Neheim. „Viele spannende und aufregende Fälle und eine riesige Themenpalette“ – Marlies Albus und ihr Team von der Beratungsstelle Arnsberg der Verbraucherzentrale brauchen sich über genug Arbeit keine Sorge zu machen. Auch im letzten Jahr haben wieder in fast 8000 Fällen Bürger Recht und Rat bei der Verbraucherzentrale gesucht, am Telefon oder persönlich in der Neheimer Burgstraße. In 1309 Fällen blieb es nicht bei einer Auskunft oder Information, hier ging die Verbraucherzentrale mit oft erheblichem Aufwand der Frage nach, ob eine Forderung in dieser Höhe oder überhaupt berechtigt war.
Partnervermittlung holte 8000 Euro bei 92-Jährigem in bar ab
Die Masche der fragwürdigen Gewinnspiele, die vom überraschten „Gewinner“ erst einmal eine Geldzahlung haben wollten, ist zwar abgeklungen, dennoch gibt es genug alte und neue Tricks. Nach wie vor ein Ärgernis sind die Kaffeefahrten. Im Falle eines älteren Arnsberger Ehepaars, die bei einer Kaffeefahrt „3000 Euro für nichts“ bezahlt hätten, habe man sogar die Polizei einschalten müssen, so Marlies Albus. Dieser Fall ist ebenso noch nicht abgeschlossen wie der eines 92-jährigen Arnsbergers, der 8000 Euro an ein Partnervermittlungsinstitut gezahlt hatte. Der noch sehr rüstige Mann habe eine Frau für gemeinsame Reisen gesucht und sich auf eine Anzeige eines Instituts aus dem Rheinland gemeldet, berichtet die Verbraucherberaterin. Daraufhin sei sofort ein Mitarbeiter des bereits früher schon abgemahnten Instituts ins Sauerland gekommen, habe sich mit dem 92-Jährigen in einem Neheimer Restaurant getroffen und ihn so lange bearbeitet, bis dieser zur Bank ging und die geforderte hohe Summe in bar bezahlte. Als die Tochter die Abbuchung von 8000 Euro bemerkte, habe der 92-Jährige die Zahlung rückgängig machen wollen. Dies sei, so Marlies Albus, im Rahmen des gesetzlichen Rücktrittsrechts bei Haustürgeschäften innerhalb von 14 Tagen möglich, doch die Firma habe bislang die Rückzahlung abgelehnt.
Bei der Rückzahlung von Guthaben oder bei der Verrechnung von versprochenen Bonuszahlungen haben die Verbraucher häufig Probleme mit ihren Energieanbietern. Denn der Energiemarkt ist neben der Telekommunikation der Spitzenreiter auf der Liste der Fallzahlen. So konnte die Verbraucherzentrale einem Kunden helfen, der für ein Jahr ein festes Energiepaket gebucht hatte, dann aber überraschend im Laufe des Jahres umziehen musste. Letztlich musste er nicht die bestellte, sondern nur die verbrauchte Energie zahlen. Helfen konnte die Verbraucherberatung auch einem Energiekunden, der die Zahlung seiner Abschläge eingestellt hatte, weil er keine Jahresabrechnung bekommen hatte und plötzlich andere Abschläge zahlen musste. Er hatte bereits das erste Schreiben eines Inkassobüros auf dem Tisch. Bei ihren Nachforschungen stellte die Verbraucherberatung fest, dass der Verbraucher seinen Vertrag im Internet abgeschlossen hatte und Rechnungen nur per Email und nicht mehr per Post bekam. Die Online-Jahresrechnung war bei ihm aber nicht angekommen, weil er kurzfristig seine Email-Adresse gewechselt hatte. Der Verbraucher zahlte seine verbrauchte Energie ordnungsgemäß nach, musste aber für die Inkassokosten nicht aufkommen.
