Sundern. Das Interesse ist groß an der Zukunft der Sunderner City. An die hundert Sunderner haben sich für das 1. Werkstattgespräch Innenstadtentwicklung drei Stunden Zeit genommen. Politiker aller Ratsfraktionen waren am Dienstag abend dabei, aber auch Geschäftsleute, Anwohner und einfach nur interessierte Bürger. Wegen des großen Andrangs wurde kurzfristig in der Schützenhalle sogar der Raum gewechselt. Bürgermeister Detlef Lins zeigte sich am Ende der intensiven Arbeit in sechs Gruppen begeistert – allein schon von der Zahl der über 100 Zettel auf dem Stellwänden, aber auch vom Ideenreichtum. Auch Stadtentwickler Lars Ohlig zog eine positive Bilanz des ersten Werkstattgesprächs. Die Bürger hätten vieles bestätigt, was die Planer auch schon angedacht hätten, aber auch interessante neue Ideen hereingetragen.
Bürgermeister: „Für die Innenstadt ist es fünf vor zwölf“
Zu vier Themen wurden von Mitarbeitern der Stadtverwaltung moderierte Arbeitsgruppen angeboten. Die Einzelhandelsentwicklung am Tigges-Platz, das Grüne Rückgrat Röhr zwischen Bahnhof und Bremkes-Center, der Verkehrsknoten Rathaus/Sunderland-Hotel/Polizei und die Fußgängerzone waren die Themen, die man, so Bürgermeister Lins, nicht isoliert betrachten dürfe, sondern gemeinsam anpacken sollte. Er machte deutlich, dass es aus seiner Sicht für den Einzelhandel in der City fünf vor zwölf sei, und forderte dazu auf, die Chance zu nutzen, dass es derzeit am Tigges-Platz erstmals gleichzeitig verfügbare Grundstücke und einen interessierten Investor gebe, der dort ein Einkaufszentrum mit über 6000 Quadratmetern Verkaufsfläche errichten wolle. Lins verwies auch darauf, dass es für eine Renaturierung der Röhr derzeit bis zu 90 Prozent Landeszuschüsse gebe. So könne man bei einer Investitionssumme von 3,8 Millionen Euro mit einem städtischen Eigenanteil von 1,4 Millionen Euro erhebliche Verbesserungen für die Innenstadt erreichen.
Tigges-Platz und Fußgängerzone interessierten am meisten
Die Einzelhandelsentwicklung am Tigges-Platz und die Fußgängerzone insgesamt waren auch die Themen, die die meisten Bürger interessierten, so dass hier die Arbeitsgruppen sinnvollerweise geteilt wurden. Auf die zunächst geplante Ortsbesichtigung wurde angesichts des heftigen Dauerregens kurzerhand verzichtet, da man davon ausging, dass die Örtlichkeiten allgemein bekannt sind. Aufgabe des 1. Werkstattgesprächs war es, die Stärken und schwächen der vier Bereiche herauszuarbeiten und Ziele für die Zukunft zu formulieren. Wie man diese Ziele erreichen kann, soll Thema der folgenden zwei Werkstattgespräche sein. Die Ergebnisse der Arbeitsgruppen wurden mit den Zetteln auf den Stellwänden festgehalten, aber auch zum Abschluss des Abends von je einem Gruppenmitglied dem Plenum vorgetragen und stets mit viel Beifall bedacht.
Auch die Generation Zukunft macht Druck
Unter den rund 100 Hobby-Stadtplanern waren auch einige der Jugendlichen, die am Abend vorher im Rahmen des Projekts „Generation Zukunft Sundern“ die Wünsche der Jugend artikuliert hatten. Eine attraktivere Innenstadt mit mehr Aufenthaltsqualität, mehr attraktiver Gastronomie und besseren Einkaufsmöglichkeiten war hier die Forderung. „Sie sehen, auch hier wird Druck gemacht!“ kommentierte Bürgermeister Lins die Sicht der jungen Generation, die damit grundsätzlich aber nicht weit entfernt liegt vom Rest der Sunderner. Aufenthaltsqualität, (Erlebnis-)Gastronomie und ein guter Einkaufsmix waren Punkte, die sich wie ein roter Faden durch die Präsentationen aller Gruppen zogen.
Alte Johannesschule: „Nur Steine“ oder „charakteristische Erinnerung“?
