Sundern. Der Rat der Stadt Sundern hat sich am Donnerstag zu einer Sondersitzung getroffen. Die war vom Bürgermeister der Stadt einberufen worden, um trotz der Bestimmungen rund um die Ausbreitung des Corona-Virus Entscheidungen der Politik vom Rat nachträglich absichern zu lassen sowie um über wichtige Entscheidungen bezügliche des umstrittenen Ferienparks in Amecke zu entscheiden. Wegen der verordneten Abstandsregelung war die Ratssitzung in die Schützenhalle nach Stockum verlegt worden. Mehrheitlich entschieden sich dort die Ratsmitglieder nach aufgeregter Diskussion, den Bebauungsplan für das Ferienhausgebiet aufzuheben. Einer Rechtsauskunft der Bezirksregierung nach, vereinbarte man gleichzeitig, die Neuaufstellung des Plans in einem Verfahren anzugehen.
Aufhebung des Bebauungsplans und Neuaufstellung in einem Verfahren
Unter Wahrung des nötigen Sicherheitsabstands wurden die Teilnehmer an der Sitzung – Rats- und Verwaltungsmitglieder sowie Besucher – nur einzeln von Mitarbeitern des Ordnungsamtes der Stadt Sundern in die Schützenhalle gelassen. Mit Namen und Adresse mussten sich die Teilnehmer auf Zettel eintragen und nach dem Desinfizieren der Hände auch einen Mundschutz anlegen, der die ganze Zeit zu tragen war. Mit rund 20 interessierten Bürgern waren jedoch deutlich weniger Besucher gekommen, als von den Mitarbeitern der Stadtverwaltung erwartet. Die Stühle im ausgelagerten „Ratssaal“ waren so gestellt, dass der Mindestabstand eingehalten werden konnte. Der Akustik in der Halle war diese Konstellation weniger zuträglich.
Entscheidung lange kontrovers diskutiert
Lauter – und damit besser zu verstehen – ging es allerdings zu beim wohl wichtigsten Tagesordnungspunkt, der Entscheidung über die Aufhebung des Bebauungsplans „A 26“ für die Ferienhausanlage in Amecke. Nachdem ein neuer Investor schon im Januar das 233.000 Quadratmeter großes Areal gekauft und mit der Planung von 350 Ferienhäusern und ‑wohnungen begonnen hatte, war bereits auf der letzten Ratssitzung über die Möglichkeiten beraten worden, dies zu verhindern. Wie sich zuvor schon abgezeichnet hatte, wurde zunächst kontrovers diskutiert.
Schadensersatzforderungen nicht zu kalkulieren
Ratsmitglied Rüdiger Laufmöller kritisierte als erster, dass Bürgermeister Ralph Brodel offensichtlich nicht auf Gesprächsangebote des Investors, der Fa. Helma Ferienhausimmobilien, reagiert habe. Er warnte im Namen seiner Fraktion vor den nicht zu kalkulierenden Schadensersatzforderungen, die bei einer Aufhebung des Bebauungsplans und damit veränderten Planumsetzung durch den Investor verbunden sein könnten. „Wir sollten für den Investor ein Signal setzten und mit einer Willensbekundung für die Gestaltung eines Ferienparks reagieren“, forderte Läufmöller. Für seine Fraktion wolle er zudem eine namentliche Abstimmung über die Aufhebung des Bebauungsplans, damit die Entscheidungen jedes einzelnen Ratsmitglieds auch später noch nachzuvollziehen seien.
Namentliche Abstimmung beantragt
Massiv ging im Verlauf der Diskussion Ratsmitglied Klaus Tolle den Bürgermeister an. Er wolle wissen, wann es die ersten Kontakte mit der Fa. Helma gegeben habe. „Ich habe das Gefühl, dass hier vorsätzlich Unterlagen zurück gehalten werden“, kritisierte Tolle. Die geplante Aufhebung des Bebauungsplans sei zudem ein verheerendes Zeichen an die Wirtschaft und künftige Investoren in der Stadt. Sie wüssten ja nicht, ob sie sich auf die von der Stadt getroffenen Entscheidungen auch später noch verlassen könnten. Ratsmitglied Tolle warnte davor, dass mit den 1,5 Millionen Euro möglichem Schadenersatz – nach Auskunft ihm unbekannter Rechtsanwälte – wohlmöglich noch nicht der gesamte Umfang der Forderungen berücksichtigt worden sei. „Ich fordere eine lückenlose Aufklärung und die Aufnahme von Gesprächen mit der Firma Helma“, so Tolle.
