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Unterhaltsame Reise zu den Untiefen deutscher Politik

Die Volks­bank-Vor­stän­de Dr. Flo­ri­an Mül­ler und Micha­el Reitz (l) mit dem Red­ner des Volks­bank-Dia­log, Dr. Gre­gor Gysi, der sich in der Stadt­hal­le Mesche­de über die Untie­fen in Poli­tik und Gesell­schaft aus­ließ. (Foto: Volksbank)

Meschede/HSK. „Man wird ja bekloppt, wenn man alles beach­tet, was in der Welt los ist“, sag­te der Star­gast des Abends beim Volks­bank Dia­log. Und auf so einen Ein­stieg des Poli­ti­ker Gre­gor Gysi in einen äußerst unter­halt­sa­men Abend hat­ten die rund 600 Gäs­te in der Stadt­hal­le Mesche­de nur gewar­tet. Der Lin­ke-Poli­ti­ker nahm sie für fast ein­ein­halb Stun­den alle mit auf eine Rei­se zu den Untie­fen der deut­schen Poli­tik. Dabei ging Gysi nicht nur mit den poli­ti­schen Mit­be­wer­bern ins Gericht, son­dern lis­te­te auch Feh­ler in den eige­nen Rei­hen auf.

Über 600 Gäste in neuer Mescheder Stadthalle

Aus sei­ner Vor­freun­de auf einen span­nen­den Abend mach­te Dr. Flo­ri­an Mül­ler, Vor­stands­mit­glied der Volks­bank Sau­er­land, kei­nen Hehl. Eine in neu­em Glanz strah­len­des Stadt­hal­le Mesche­de sei für die Volks­bank genau der pas­sen­den Ver­an­stal­tungs­ort. Hier wol­le man im Rah­men der Dia­log-Rei­he wie­der einen span­nen­den Impuls­vor­trag bie­ten, der mit wich­ti­gen The­men der Zeit zum Nach­den­ken anre­gen sol­le. Dr. Mül­ler beton­te, dass es nach einem Vor­tag zur Hirn­for­schung nun zu den The­men der Welt­po­li­tik gehen sol­le. Ganz bewusst sei der unter das Mot­to „Her­aus­for­de­rung Glo­ba­li­sie­rung – Chan­cen und Risi­ken für unse­re Gesell­schaft und den Mit­tel­stand in Zei­ten von Brexit und Trump“.

Gregor Gysi ein brillanter Redner

Beim Volks­bank Dia­log begeis­tert Dr. Gre­gor Gysi mit sei­nem Vor­trag über 600 Gäs­te in der Stadt­hal­le Mesche­de. (Foto: Volksbank)

Die rund 90 Minu­ten des Vor­tags von Dr. Gre­gor Gysi – soviel Zeit muss sein – ver­gin­gen in der Stadt­hal­le wie im Flu­ge, was sicher auch sei­nem stak­ka­to­ar­ti­gen Rede­stil geschul­det war. Ein­mal mehr stell­te der Red­ner sei­ne Bril­lanz in die­sem Hand­werk unter Beweis. So star­te­te Gysi nur mit einer kur­zen Selbst-Vor­stel­lung und beschrieb, war­um der gelern­te Rin­der­züch­ter die­sen Aus­bil­dungs­weg gegan­gen ist. Ja, sein Vater habe ihm dazu gera­ten, weil es für einen „Cow­boy“ über­all in der Welt einen Job gebe. Schnell, so Gysi, habe er gemerkt, dass es auch für die Poli­tik hilf­reich sei. „Ich kann aus­mis­ten, mel­ken und mit Hor­noch­sen umge­hen“, so Gysi. Kei­ne drei Minu­ten, und er hat­te das Publi­kum eingefangen.

„Jedes Problem der Welt kommt auch zu den Deutschen“

Nur kurz blick­te Gre­gor Gysi über den Teich, zuerst nach Ame­ri­ka, wo ein Prä­si­dent mit offen­sicht­li­chem Min­der­wer­tig­keits­kom­plex regie­re. Dann auch noch nach Eng­land, wo die Erfin­der der Demo­kra­tie jetzt mit dem Brexit auf dem Weg sei­en, damit den Pfad der Tugen­den zu ver­las­sen. Soviel kön­ne man jedoch gewiss sein, so Gysi: Jedes Pro­blem der Erde kom­me auch zu den Deut­schen. Damit war er schnell bei dem The­ma ange­langt, dass den Kern sei­nes Vor­tra­ges bil­de­te, die Poli­tik in Deutsch­land. Eine Zäsur mach­te Gysi in den Land­tags­wah­len von 2019 fest, die die poli­ti­sche Land­schaft ver­än­dert hät­ten. Doch trotz eines Unter­schie­des zur Dik­ta­tur, blei­be in Deutsch­land die Lage nach den Wah­len unver­än­dert. „Poli­ti­ker machen ein­fach so wei­ter“, erklär­te Gysi, in Hes­sen und Thü­rin­gen zum Bei­spiel gebe es kei­ne Frist zur Regierungsbildung.

