Sundern. Es war eine knappe Entscheidung, und es war einmal eine Entscheidung, bei der sich die „neue gestalterische Mehrheit“ von SPD, WISU, FDP, Grünen und Linker auf der einen Seite und die neue Opposition der CDU-Fraktion plus Ausgetretener jeweils geschlossen gegenüber standen. Mit 20 Ja- und 17 Nein-Stimmen erklärte der Rat die Absicht, ein „Kultur‑, Begegnungs- und Bildungszentrum zur zukunftsfähigen und nachhaltigen Integrationsarbeit“ zu errichten und dafür das Gastwelten-Gebäude an der Mescheder Straße zu erwerben und auszubauen. Zudem beauftragte er die Verwaltung, beim Land einen entsprechenden Förderantrag zu stellen.
CDU: Fördertöpfe sprudeln auch noch später
Für das aktuelle Sonderprogramm „Hilfen im Städtebau zur Integration von Flüchtlingen“ mit seinen attraktiven Konditionen endet die Antragsfrist am Freitag dieser Woche. Ein Grund für Bürgermeister Ralph Brodel und Kämmerin Ursula Schnelle, auch nachts nach elf Uhr noch auf eine Entscheidung des Rats zu drängen. Eine Entscheidung, die die CDU nicht mit tragen wollte, nachdem sie erfolgreich beantragt hatte, dass der Punkt im öffentlichen und nicht wie vorgesehen im nichtöffentlchen Teil der Ratssitzung behandelt wurde. Das Nein bedeute nicht, dass die CDU das Projekt nicht gut finde, sagte Sebastian Booke, allerdings brauche man mehr Informationen und Zeit für eine Entscheidung und Fördertöpfe würden auch später noch sprudeln. Der fraktionslose Klaus Tolle erinnerte an frühere Leuchtturmprojekte, die man unter Zeitdruck entschieden habe, und die Prügel, die man am Ende dafür bekommen habe. CDU-Fraktionschef Stefan Lange fürchtete, dass man mit einer Entscheidung zum jetzigen Zeitpunkt ein Projekt zunichte machen könnte, dass möglicherweise mehr für die Stadtentwicklung bringe. Denn es gebe vielversprechende private Entwicklungen, zu denen er an dieser Stelle allerdings nicht mehr sagen könne. Doch er forderte Bürgermeister Brodel auf, den Betreffenden die Möglichkeit zu geben, jetzt das Visier herunter zu lassen.
Soziales und kulturelles Zentrum für Alle
Der Bürgermeister sagte, auch er habe gehört, dass es ein, zwei private Interessenten für die Gastwelten-Immobilie gebe. Und es interessiere ihn sehr, was die vorhaben. Was er selbst vor hat, legte er den Ratsmitgliedern in wenigen Sätzen dar: ein soziales und kulturelles Zentrum für alle Menschen in Sundern schaffen. Die Gastwelten-Immobilie mit über 2000 Quadratmetern Fläche in direktem Anschluss ans Rathaus sei ein idealer und zentraler Standort dafür.
VHS, Bibliothek und Stadtgalerie an einem Ort
Im Gastwelten-Gebäude sollen die Koordinierungsstelle AGMaF (Arbeitsgruppe Menschen auf der Flucht) das Bürgernetzwerk Flüchtlingshilfe Sundern, das Büro zur Unterstützung des ehrenamtlichen Engagements in Sundern und das Jugendbüro eigene Büros bekommen. Die Geschäftsstelle der Volkshochschule und des Stadtmarketing, die Stadtbibliothek, die Stadtgalerie sowie die Ausstellung im Heinrich-Lübke-Haus in Enkhausen könnten dorthin umziehen. Dazu könnte ein Begegnungszentrum mit Café und Terrasse geschaffen werden. Der teure Mietvertrag mit der Stadtgalerie müsste nicht verlängert werden und städtische Gebäude könnten verkauft oder auch vorübergehend als Wohnraum für Flüchtlinge genutzt werden. In der Stadtbibliothek könnte das lange geforderte Ärztehaus entstehen.
Kämmerin: „Sofort rentierlich“
Kämmerin Ursula Schnelle sagte, das Projekt sei sofort rentierlich, wenn man die Landesförderung in Höhe von 80 Prozent bekomme. Sie rechnete mit einem Kaufpreis von 550.000 Euro und Baukosten von 1,3 Millionen Euro. Wenn 2016 gekauft und 2017 und 2018 gebaut werde, müsse die Stadt in diesen drei Jahren etwa 460.000 Euro aus Eigenmitteln aufbringen. Dem ständen aber auch jährliche Einsparungen im sechsstelligen Bereich gegenüber.
Absichten kann man ändern
Die Fraktionen der „gestalterischen Mehrheit“ waren sich einig, die Möglichkeiten des Sonderprogramms mit seiner 80-Prozent-Förderung nicht untätig verstreichen zu lassen. Einen Blankobeschluss wollten sie aber auch nicht treffen. „Nur eine Absichtserklärung,“ so Toni Becker (Grüne). Die Möglichkeiten, dass Sundern die Förderung nicht bekommt oder dass der Preis der Immobilie in die Höhe schnellt, sollten ebenso noch Berücksichtigung finden können wie ein alternatives privates Nutzungskonzept. Mit dem juristischen Sachverstand von Sabine Riechert-Rother wurde umformuliert: statt „Der Rat beschließt…“ jetzt „Der Rat beabsichtigt…“ Denn: „Absichten kann man ändern!“, so die FDP-Ratsfrau.