Arnsberg. Mit rund 4.400 Anliegen haben sich die Menschen aus Arnsberg und dem Hochsauerlandkreis im vergangenen Jahr an die Verbraucherzentrale gewendet. „Ob ungewollte Vertragsabschlüsse, Probleme im Onlinehandel oder entgangene Urlaubsfreuden nach der FTI-Insolvenz: Anfragen erreichten uns aus allen Bevölkerungsgruppen und zur ganzen Themenpalette des Verbraucheralltags“, berichtet Petra Golly, Leiterin der Beratungsstelle. „Besonders viel Beratungsbedarf bestand zudem weiterhin rund um das Thema Energie mit seinen vielen rechtlichen und wirtschaftlichen Facetten.“
Manchmal sind es teure Ärgernisse wie kostenpflichtige Retouren nach Übersee oder ungewollt abgeschlossene Abonnements, häufig aber auch existenzbedrohende Probleme wie drohender Verlust des Krankenversicherungsschutzes, verweigerter Zugriff auf Pfändungsschutzkonten oder Energiesperren, die die Menschen in die Beratungsstelle in der Neheimer Burgstraße oder zur Außenstelle im Mescheder Kreishaus führen. „Wir unterstützen individuell, um Verbraucherrechte durchzusetzen oder unberechtigte Forderungen abzuwenden. Falls nötig legen wir Widersprüche ein oder vereinbaren Ratenzahlungen. Damit tragen wir auch zur wirtschaftlichen Stabilisierung der Betroffenen bei und entlasten sie von oftmals großem psychischen Druck“, erklärt Petra Golly. Für das vergangene Jahr legt die Verbraucherzentrale in Arnsberg allein für die Rechtsberatung und ‑vertretung 1.700 Fälle vor.
Angesichts der anhaltend hohen Nachfrage sei es daher besonders erfreulich und wichtig, so Golly, dass durch Umstellung auf den zentralen Landesservice die digitale und telefonische Erreichbarkeit deutlich ausgeweitet werden konnte.
Glasfaser: Aufdringlicher Vertrieb
Zum Weltverbrauchertag 2024 rückte die Beratungsstelle das Thema Glasfaser-Ausbau in den Fokus. Da der Ausbau in NRW nicht zentral erfolgt, sondern größtenteils dem Markt überlassen bleibt, zeigt sich auch im Hochsauerlandkreis ein regelrechter Ausbaukampf unterschiedlicher Anbieter, der nicht selten an den Haustüren der Verbraucher:innen ausgetragen wird. Dementsprechend erreichen die Beratungsstelle immer wieder Beschwerden. „Über Monate hinweg haben wir in Recherchen über die örtlichen Breitbandbeauftragten, Netzbetreiber sowie ausbauenden Unternehmen Informationen eingeholt: Welche Netzbetreiber bauen wo aus? Wird der Ausbau öffentlich gefördert? Können die Leitungen auch von anderen Anbietern genutzt werden? Was kostet der Anschluss Verbraucher:innen jetzt und zu einem späteren Zeitpunkt?“, berichtet Petra Golly. Der wichtigste Rat für Betroffene: Keinen Vertrag unter Druck abschließen und sich zunächst schriftliche Angebote geben lassen, um sie vergleichen zu können.
Anhaltend hoher Beratungsbedarf zu Energiefragen
Sind die Energierechnungen für das Lieferjahr 2023/24 korrekt? Sind die „Energiepreisbremsen“ für Strom, Gas und Fernwärme richtig berücksichtigt worden? Ist die Erhöhung der Abschlagszahlung meines Energieversorgers rechtmäßig? Habe ich wirklich einen neuen Liefervertrag geschlossen oder ist mir während eines Telefonats oder an der Haustür etwas untergeschoben worden? Ein großer Anteil der Anfragen entfiel auch 2024 auf den Bereich Energie. Besonders negativ fielen dabei die Anbieter primastrom, voxenergie und nowenergy auf. „Entsprechend groß war auch der Andrang Ratsuchender in der Beratungsstelle, um dort Hilfe bei Rechnungsfragen, Rückforderungen oder Abwehr untergeschobener Verträge zu erhalten“, berichtet Verbraucherberater Volker Mahlich von der Arnsberger Beratungsstelle aus seinem Beratungsschwerpunkt zum Energierecht. Allein in diesem Bereich musste in rund 120 schriftlichen Rechtsvertretungen gegenüber Anbietern die Rechtslage geklärt werden.
Irritierende Schreiben eines Telefonanbieters und Unsicherheit beim Kabel-TV
Weiterhin sorgten zudem Schreiben des Düsseldorfer Telekommunikationsanbieters 1N Telecom für Irritation „Dieser forderte Verbraucher:innen unter einem vermeintlichen Anbieterwechselauftrag zur Rufnummer-Mitnahme auf. Damit suggerierte der Anbieter, dass bereits Verträge abgeschlossen wurden, obwohl die Betroffenen erklärten, zuvor keinen Vertrag abgeschossen zu haben“, erklärt die Beratungsstellenleiterin Petra Golly. Manche Ratsuchende wurden auch mit Schadensersatzforderungen konfrontiert. „Wir haben verunsicherten Betroffenen mit Informationen über Widerrufsmöglichkeiten und Musterbriefen geholfen.“
Weiteres Ärgernis des Jahres 2024: Nach der Abschaffung des so genannten Nebenkostenprivilegs nutzten Vertriebler von Telekommunikationsleistungen die Unwissenheit von Mieter:innen aus und verkauften statt TV-Verträgen unnötige und nicht gewünschte Kombi-Verträge. Eine Arnsbergerin sollte hier anstelle eines eigentlich notwendigen TV-Vertrages für rund 10 Euro im Monat einen Festnetzvertrag für 40 Euro monatlich erfüllen. Nach Einsatz der Beratungsstelle konnte die Angelegenheit zur Freude der Verbraucherin geklärt werden, mit einer Kostenersparnis von 75 Prozent auf den untergeschobenen Vertrag.
Beratung zu Heizungsplanung und Solarstrom
Die Wahl und Planung der eigenen Heizung war vor allem für Hausbesitzer:innen eines der prominentesten – und umstrittensten – Themen des vergangenen Jahres. Die Novelle des Gebäudeenergiegesetzes und die kommunale Wärmeplanung warfen die Frage auf, welche Heizung zukünftig die beste, passende beziehungsweise noch erlaubte Lösung sein würde. Besonders im Blick: die Wärmepumpe. In zahlreichen Vorträgen, Online-Seminaren, individuellen Beratungen und an Infoständen erläuterte die Energieberatung die Vor- und Nachteile verschiedener Heizsysteme. „Wir bieten unabhängige und sachgerechte Informationen und können so auch manche Ängste nehmen“, erklärt Energieberater Carsten Peters. Aber auch Photovoltaik und die erleichterten Möglichkeiten, als Mieter:in mit Steckersolar-Geräten auf Balkon und Terrasse selbst Strom zu erzeugen, stießen auf großes Interesse und Beratungsbedarf.
(Quelle: Verbraucherzentrale Arnsberg)