiative bisher nur aus der Zeitung wisse. Bei ihm habe noch niemand angeklopft. Lins beklagte auch ein „Pamphlet“, dass die BI an Schulen verteilt hat. Klaus Tolle, langjähriger Vorsitzender des Planungsausschusses, der sich wiederholt für das Freibad stark gemacht hat, nannte dieses Flugblatt „Starken Tobak!“. Wenn dort von Trauer und Wut gesprochen werde, weil Politiker durch schlampigen Umgang mit Steuergeldern den Bürgern ihr Freibad genommen hätten, sei das für ihn „nicht in Ordnung, unredlich und enttäuschend“. FDP-Fraktionschefin Dorothee Thiele unterstützte Tolle. Wohl kein Thema sei in den letzten zehn Jahren so umfassend behandelt worden wie dieses, wenn da jetzt behauptet werde, der Bürger sei nicht informiert, sei das wirklich starker Tobak.
2 Antworten
Die Emotionen der engagierten Bürgerschaft sind nachvollziehbar und nicht zu kritisieren, schon gar nicht ihr Anliegen. Ich kenne das erwähnte Papier zwar nicht, welches an den Schulen verteilt wurde. Es kann aber genauso viel oder wenig ein Pamphlet sein wie die schriftlichen oder mündlichen Stellungnahmen der Mehrheitsfraktion und des Bürgermeisters seit 2009. Immer wieder wurde vertröstet und optimistisch auf den Investor des Ferienparks verwiesen, der es schon richten wird mit einem fantastischen Freibad für Groß und Klein, natürlich zu erschwinglichen Eintrittspreisen. 2009 hatten die Amecker Saubermänner sogar knapp 3800 Unterschriften für den Erhalt des Freibades gesammelt. Die Unterschriftenaktion wurde von Verantwortlichen zur Kenntnis genommen, ansonsten blieb diese Iniitiative bekanntlich folgenlos. Das wird nicht nur an dem fehlendem ‚langen Atem‘ der Bürgerschaft gelegen haben sondern vor allem auch an der fehlenden Unterstützung aus der Politik und Verwaltung. Es ist nicht ja das erste Mal, dass bürgerschaftliches Engagement es sehr schwer hat in Sundern. Grundsätzlich fehlt eine wirkliche Wahrnehmung und Wertschätzung der berechtigten Sorgen der Bürgerschaft. Es fehlen Konzepte und Strategien, die Bürgerschaft von vornherein verstehbar zu informieren, sie in Entscheidungsprozessen kontinuierlich einzubinden und auch mitentscheiden zu lassen.
Zurück zum Freibad. Besonders pikant wird die Geschichte rund um das Freibad vor dem Hintergrund der Mitgliedschaft Sunderns im vormaligen Städtenetzwerk NRW, welches Kommunen dabei unterstützte, Zitat: „die Auswirkungen des demografischen Wandels zu erkennen, Gestaltungsspielräume zu ermitteln und die Potenziale zu nutzen. Im Mittelpunkt unserer Aktivitäten stehen der systematische Erfahrungsaustausch, die fachliche Beratung, die Einbeziehung bürgerschaftlichen Engagements sowie Würdigung und Transfer innovativer Projekte.„Zitatende. 2009 war es noch vergleichweise kostengünstig möglich, das Freibad in Bürgerhand zu geben. Für 250 Euro hätte sich Sundern von Fachleuten des Städtenetzwerk NRW beraten lassen können, wie ein Schwimmbad in Bürgerhand bestmöglich umsetzbar ist. Wenn man es denn gewollt hätte. Aber Sundern wollte offenbar nicht. Statt dessen wartete man ab, was der Investor plant oder eben nicht plant – und überließ das Schwimmbad und die engagierte Bevölkerung ihrem Schicksal. Bis heute. Und da wundert man sich über Emotionen?
Die Analyse von Frau Schröder ist bestechend klar und zeigt die verzerrte Sichtweise der Verwaltung und großer Teile der Entscheidungsträger, die zusammen immer noch nicht einsehen wollen, dass die Ursache für die Initiative ein riesiger selbst verursachter, hausgemachter Fehler ist. Gewohnt arrogant wird vom scheidenden 1. Bürger als Wortgeber von oben herab abgewiegelt und vorfestlegend mit „nicht zu stemmenden Kosten“ gedroht, die er aber selbst in dieser Höhe verursacht und zu verantworten hat. Der „noch 1. Bürger“ hat es auch nicht nötig auf die Initiative zuzugehen, „die“ sollen doch zu uns kommen! Hier sieht er sein Werk vollendet, ist halt „in den Sand gesetzt“! Jetzt werden andere „Leuchtturmprojekte“ priorisiert. Die Ära des Wortgebers geht zu Ende und wir wünschen nach eingestandenen Fehlern in der ehemals stadttragenden Partei nun auch wirklich „intensives Nachfragen“ und kein Abwatschen, wie es zu genüge, speziell in Amecke, der Fall war. Jetzt soll, so versucht man zumindest glauben zu machen, eine neue Ära beginnen. In diese angestrebte Epoche sieht die Kandidatin zumindest schon mal „ihre liebens- und lebenswerte Heimat“ Sundern als „toll“! Die neue, betont weibliche Kandidatin ist natürlich nicht investorenhörig, sie ist für systematischen Erfahrungsaustausch, sie ist nicht beratungsresistent, sie legt viel Wert auf bürgerschaftliches Engagement und würdigt innovative Projekte aus eben dieser engagierten Bürgerschaft. Die will das Anliegen Freibad Amecke sicher auch „wuppen“! „Toll!“ Geht nicht, – gibt´s jetzt nicht mehr! Auch wenn hier geschrieben steht, den Fordernden Hoffnung zu machen sei unrealistisch und unseriös, suggerieren doch Politiker aller Couleur dass es „nur“ der derzeitigen Haushaltslage geschuldet ist, warum solch einem Ansinnen eine Absage erteilt wird. Dem entnehme ich den Wunsch, sowohl Familienfreundlichkeit als auch den gewünschten blühenden Tourismus nur ungern auf diese Art zu opfern. Wenn das wirklich so ist, dann wäre es doch Ausdruck eines positiven Willens und sinnvoller erster Schritt zusammen mit der engagierten Bürgerschaft, an genau diesem vorhandenen, idealen Ort ein Bad zumindest planungsrechtlich festzuschreiben. Wir erhalten uns diese optimale Option! Es kommen bessere Zeiten, bessere Partner, bessere Investoren, bessere Ideen, Menschen mit mehr Mut, andere Bürgermeister. Oder ist dies Wehklagen eine Bankrotterklärung für die komplette Zukunft?
Hermann‑J. Jürgensmeier