Interessant war die unterschiedliche Sichtweise des Gebäudes der Alten Johannesschule in den beiden Gruppen zur Einzelhandelsentwicklung am Tigges-Platz. In der einen Gruppe war das Thema schon mit dem Satz „Sind doch nur Steine!“ abgetan worden und fand in der Präsentation – im Gegensatz zu den Parkplätzen – die nicht weniger werden sollten – keine Erwähnung mehr. In der anderen Gruppe wurde dagegen das Ziel formuliert, das charakteristische Gebäude möglichst in die Planung einzubeziehen, weil in Sundern schon so viele alte und prägende Gebäude verschwunden seien. Der Tigges-Platz selbst wurde als isoliert und wenig ansprechend eher schwach bewertet. Insgesamt standen beide Gruppen einer Einzelhandelsentwicklung an dieser Stelle positiv gegenüber, insbesondere, wenn sie sich mit einem Alleinstellungsmerkmal verbinden lasse. Vereinzelte Stimmen fürchteten aber auch regten die Schaffung neuer Leerstände oder betrachteten Sunderns Anbindung ans überörtliche Verkehrsnetz als Grundproblem, das als erstes gelöst werden müsste.
Klares Votum für eine erlebbare Röhr
Die Arbeitsgruppe Röhr sprach sich eindeutig dafür aus, die hinter sehr hohen Mauern kaum noch wahrnehmbare Röhr wieder erlebbar zu machen, wenn Ersatz für weggefallene Parkplätze gefunden werden kann. Mit der Nähe zur Fußgängerzone, der schönen Sonnenlage und der meist nicht so nah ans Ufer reichenden Bebauung gebe es dafür ideale Voraussetzungen. Probleme ah die Gruppe bei der verkehrlichen Erschließung mit Brücken und Parkplätzen. Gewünscht wurden Sichtachsen und Erlebnisbereiche sowie eine Aufwertung der Zuflüsse von Settmecke und Linnepe. Der historische Waschplatz wurde ebenso genannt wie ein Zugang zum Wasser wie an der Seebühne in Langscheid.
Neuordnung und Aufwertung für Verkehrsknoten
Sehr negativ gesehen wurde von der Arbeitsgruppe der derzeitige Zustand des Verkehrsknotens zwischen Rathaus, Hotel und Polizeiwache, der täglich rund 14.500 Fahrzeuge bewältigen muss. Städtebaulich unbefriedigend, gefährlich für querende Fußgänger und auch abbiegende Autofahrer, unbequem für Nutzer des Öffentlichen Nahverkehrs und unattraktiv vom Parkplatzangebot. Die Gruppe wünscht hier eine verkehrliche Neuordnung mit sicheren Fußgängerwegen und einer zentralen ÖPNV-Anbindung und eine städtebauliche Gestaltung, die dieses Eingangstor der City aus Richtung Hachen aufwertet und auch die Lage am Fluss einbezieht. Mit dem großen Flächenpotenzial und den großen planerischen Freiräumen sieht die Gruppe beste Voraussetzungen für eine Umgestaltung.
Mehr Qualität in der Fußgängerzone
Als Stärken der Fußgängerzone nannten beide Gruppen die Autofreiheit und die nahen kostenlosen Parkplätze. Auch die noch vorhandenen kleinen inhabergeführten Geschäfte wurden gelobt, allerdings wurde auch ein Trend zu Billigläden und Spielhallen beklagt. Als Ziel wurde formuliert, mehr Kaufkraft in Sundern zu halten. Gewünscht wurden neben mehr Aufenthaltsqualität im Allgemeinen konkret die Schaffung eine marktplatzähnlichen Mittelpunkt als Forum für Aktivitäten, ein Umbau des Brunnens oder – durchaus kontrovers diskutiert – zumindest eine Teilüberdachung. Auch Konflikte zwischen Radfahrern und Fußgängern, insbesondere spielenden Kindern, sowie das Dauerthema vereinheitlichter Öffnungszeiten wurden angesprochen.
Fortsetzung am 15. und 29. September
Lars Ohlig lud alle Teilnehmer ein, zu den beiden folgenden Werkstattgesprächen am 15. und 29. September jeweils um 19 Uhr in der Schützenhalle wiederzukommen und vielleicht noch 20, 30 Leute mehr mitzubringen. Ab Oktober solle die Innenstadtentwicklung mit den eingearbeiteten Ergebnissen der Werkstattgespräche in die Diskussion in den politischen Gremien gehen. Das Jahr 2015 werde dann gebraucht, um die Planung zu konkretisieren, Bebauungspläne aufzustellen und Zuschussanträge zu stellen, um dann in 2016 zu bauen.