Gesicht nicht hinter Masken zu verstecken
Mit einer Anspielung auf die von allen Ratsmitgliedern zu tragenden Masken gab Hans Klein (WISU) zu bedenken, dass es hier eine Entscheidung zu treffen geben, für die die Sunderner Politiker nicht ihr Gesicht verstecken müssten. Gesucht werde schließlich nach einer Lösung, die auch in Zukunft funktionsfähig sei. Schadenersatzforderungen würden stets nur eine große Angst schüren, die für eine sachliche Entscheidung hinderlich sein. „Die Gefahr, dass es zu einer persönlichen Haftung der Ratsmitglieder kommt, ist nur ganz gering“, so Klein. Bei allen politischen Entscheidungen gebe es schließlich ein gewisses Risiko. Jetzt sei aber wichtig, eine Entscheidung zu korrigieren, die den Weg zu einem sanften Tourismus in Sundern frei machen könne.
Keinen Wahlkampf in der Diskussion betreiben
Stefan Lange von der CDU-Fraktion schlug seinen Rats-Kolleginnen und ‑Kollegen vor, in der Diskussion keinen Wahlkampf zu betreiben. Er regte an, eine Entscheidung zu treffen, nach der noch einmal neu mit dem Eigentümer verhandelt werden könne. „Die Planungen von 2009 sind nicht mehr der Stadt der Dinge, ein neues Denken ist wichtig“, so Lange vor dem Rat. Auch er gab noch zu bedenken, dass die Aufhebung des Bebauungsplans aber letztendlich kein gutes Zeichen für die Wirtschaft in Sundern sei. Bei der Abstimmung über die Aufhebung würde seine Fraktion einer namentlichen Entscheidung allerdings nicht zustimmen.
Lokalen Tourismus angesichts des Klimawandels stärken
Für die Fraktion der Grünen betonte Ratsmitglied Guido Simon die Wichtigkeit der Entscheidung für seine Fraktion. Auch die Grünen wollten die Entwicklung des Tourismus unterstützen. Dabei gelte es zu berücksichtigen, dass angesichts des Klimawandels eine Stärkung des lokalen Tourismus vor Ort auch vorteilhaft sein könne. Ein Festhalten am Bebauungsplan würde aber Natur in großem Stil zerstören und die Grundlage für sanften Tourismus beeinträchtigen. „Wir sollten grundsätzlich klären, was wir als Stadt an der Sorpe wollen“, so Simon.
Damalige Verabschiedung war falsch
Werner Kaufmann erklärte für die Fraktion „Bürger für Sundern“, dass man der Aufhebung des Bebauungsplans zustimmen wolle. Die damalige Verabschiedung sei falsch gewesen, und man habe der Firma Helma damit Tür und Tor geöffnet. Wenn man sich zugleich mit dem Investor einigen würde, werde es auch zu keinen Regressansprüchen kommen. Auf jeden Fall müssten jetzt Tatsachen geschaffen werden. Noch einmal rief im Anschluss Ratsmitglied Laufmöller die Einigkeit der Ratsmitglieder ins Gedächtnis. „Wir wollen allen nicht den großen Ferienpark, wie er geplant ist“, so der Lokalpolitiker. Deshalb sollten Gespräche mit Helma geführt werden.
Beschluss mit möglichst großer Übereinstimmung
Michael Stechle rief im Namen der SPD-Fraktion dazu auf, einen Beschluss mit möglichst großer Übereinstimmung zu suchen. Die Beschlüsse hinsichtlich eines Ferienparks von 2009 könne man jetzt einfach nicht mehr gelten lassen, so Stechle. Nach deutlich mehr als einer Stunde kontrovers geführter Diskussion fanden die Ratsmitglieder in ihrer Entscheidung doch noch einen Weg: Mehrheitlich wurde die Aufhebung des Bebauungsplans „A46“ verabschiedet und zugleich eine Neuaufstellung in einem Verfahren beschlossen, so wie es in der Rechtsauskunft der Bezirksregierung vorgeschlagen wurde.