Hohe Fallzahlen bei Telekom, Vodaphone und RWE
Bei der Lösung vieler Fälle mache es sich positiv bemerkbar, dass etwa die großen Telekommunikationsfirmen spezielle Ansprechpartner für den Kontakt zur Verbraucherzentrale haben, sagt Angelika Walter, die Rechtsexpertin der Beratungsstelle Arnsberg, die 50 Fälle mehr als im Vorjahr auf ihrem Schreibtisch hatte und immer häufiger auch drei oder vier Mal schreiben muss, bis es ein Ergebnis gibt. Bei der in diesem Jahr erstmals erstellten Statistik der größten Fallzahlen stehen die Marktführer ganz oben. Bei der Telekommunikation sind dies die Deutsche Telekom und Vodaphone, im Energiesektor die RWE. Letzteres läge wohl daran, dass die RWE in Arnsberg und Sundern der Grundversorger für einen großen Teil der Bevölkerung sei, in anderen Städten böte sich ein anderes Bild. Allein rund 150 RWE-Kunden meldeten sich bei der Beratungsstelle nach einem Urteil des Bundesgerichtshofs, das Preisanpassungsklauseln von Gasverträgen für unzulässig erklärt hatte. Eigentlich, so Angelika Walter, habe man nach diesem von der Verbraucherzentrale überregional erwirkten Urteil aber mit noch mehr Anfragen gerechnet.
Jugendliche tappen oft arglos in Abofallen
Auch das Gewährleistungsrecht gibt immer wieder Anlass zu Beschwerden. So hatte ein Computerversand von einem Arnsberger Kunden, der nach einem halben Jahr ein Gerät mit Mängeln zurückschicken wollte, das Mitschicken eines Gutachtens eines vereidigten Sachverständigen verlangt – natürlich zu Unrecht. Immer wieder, so Marlies Albus, müsse sie feststellen, dass Jugendliche, die technisch total fit sind, arglos in Abofallen tappen. Hier seien die Fälle, die bei der Verbraucherberatung ankommen, allenfalls die Spitze des Eisbergs.
Enorme Zuwachsraten – in Arnsberg im letzten Jahr glatte 100 Prozent – gibt es bei Kundenanfragen zu Phishing-Mails, die Verbrauchern im Internet Kontonummer, Passwörter, TAN-Nummer und andere Geheimnisse entlocken wollen. Zu diesem Thema gibt es bei der Beratungsstelle einen druckfrischen Flyer, der Tipps gibt, seinen Computer vor Viren und Trojanern zu schützen, und auf das Phishing-Radar der Verbraucherzentrale NRW verweist.
Gerne zitiert Marlies Albus die Ergebnisse eines Meinungsforschungsinstituts, demzufolge 96 Prozent der Bevölkerung die Verbraucherzentrale kennen und über 90 Prozent ihre Arbeit als „nützlich, glaubwürdig und kompetent“ bewerten. das höre man gerne, wenn man so erfolgreich arbeite.
Energieberatung Sonderaktion „Im Sommer zu heiß“
Ein besonderes Segment der Verbraucherberatung bedient in Arnsberg schon seit vielen Jahren Energieberater Dr. Johannes Spruth an Infoständen in Fußgängerzonen und auf Messen, beim Energiestammtisch, der im Herbst sein 175. Jubiläum feiert, oder bei seinen jährlich rund 100 Hausbesuchen. Seine Vorschläge für Energieeinsparung und Energieeffizienz haben nach seiner Schätzung im vergangenen Jahr wieder Investitionen von etwa 3 Millionen Euro sowie die Einsparung von 1400 Tonnen Kohlendioxid ausgelöst. Passen zu den in der kommenden Woche erwarteten hochsommerlichen Temperaturen bietet Dr. Spruth in diesem Sommer eine Aktion „Im Sommer zu heiß“ an. dann will er mit seiner Thermokamera insbesondere in Dachgeschosswohnungen auf die Jagd nach Schwachstellen bei Dachdämmung und Sonnenschutz. gehen.Für 60 Euro gibt es eine anderthalbstündige Vor-Ort-Beratung mit Sanierungsfahrplan und bis zu drei Wärmebildern. Termine machen nur Sinn, wenn es zwei bis drei tage lang mindestens 25 Grad warm ist und können kurzfristig unter Tel. 02932 – 51097–05 oder der Hotline 51097–03 vereinbart werden.
Neue Telefonnummern
Nicht nur die Energieberatung hat mit 02932 51097–05 eine neue Telefonnummer, auch die Verbraucherberatung ist ab sofort über eine neue Telefonanlage unter 02932 51097–01 erreichbar. Die alten Telefonnummer sind noch bis August freigeschaltet, dort gibt es aber nur noch eine Bandansage mit der neuen Nummer.