„Zeit der Volksparteien geht zu Ende“

Das gro­ße Pro­blem der SPD in der Gro­ko sei, dass sei kei­ne Alter­na­ti­ve zur CDU dar­stel­le. Vor Jahr­zehn­ten habe es noch unter­schied­li­che Gesell­schafts­an­sät­ze gege­ben, die er jetzt ver­mis­se. Damit, so Gysi, gehe auch die Zeit der Volks­par­tei­en zu Ende, weil sie kei­nen ech­ten poli­ti­schen Wett­streit mehr garan­tie­ren könn­ten. Über­haupt sei die Regie­rungs­ar­beit auch immer schwie­ri­ger gewor­den. Längst schon lie­ßen sich die viel­fäl­ti­gen Inter­es­sen in Deutsch­land nicht mehr in nur zwei Par­tei­en abbil­den. Bei sei­ner Par­tei, den Lin­ken, erkann­te er das Schwä­cheln wegen des Unter­gangs des Staatssozialismus.

Mehr Bürgerwille

Neben sei­en all­ge­mei­nen Beob­ach­tun­gen zur Poli­tik wur­de Gysi mit sei­nen Vor­schlä­gen auch ganz kon­kret. Um dem Wil­len der Bür­ger mehr Nach­druck zu ver­lei­hen schlug der Poli­ti­ker vor, das Recht zu dre­hen: Die Behör­den müss­ten ver­pflich­tet wer­den, ihre Wider­sprü­che zu den Vor­schlä­gen der Bür­ger zu for­mu­lie­ren. Wenn nicht, wür­de der Bür­ger-Vor­schlag Gesetz. Als Nach­teil des oft­mals pro­pa­gier­ten „schlan­ken Staats“ kri­ti­sier­te Gysi, dass sich die Ämter in Fra­gen von Kul­tur oder Staat aus ihrer Ver­ant­wor­tung zie­hen wür­den. Zudem füh­re der dazu, dass die dörf­li­chen Struk­tu­ren ver­nach­läs­sigt würden.

Kritik an Rechtspopulismus

Deut­lich Kri­tik äußer­te der Lin­ken-Poli­ti­ker mit Blick auf die rechts­po­pu­lis­ti­schen Ent­wick­lun­gen in Deutsch­land. „Wer Leu­te in der Nähe der Nazis wählt, der ist auch für die dar­aus ent­ste­hen­den Ten­den­zen ver­ant­wort­lich“, sag­te Gysi und bekam lau­ten Bei­fall im Saal. Auch dass das Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt die NPD als Par­tei wegen ihrer zu gerin­gen Grö­ße nicht ver­bie­ten kön­ne, mache ihm sor­ge. Wenn sie erst eine bestimm­te Grö­ße erreicht habe, sei es auch nicht mehr mög­lich. Die unglei­che Ver­tei­lung des Wohl­stands mach­te er am fal­schen Steu­er­sys­tem fest. Vor allem der Mit­tel­stand müs­se einen Groß­teil der Kos­ten für den Staat auf­brin­gen, wäh­rend die Gro­ßen nicht her­an­ge­zo­gen wür­den. „Wir brau­chen mehr Gerech­tig­keit für die Mit­te“, so Gysi. In Deutsch­land wür­den nur zehn Pro­zent der Men­schen über 52 Pro­zent des gesam­ten Kapi­tals verfügen.

Schwarze Null, Pflege, Klima

Der Gast der Volks­bank Sau­er­land hat­te sich schließ­lich so rich­tig in einen „Rausch“ gere­det. Er kri­ti­sier­te das „sexu­ell-ero­ti­sche Ver­hält­nis“ der Regie­rung zur schwar­zen Null und for­der­te eine wirk­sa­me Reform in der Pfle­ge. Die müs­se so pro­fes­sio­na­li­siert wer­den, dass nicht mehr die Sekun­den zäh­len dürf­ten. In der Kri­tik an der Kli­ma­po­li­tik sieht Gysi schon Erfol­ge. Gre­ta Thun­berg habe es geschafft, dass die Jugend von den Poli­ti­kern ein­for­dert, end­lich für sie Poli­tik zu machen. In einer klei­nen Dis­kus­si­ons­run­de zum Abschluss kri­ti­sier­te der Gast, dass die Vor­zü­ge in der DDR von West­deutsch­land nicht gewür­digt wor­den sei­en. Und er gab sei­nem Publi­kum noch Rat­schlä­ge für gutes Altern: „Die Alten müs­sen ler­nen, die Pri­vi­le­gi­en ihres Alterns zu genie­ßen und soll­ten nicht gei­zig gegen sich sel­ber sein!“

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