Arnsberg. Der Rat wird definitiv in seiner Sitzung am 11. Dezember über die Umbenennung von zwei Straßen beschließen, deren Namensgeber Personen waren, „deren Ehrung aufgrund ihrer Tätigkeit im Nationalsozialismus der Werteordnung des demokratischen freiheitlichen Verfassungsstaates entgegenläuft“.
Bürgermeister Hans-Josef Vogel hat jetzt eine Beschlussvorlage vorgelegt, die vier Punkte umfasst:
- Der Rat begrüßt die Diskussion um die Straßenumbenennungen als wichtigen Impuls für die Auseinandersetzung mit der Vergangenheit um der Zukunft willen.
- Der Rat zieht wegen der besonderen Bedeutung die grundsätzliche Entscheidung des Sachverhalts an sich und beschließt, die „Karl-Wagenfeld-Straße“ und den „Maria-Kahle-Weg“ umzubenennen.
- Der Rat schlägt den Bezirksausschüssen vor, die Straßen „Dr.-Rudolf-Gunst-Straße“ (statt „Karl-Wagenfeld-Straße“) und „Werner-Grünewald-Weg“ (statt „Maria-Kahle-Weg“) zu benennen.
- Der Rat regt grundsätzlich an, zukünftig die Benennung von Straßen, Wegen und Plätzen nicht nur an den Motiven „Ehrung/Gedenken“, sondern auch an neuen Motiven wie dem des „Respekts“ auszurichten – wie „ Respekt vor Menschen aus anderen Kulturen“ oder „Respekt vor dem, was ein Mensch für die Gemeinschaft leistet bzw. geleistet hat“.
Noch kein abschließendes Urteil über Georg Nellius
Karl Wagenfeld (1869–1939) und Maria Kahle (1891–1975) gehören, so die Vorlage, zu den Männern und Frauen, die nach neueren Erkenntnissen eine besondere inhaltliche Nähe zum Nationalsozialismus aufweisen. Nach ihnen wurden 1941 die „ Karl-Wagenfeld-Straße“ in Hüsten und 1975 der „Maria-Kahle-Weg“ in Herdringen benannt. Schwieriger sei die Nähe von Georg Nellius zum Nationalsozialismus zu beurteilen, so der Bürgermeister. Zwar seien die Texte eindeutig, zu denen er Kompositionen beigesteuert hat. „Aber die Motive für das Mitmachen müssen nach den Entnazifizierungsunterlagen neu betrachtet werden, von denen wir erst am 25. November 2013 Kenntnis erhalten haben. Hier bedarf es der weiteren Forschung und Aufklärung, um ein abschließendes Urteil fällen zu können. Deshalb schlagen wir zum jetzigen Zeitpunkt keine Umbenennung der Georg-Nellius-Straße vor.“
Ehrung für in Auschwitz ermordeten Hüstener Schüler
Als neue Namensgeber für die beiden Straßen schlägt der Bürgermeister Dr. Rudolf Gunst (1883–1963), einen von den Nazis verfolgten Amtmann bzw. Amtsbürgermeister des Amtes Hüsten, sowie Werner Grünewald (1931–1943), den letzten jüdischen Schüler der Ruhrschule, der in Auschwitz ermordet wurde, vor. Hinsichtlich der Ehrung von Dr. Rudolf Gunst werde, so Vogel, ein Vorschlag der Ratsfraktion Bündnis 90/Die Grünen augegriffen, den er „inhaltlich voll unterstütze“. Mit Werner Grünewald würde erstmals ein Kind aus Hüsten geehrt. Über das kurze Leben des jüdischen Schülers, der von der Ruhrschule verdrängt und 1943 ermordet wurde, sei im Jahr 2001 von Schülerinnen und Schülern der Ruhrschule mit ihrem Schulleiter Reiner Ahlborn eine beeindruckende Dokumentation erarbeitet worden.
„Immaterieller Gewinn“ für 158 Anlieger
Der Bürgermeister sieht auch, „dass die Umbenennung einer Straße Unbill mit sich bringen kann, dass Aufwand entsteht und dass dieser Aufwand ärgerlich sein kann. Denn die 158 Anwohner der genannten Straßen haben sich den Straßennamen nicht ausgesucht.“ Auf der anderen Seite stehe aber auch der immaterielle Gewinn, in einer Straße zu wohnen, deren Namensgeber auch die Ehre verdiene. Er betont, dass Stadt und Kreis grundsätzlich keine Gebühren für die Aktualisierung des Personalausweises oder des Kraftfahrzeugscheins bzw. ‑briefs erheben werden. Zudem würden von städtischer Seite nachrichtlich wichtige externe Institutionen über die Umbenennung informiert. Hierzu gehören insbesondere die Telekom, Post, RWE, Finanzamt Arnsberg, Hochsauerlandkreis (Katasteramt, Kreispolizeibehörde, Rettungsleitstelle).