Sundern. Eigentlich wollten die Sundener Sozialdemokraten an diesem Dienstag ihren Vorsitzenden neu wählen. Doch die Kampfabstimmung ist abgesagt. Der Parteiunterbezirk will stattdessen Ortsvereine zusammenlegen und möglicherweise den Stadtverband auflösen.
Seit mindestens anderthalb Jahren wird die örtliche SPD von Machtkämpfen und Personalquerelen aufgewühlt und gelähmt. Im Mittelpunkt der Auseinandersetzungen stand bisher der Stadtverbandsvorsitzende Serhat Sarikaya. Auf einer außerordentliche Mitgliederversammlung Mitte September entging er nur knapp der Abwahl. Mitte Dezember sollte dann der gesamte Vorstand turnusmäßig neu gewählt werden. Gegen Sarikaya wollte, unterstützt von dessen Gegnern, der noch jüngere Juso Lars Dünnebacke antreten. Aber weil Sarikaya die Einladung nicht ordnungsgemäß verschickte, wurde die Versammlung auf Anordnung des Unterbezirksvorstands auf diesen Dienstag verschoben.
Unterbezirk hat Vorstandswahl abgesetzt
Der hat inzwischen offensichtlich die Geduld verloren, weil er das Hickhack der Sundener Genossen leid ist, sagen Eingeweihte. Deshalb hat der Unterbezirk (UB) nun die Regie übernommen und kurzerhand die Vorstandswahl abgesetzt. Auf der vom UB-Geschäftsführer Karsten Gerlach verschickten Einladung steht stattdessen nach einem Bericht des UB-Vorstands als TOP 3: „Anhörung der Mitglieder bezüglich der, in Erwägung gezogenen Beschlussfassung des Unterbezirksvorstands, Neuabgrenzung einer Gliederung nach §8 (2) OrgStatut, Aufgrund wirtschaftlicher Zweckmäßigkeit“. Dahinter verbirgt sich, dass einige kleinere Ortsvereine aufgrund des Mitgliederückgangs und von Überalterung kaum noch handlungsfähig sind. Absicht könnte aber auch sein, nicht nur einige Ortsvereine zusammenzulegen, sondern alle und so den Stadtverband überflüssig zu machen.
Der hat nach dem Organisationsstatut der Bundespartei ohnehin wenig zu sagen. Die SPD gliedert sich traditionell in Ortsvereine. Darüber stehen die Unterbezirke, Bezirke und Landesverbände. Gemeinde- oder Stadtverbände können fakultativ gebildet werden, haben aber kaum Kompetenzen. In Sundern änderte sich das erst durch die Wahl von Sarikaya zum Vorsitzenden. Er sorgte 2015 durch ein Bündnis mit FDP, Grünen, Linken und der neugebildeten Bürgerliste „Wir sind Sundern“ dafür, dass der Sozialdemokrat Ralph Brodel zum Bürgermeister gewählt und die CDU abgelöst wurde. Das führte jedoch kurioserweise zu anhaltendem Streit in der Partei und zwischen den Ortsvereinen.
Gerlach: „Wir geben dazu keinen Kommentar.“
Auskunft zu seinen Plänen gibt der Unterbezirk nicht – weder den örtlichen Mitgliedern noch der Presse. Geschäftsführer Gerlach sagte auf Anfrage: „Wir geben dazu keinen Kommentar.“ Auch der UB-Vorsitzende Dirk Wiese äußert sich nicht. Und so stochern die Sundener Genossen im Nebel. „Ich habe keine Ahnung, was die vorhaben“, sagt der Vorsitzende des größten Ortsvereins Röhrtal, Bernd Schwens. Anderen geht es genauso.
Nach dem Statut der SPD hat der Unterbezirk das Recht, Ortsvereine neu zu gliedern. Er muss diese dazu lediglich anhören. Das soll offenbar morgen auf der Mitgliederversammlung geschehen. Danach kann der UB „unverzüglich“ die Neukonstituierung der Ortsvereine von sich aus veranlassen. Allerdings ist auf der Versammlung mit erheblichem Widerstand zu rechnen. Friedrich Nagel vom Ortsverein Allendorf, einer der Hauptdrahtzieher gegen Sarikaya, kündigte an, er werde auf der Versammlung zu den Plänen des UB Stellung nehmen. Sein Problem und das anderer Gegner von Sarikaya: Der OV Röhrtal, der den Vorsitzenden bislang unterstützt, stellt aufgrund von Neueintritten vor der aufgeladenen Mitgliederversammlung im September mehr als die Hälfte der Genossen in Sundern. Sein Vorsitzender Schwens hält zwar eine Zusammenlegung einiger kleiner Ortsvereine in den Ortsteilen seit langem für angebracht, weil sie aussgezehrt seien. Aber er und sein Vorstand wollen sich nicht einfach in einer Geheimoperation von oben entmachten lassen. „Andere Ortsvereine können sich unserem gerne anschließen“, sagt er.
Hoffnungen des UB-Vorstands, durch eine Neugliederung die Querelen zu beenden, dürften deshalb nicht aufgehen. Selbst wenn er den Stadtverband auflöst, würden die Auseinandersetzungen wohl nur in die zusammengelegten Ortsvereine oder einen Gesamtortsverein verlagert.
Termindruck vor der Kommunalwahl
Dazu kommt Termindruck. Die Kandidatenliste für die Ratswahl im September muss bald aufgestellt werden. Bislang machten das Vertreter der einzelnen Ortsvereine auf einer Delegiertenversammlung. Solange aber nicht klar ist, wie sich die örtliche SPD künftig gliedert und ob es womöglich nur noch einen Ortsverein gibt, was die Delegiertenwahl überflüssig machen würde, hängt die Nominierung der Kandidaten in der Luft. Noch nicht entschieden haben die Genossen auch, ob sie den amtierenden Bürgermeister Brodel erneut unterstützen gegen den CDU-Kandidaten Georg Te Pass und den von den Grünen und den CDU-Altbürgermeistern Lins und Wolf unterstützten Bewerber Klaus-Reiner Willecke. Oder ob Brodel – wie angekündigt – aus dem Amt heraus allein kandidieren muss, ohne Rückendeckung seiner Partei.