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Vogel: Bürokratie-Tassen im Schrank lassen

Bürgermeister Hans Josef Vogel
Bür­ger­meis­ter Hans Josef Vogel

Arns­berg. Unter der Über­schrift „Das Enga­ge­ment stär­ken und nicht schwä­chen!“ hat Arns­bergs Bür­ger­meis­ter Hans-Josef Vogel bei der  Kreis­ver­samm­lung des Kreis­schüt­zen­bun­des Arns­berg e.V. am 15. März in Uen­trop ein viel­be­acht­tes Gruß­wort gehal­ten, in dem er fort­schrei­ten­de Ver­bü­ro­kra­ti­sie­rung und Regu­lie­rung vom Schüt­zen­we­sen bis zum öffent­li­chen Rasen­mä­hen anpran­ger­te und for­der­te: „Lasst die Büro­kra­tie-Tas­sen im Schrank! Es reicht jetzt.“
Hier das Gruß­wort im Wortlaut:

I.
Erlau­ben Sie mir, kurz die zuneh­men­de „Ver­bü­ro­kra­ti­sie­rung“ des Schüt­zen­we­sens durch den Staat anzusprechen.
Wir erle­ben alle – auch die Kom­mu­nen –, wie eine „von oben“ in Gang gesetz­te neue Büro­kra­tie zuneh­mend gegen das Ehren­amt, gegen das bür­ger­schaft­li­che Enga­ge­ment im tra­di­tio­nel­len Schüt­zen­we­sen wirkt. Das beginnt beim Vogel­schie­ßen, geht wei­ter bei den tra­di­tio­nel­len Umzü­gen und endet beim Fei­ern in Zel­ten und Hallen.
Wer die Kom­bi­na­ti­on der Stich­wor­te „Büro­kra­tie“ und „Fes­te“ goo­gelt, kann lesen, dass wir über­all im Land eine Gren­ze der Büro­kra­tie erreicht, ja bereits über­schrit­ten haben. Er kann lesen, dass neue Auf­la­gen, neue Ver­kehrs­si­che­rungs­pflich­ten und neue Ver­si­che­rungs­stan­dards Bür­ger­en­ga­ge­ment in Fra­ge stel­len und tra­di­tio­nel­le Fes­te tat­säch­lich nicht mehr orga­ni­siert wer­den, die bis­lang ohne Pro­ble­me gelau­fen sind. Das Büro­kra­tie-Maß ist voll – ja das kann man heu­te sagen.
Wie zum Bei­spiel beim Wein­fest in Stutt­gart-Deger­loch. Nach Jah­ren wur­de das Wein­fest jetzt abge­sagt wegen der Auf­la­ge einer drei Meter Feu­er­wehr­gas­se auf einem viel schma­le­ren Weg. Im Land­kreis Starn­berg nimmt die Zahl der Tra­di­ti­ons­fes­te wegen Regu­lie­run­gen „von oben“ ab, schreibt dort die Regio­nal­zei­tung. Ver­schärf­te Auf­la­gen sei­en der „Tod“ der Mai- und Stadt­fes­te. In Han­no­ver klagt man …. Und, und, und.
II.
Wir brau­chen kei­ne Schwä­chung, wir brau­chen eine Stär­kung des Enga­ge­ments von Bür­ge­rin­nen und Bür­gern. Wir brau­chen mehr Selbst­or­ga­ni­sa­ti­on und nicht weni­ger. So ist auch das Schüt­zen­we­sen unse­rer Regi­on ein öffent­li­ches Gut, das Men­schen seit Jahr­hun­der­ten fried­lich zusam­men­führt und zur Lebens­art bei uns in Arns­berg und im Sau­er­land zählt, weil es selbst orga­ni­siert wird.
Mit der Regu­lie­rung des Schüt­zen­vo­gels geht es ja jetzt wie­der von Neu­em los. Die staat­li­che Anord­nung pri­va­ter Sicher­heits­diens­te sowie pri­va­ter Warn­fahr­zeu­ge statt Poli­zei und Poli­zei­ruf, weil es offen­kun­dig zu wenig Poli­zei­be­am­te gibt.
