Arnsberg/HSK. Weihnachtsbaum – steht! Geschenke – besorgt! Stress und Ärger – vorprogrammiert! „Zum Glück lief es dieses Jahr anders“ ‚freut sich Tina im Nachhinein, wenn sie an Weihnachten und Silvester 2016 zurück denkt. „Unser Weihnachtsfest war richtig schön und gemütlich, so wie es eben sein sollte. Im kleinen Kreis, ohne Stress, mit leckerem Essen, geschmücktem Baum und Weihnachtsliedern“. In Tinas Leben ist wieder mehr Ruhe eingekehrt. Das war nicht immer so.
Nicht immer verlaufen die Feiertage harmonisch
Tina war fast 30 Jahre mit einem alkoholkranken Mann verheiratet und trennte sich schließlich vor zwei Jahren von ihm. Rückblickend denkt sie, wie viele andere auch, an den Duft von Plätzchen, einen glänzenden Tannenbaum und strahlende Kinderaugen. Doch so lief es bei Tina und ihrer Familie nicht immer – schuld daran war der ständig steigende Alkoholkonsum ihres Mannes. Besonders vor den Feiertagen graute es Tina immer besonders. Früher, noch vor drei, vier Jahren waren alle Feiertage und besonders das Weihnachtsfest für sie und ihre Kinder blanker Horror. Statt lieber Worte, gemütlicher Familienatmosphäre und kleinen Geschenken gab es Entwertungen, Beschimpfungen und gegenseitiges Ausspielen. „Immer dann, wenn mein Mann zu viel Freizeit hatte, griff er vermehrt zur Flasche und dann ging es los – ob feiertags oder am Wochenende – das war für ihn der Startschuss zum Trinken.“
Mit jedem Bier kippte Stimmung mehr
„Auch bei uns begann der Heilig Abend ganz harmlos mit Geschenke auspacken“, erzählt Tina. „Mein Mann begann dann irgendwann zu trinken, das gehörte für ihn dazu. Und wenn ich was sagte, warf er mir vor: Gönnst du mir denn nicht das kleinste bisschen Bier? Oft machte er es heimlich, verschwand zwischendurch immer wieder. Doch mit jedem Bier kippte seine Stimmung mehr und mehr. Handgreiflich und jähzornig wurde er dabei nie, dafür aber – und das ist mindestens genauso schlimm – begannen die verbalen Attacken. Mir gegenüber wurde er sehr gemein und versuchte mich vor den Kindern schlecht zu machen und zu entwerten. Die Kinder wiegelte er häufig untereinander auf und hatte seine helle Freude daran. Irgendwann hatte er dann sein Pulver verschossen, sein Promillelevel erreicht und ging zu Bett – die Familie konnte endlich aufatmen. So war das auch jeden Heilig Abend. Es gab bei uns kein friedvolles Weihnachtsfest. Für mich waren die Feiertage immer doppelt stressig, zum einen wollte ich meinen Kindern eine schöne Zeit bescheren, zum anderen versuchte ich das Verhalten ihres Vaters zu überspielen.“
Reibereien, Missstimmungen, Verletzungen
So wie Tina ihre Feiertage früher erlebt hat, geht es bestimmt vielen Familien. Weihnachten – das Fest der Liebe und Besinnlichkeit – und Silvester, das Ende eines Jahres und der Blick in die Zukunft, für viele Menschen sind diese Feiertage etwas ganz besonderes. Doch gerade in dieser Zeit liegt das Nervenkostüm oft blank und es kommt zu Reibereien, Missstimmungen, Verletzungen und nicht selten endet es in einem Familienstreit. Dies ist in Alkoholikerfamilien Gang und Gebe, die persönliche Toleranzgrenze wird überschritten und der gegenseitige Respekt geht verloren. Situationen – sowohl verbal als auch körperlich, die anfangs „nur“ Ausrutscher sind, werden mit der Zeit die Regel, denen der Nicht-Alkoholiker meist machtlos gegenüber steht. Die Enttäuschung über leere Versprechungen, endlich mit dem Trinken aufzuhören, belastet die Angehörigen enorm, so dass auch sie oftmals Hilfe benötigen, um ihr Leben zu meistern.
Fachliche Hilfe und Unterstützung
Tina nahm ihr Schicksal vor sechs Jahren selbst in die Hand und suchte sich als co-abhängige Ehefrau die fachliche Hilfe und Unterstützung bei einer Selbsthilfegruppe, den Al-Anons (Angehörige von Alkoholikern). In den Al-Anon-Gruppen erfahren Angehörige und Freunde Trost und Hilfe, können sich mit anderen Betroffenen austauschen und lernen, ihr eigenes, vernachlässigtes Leben selbst in die Hand zu nehmen. Der Besuch der Gruppe hat Tina geholfen, einen für sie gesunden Lebensweg zu finden und kann nun positiver in die Zukunft blicken. Weihnachten und Silvester kann sie künftig wieder genießen und als das sehen, was es eigentlich sein sollte – ein Fest der Liebe und Besinnlichkeit.
Selbsthilfekontaktstelle AKIS hilft weiter
Tinas Geschichte und wie sie ihren Weg in die Al-Anon-Gruppe gefunden hat, ist auf der Seite der Selbsthilfekontaktstelle AKIS im HSK – Arnsberger Kontakt- und Informationsstelle für Selbsthilfegruppen im Hochsauerlandkreis – unter www.arnsberg.de/selbsthilfe/heimgesucht nachzulesen.
- Weitere Informationen über (Sucht-) Selbsthilfegruppen im Hochsauerlandkreis erteilt die AKIS im HSK unter 02931 9638–105 oder 02931 5483342 oder selbsthilfe@arnsberg.de