
Arnsberg/Holzen. Am 8. Mai 1945 endete mit der Kapitulation der deutschen Wehrmacht der Zweite Weltkrieg. Millionen Menschen hatten ihr Leben verloren – etwa sechs Millionen Juden wurden im Holocaust ermordet. Auch in Holzen und der Oelinghauser Heide markierte dieses Datum einen tiefen Einschnitt.
Die deutsche Niederlage bedeutete das Ende des nationalsozialistischen Regimes – für viele Menschen war das zunächst ein Schock. Schwer traumatisierte Männer, Frauen und junge Menschen standen in einem weitgehend zerstörten Land und wussten nicht, wie es weitergehen sollte. Erst langsam setzte sich die Erkenntnis durch: Deutschland hatte den Krieg begonnen, ihn verloren – und war verantwortlich für das Leiden und Sterben von Millionen Opfern.
Zeitzeugen werden rar
Nur wenige Menschen in Holzen und der Oelinghauser Heide leben heute noch, die den Krieg bewusst miterlebt haben. Umso wichtiger ist die Erinnerungsarbeit vor Ort. Seit über 30 Jahren sammelt der Arbeitskreis Ortsgeschichte Holzen Berichte, Fotos, Dokumente und Tonaufnahmen. Teile dieser Sammlung wurden bereits in der Ortschronik Tüsken Linne un Lüer – Zwischen Kirchlinde und Lüerwald veröffentlicht. Eine umfassendere Darstellung zur NS-Zeit ist in den nächsten Jahren geplant.
Der 13. April 1945 – das Ende des Krieges in Holzen
In Holzen rückten bereits am 13. April 1945 amerikanische Truppen ein. Der Widerstand der Wehrmacht war schwach – ein letzter Versuch, zwischen Mimberge, Oelinghauser Heide, Dreisborn und Oelinghausen eine Verteidigungslinie aufzubauen, scheiterte. Durch das massive Vordringen der US-Armee von Norden/Nordosten (Herdringen) und Osten (Röhrtal) wurde Holzen weitgehend kampflos eingenommen. In Eisborn (heute Balve) und im benachbarten Albringen kam es noch zu Gefechten mit versprengten Truppenteilen. Viele Einwohner hängten weiße Fahnen aus ihren Fenstern. Die Schule wurde zeitweise zum Gefechtsstand, zahlreiche Bewohner mussten ihre Häuser verlassen, um Platz für amerikanische Soldaten zu machen.
Das nationalsozialistische System brach zusammen. Für jene, die daran geglaubt hatten – ein Schock. Viele Dorfbewohner, die schon länger keinen Sieg mehr erwarteten, waren schlicht froh, dass der Krieg vorbei war. Die Sorge um das Überleben, vermisste Angehörige und eine ungewisse Zukunft prägten die ersten Nachkriegstage. Viele empfanden den verlorenen Krieg zunächst als Niederlage – nicht als Befreiung von einem unmenschlichen System.
Der „Krieg nach dem Krieg“
Nach dem Einmarsch der Amerikaner begann für Holzen der „Krieg nach dem Krieg“. Zahlreiche Zwangsarbeiter aus den Lagern Rauerfeld, Hönnetal und am Bahnhof Neheim-Hüsten wurden zwar befreit, aber von den Besatzern weitgehend sich selbst überlassen. Einige durchstreiften plündernd und teils gewalttätig die Region – oft suchten sie gezielt die Höfe und Betriebe auf, in denen sie zuvor Zwangsarbeit geleistet hatten. Doch es gab auch Solidarität: In einigen Fällen schützten ehemalige Fremdarbeiter ihre früheren Gastgeberfamilien vor Übergriffen.
Die Unruhen hielten bis in den Herbst 1945 an. Am 23. Oktober erschütterte ein dreifacher Mord in der Oelinghauser Mühle die Region. Erst mit der Rückführung der Zwangsarbeiter in ihre Heimatländer kehrte wieder Ruhe ein.
13 Jahre Nationalsozialismus hatten tiefe Spuren in der Bevölkerung hinterlassen. Es dauerte viele Jahre, bis sich das Gefühl der Niederlage langsam in ein Verständnis von Befreiung wandelte.
(Quelle: Arbeitskreis Ortsgeschichte Holzen)