Arnsberg. Der 36-jährige Wahl-Berliner Raul Walch hat schon zahlreiche Kunstprojekte im öffentlichen Raum verwirklicht, die sich unter den Begriff „soziale Plastik“ fassen lassen. Bereits 2011 war er in Arnsberg, wo er im Kunstsommer einen alten weißen Mercedes mit einem fahrbahren Springbrunnen präsentierte. Jetzt kommt er mit einer ganz aktuellen Ausstellung ins Lichthaus. Er zeigt die Azimuts, ein spielerisches und farbenfrohes Mobile mit vielfältigen Drachen, die in einem Workshop mit Flüchtlingen in Griechenland entstanden sind.
Synonym für Hoffnung und Wille
Walchs Kunst ist eine Auseinandersetzung mit den Realitäten. Deshalb war er in Fukushima und in Adis Abeba. Und deshalb war er im Februar und März dieses Jahres je zweimal auf der griechischen Insel Lesbos und im Flüchtlingslager Idomeni an der griechisch-mazedonischen Grenze. Begegnungen und Gespräche vor Ort, insbesondere mit den Flüchtlingskindern, haben zur Entwicklung der Azimuts geführt. „Azimut“ ist Arabisch und bedeutet Weg, Bogen oder Brücke, also eine Verbindung. In einer Reihe von Workshops, die auch von internationalen Reportern viel beachtet wurden, hat Walch mit jeweils bis zu 30 Flüchtlingen die Azimuts erstellt. Baumaterialen waren das, was Flüchtlingen an den Stränden und im Lager zurückgelassen hatten. Zeltstangen und Zeltplanen, das PVC der Boote, die Reflektoren der Rettungswesten. „Die farbenfrohen Azimuts kontrastieren die grauenhafte Realität, in der sie entstanden sind. Und sie sind zugleich Synonym für Hoffnung und Wille, sie zu überwinden,“ sagt Raul Walch. Für ihn sind die Azimuts allerdings mehr als spielerische Kunstwerke, haben auch einen praktischen Sinn. Als „Rescue Kites“, also Rettungsdrachen, könnten sie eine Art fliegende Leuchttürme sein, die der Küstenwache zur Markierung und Orientierung dienen und damit zur Rettung Schiffbrüchiger. „Zudem können die Azimuts über Grenzzäune und Stacheldraht fliegen und so zu einem Zeichen der Freiheit werden.“
Sonntag Künstlergespräch und Drachensteigen
Die Ausstellung „Azimut“ im Lichthaus wird am Freitag, 8. April im Anschluss an die Ausstellungseröffnung von Cesare Pietroiusti im Kunstverein (Beginn 19 Uhr, siehe gesonderter Bericht) eröffnet. Nach der Eröffnung bleibt sie bis zum 19. Juni durch die Scheiben des Lichthauses zu sehen. Das Mobile wird von einer Zeitschaltuhr gedreht.
Am Sonntag, 10. April wird Raul Walch um 11 Uhr in einem Künstlergespräch im Kunstverein auch über seine jüngsten Erlebnisse in Griechenland berichten. Um 13 Uhr sollen dann auf dem Lüsenberg etwa 20 Azimuts aufsteigen, wenn der richtige Wind bläst. Mit der Finissage der Ausstellung aus der Sammlung Schroth um 14.30 Uhr im Kloster Wedinghausen direkt neben dem Lichthaus endet ein Sonntag mit gleich drei künstlerischen Highlights.