Ein soge­nann­ter „Ori­en­tie­rungs­rah­men“ des Minis­te­ri­ums für Inne­res und Kom­mu­na­les des Lan­des Nord­rhein-West­fa­len „für Groß­ver­an­stal­tun­gen im Frei­en – für die kom­mu­na­le Pla­nung, Geneh­mi­gung, Durch­füh­rung und Nach­be­ra­tung“ (über 63 Sei­ten dick!) schlägt durch, ent­wi­ckelt eine eige­ne Dyna­mik, die nicht unter­schei­det zwi­schen Groß­stadt­en­ge, Dör­fern, Klein- und Mit­tel­städ­ten. Wir erle­ben das auch bei der Bewer­bung für den „NRW-Tag“.
Nach dem Mot­to: Wenn in Aus­tra­li­en ein Puff abbrennt, wird in Müns­ter das Non­nen­klos­ter nach­ge­rüs­tet.  Nach dem Mot­to: Die Bür­ger sind zwar kei­ne Unter­ta­nen mehr, aber sie sind Unbeholfene.
Oder es fehlt das Bewusst­sein, dass bestimm­te Ent­schei­dun­gen unge­wollt mehr Büro­kra­tie in den Kom­mu­nen zur Fol­ge haben.
Noch mehr aber fehlt das Bewusst­sein, dass es mit mehr Vor­ga­ben, Rege­lun­gen und Regu­lie­run­gen trotz­dem kei­ne abso­lu­te Sicher­heit gibt, weil die Lebens­wirk­lich­kei­ten viel­fäl­tig sind und die Aus­nah­me eben nicht gere­gelt wer­den kann.
Oder es fehlt die Gesamt­schau. Für jede ein­zel­ne Maß­nah­me wer­den Grün­de vor­ge­tra­gen, aber die Regu­lie­run­gen zusam­men genom­men blo­ckie­ren Enga­ge­ment:  Vor­ga­ben vom Gesetz­ge­ber, von der Minis­te­ri­al-Büro­kra­tie, aber auch von Gerich­ten oder von Ver­si­che­rungs­un­ter­neh­men. Es gibt vie­le Regu­lie­rer. Die Kom­mu­nen erfin­den das nicht. Im Gegenteil.
Wir – Schüt­zen und Kom­mu­nen – sit­zen in einem gemein­sa­men Boot. Und wir soll­ten gemein­sam for­dern: „Lasst die Büro­kra­tie-Tas­sen im Schrank! Es reicht jetzt.“
Ein Bei­spiel für die Fest­le­gung neu­er Ver­kehrs­si­che­rungs­pflich­ten bzw. Maß­nah­men durch Gerichts­ur­teil habe ich ges­tern gele­sen. Es geht um ein Urteil, das dafür sorgt, dass Rasen­mä­hen in den Städ­ten zu einem „Groß­pro­jekt“ wird.  Nach­dem beim Mähen einer öffent­li­chen Rasen­flä­che ein klei­ner Stein an einem Auto einen klei­nen Lack­scha­den ver­ur­sach­te, sol­len jetzt alle beim Rasen­mä­hen Fang­net­ze um das öffent­li­che Grün her­um span­nen.  Alter­na­tiv kön­nen aber auch – so das Gericht – Stra­ßen gesperrt wer­den. Oder die Kom­mu­nen kön­nen eige­ne Wach- und Warn­mit­ar­bei­ter pos­tie­ren, die den Rasen im Auge behal­ten und zugleich her­an­na­hen­de Pkw’s warnen.
Sehr geehr­te Damen und Her­ren, Sie erken­nen die inne­re Sys­te­ma­tik und Ver­gleich­bar­keit mit den Vor­ga­ben, die das Schüt­zen­we­sen betref­fen. Ganz im Unter­schied dazu läuft die gemein­sa­me Vor­be­rei­tung des Kreis­schüt­zen­fes­tes 2014 gut.  Ich freue mich auf das Kreis­schüt­zen­fest vom 19. bis 21. Sep­tem­ber 2014 und darf Sie mit der Arns­ber­ger Bür­ger­schüt­zen­ge­sell­schaft ganz herz­lich ins his­to­ri­sche Arns­berg ein­la­den.  Herz­li­chen Dank an alle, die die­ses gro­ße Fest vor­be­rei­ten. Herz­li­chen Dank an alle, die das Schüt­zen­we­sen wei­ter – trotz neu­er Vor­schrif­ten – in die Zukunft tra­gen. Wir wer­den sie als Stadt unter­stüt­zen. Und herz­li­chen Dank an alle für Ihre Aufmerksamkeit.

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