Sundern. Der parteiinterne Streit in der Sunderner SPD geht in die nächste Runde. Auf die „Erklärung der 26“, die einen Rücktritt des Stadtverbandsvorsitzenden Serhat Sarikaya forderten, folgt nun eine Erklärung von 27 – teils bereits ausgetretenen – SPD-Mitgliedern, die dem „Kesseltreiben gegen den erfolgreichen, in der Partei wie in der Stadt anerkannten Vorsitzenden des Stadtverbands und seine Unterstützer in der Partei und in der Ratsfraktion“ nicht tatenlos zuzuschauen wollen. Die Liste der Untereichner ist nicht ganz so prominent, aber jünger und zeigt, dass der Riss auch quer durch die Ratsfraktion geht. Die Erklärung im Wortlaut:
„Existenz der Partei steht auf dem Spiel“
„Eine leider nötige Erwiderung auf die Erklärung von 26 Mitgliedern der SPD, in der sie die Ablösung des Vorsitzenden des Stadtverbands Serhat Sarikaya und des übrigen Vorstands verlangen.
Die SPD ist in einer Existenzkrise, in Sundern genauso wie auf Bundesebene. Viele Mitglieder treten aus, wenige engagieren sich noch, die Wahlergebnisse gehen immer weiter nach unten. Bei der Europawahl ist die SPD in Sundern wie im Bund nur noch auf Platz Drei gelandet, hinter den Grünen, mit nur noch 16 Prozent. Ein unüberhörbares Alarmsignal.
Die schon lange währende Krise der SPD hat gravierende Folgen, nicht nur für die Partei. Denn auch die CDU steckt in tiefen Problemen. Die beiden ehemals großen Volksparteien sind jedoch für die Politik in unserer Stadt wie auch auf allen anderen Ebenen unverändert wichtig. Dass in Sundern so wenig vorangeht, ist auch eine Folge der Streitigkeiten innerhalb der beiden maßgeblichen Parteien.„Verantwortlich für die … Probleme sind … diejenigen, die schon lange Verantwortung tragen“
Verantwortlich für die tiefgreifenden Probleme sind im Wesentlichen diejenigen, die schon lange die Verantwortung tragen. Die Schuld für den tiefen Riss, der durch die SPD geht, allein auf den jetzigen Stadtverbandsvorsitzenden Serhat Sarikaya abladen zu wollen, wie dies 26 Mitglieder jetzt anlässlich eines Artikels im „Stern“ in einer gemeinsamem Erklärung versucht haben, geht am Ernst der Lage völlig vorbei. Genauso wie dafür die Presseberichterstattung verantwortlich machen zu wollen.
Die SPD hatte es in Sundern immer schwer, wie überall im Sauerland. Dass sie seit 2015 erstmals seit 1949 den Bürgermeister stellt, hat sie vor allem Serhat Sarikaya zu verdanken. Er hat das Bündnis mit FDP, Grünen, Linkspartei und der WISU initiiert, das Ralph Brodel und der SPD den Wahlerfolg bescherte. Statt aber mit ihm und den anderen Parteien des Bündnisses gemeinsam Politik für Sundern und die Bürgerinnen und Bürger zu gestalten, haben die Gegner von Serhat Sarikaya und seiner vielen Unterstützer im Stadtverband, in den Ortsvereinen und in der Stadt so gut wie nichts für den Erhalt des Bündnisses getan. Das Ergebnis ist, dass das Bündnis längst zerfallen ist und Ralph Brodel und die SPD im Rat über keine Mehrheit mehr verfügen.„Stillstand auf ganzer Linie“
Die Folge: Wechselnde Mehrheiten und Stillstand auf ganzer Linie. Das jüngste Beispiel dafür ist der Streit um die Bebauung des Franz-Josef-Tigges-Platzes. An dem zuständigen Ausschuss für Stadtentwicklung, Umwelt und Infrastruktur (SUI) und dem Rat, den Fraktionen und vor allen Dingen den Bürgerinnen und Bürgern vorbei, sollte durch die Verwaltung unter Leitung des Bürgermeisters in nichtöffentlicher Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses (HFA) am 6. Juni 2019 die dem Investor noch fehlenden Grundstücke verkauft und damit für Sundern unumkehrbare Fakten geschaffen werden.
Offenbar wurden bereits seit 2016 Gespräche mit dem Investor über den Verkauf der städtischen Grundstücke und die Errichtung eines großen Geschäfts- und Ärztehauses mit Alten- und Behindertenwohnungen geführt. Dieses Bauprojekt, das nach Auskunft des Investors planerisch schon weit gediehen ist, widerspricht den im INSEK nach vielen Gesprächen mit Bürgerinnen und Bürgern und Experten gefassten Plänen, dort einen Platz mit Aufenthaltsqualität zu schaffen und dadurch die Innenstadt zu beleben. Das Projekt wird so nie verwirklicht werden, denn im Rat gibt es dafür keine Mehrheit. Sowohl der HFA als auch der SUI haben es abgelehnt, dafür grünes Licht zu geben, ohne die Pläne im Detail überhaupt zu kennen.
Statt aber Verantwortung für diese offensichtliche Fehlplanung und andere Misserfolge seit dem Wahlsieg 2015 zu übernehmen, betreiben einige in der Partei seit Längerem die Ablösung von Serhat Sarikaya und weiterer Vorstandsmitglieder. Bereits im Januar wurde vergeblich versucht, sie auf einer Mitgliederversammlung des Stadtverbands mit fadenscheinigen Gründen zu stürzen. Nun wird erneut massiv ein personeller Wechsel an der Spitze der Sunderner SPD verlangt, ohne aber zu sagen, wer ihm folgen soll und was sich dadurch verbessern würde.„Völlig unbegründete personelle Angriffe“
Diese völlig unbegründeten personellen Angriffe seit Januar, die zu der jetzigen Situation geführt haben, zerstören weiter das Vertrauen, das die Partei in der Stadt noch hat. Und sie sorgen dafür, dass weitere vor allem junge Mitglieder die SPD verlassen und Bürgerinnen und Bürger sich entsetzt abwenden. Wir sind nicht bereit, diesem Kesseltreiben gegen den erfolgreichen, in der Partei wie in der Stadt anerkannten Vorsitzenden des Stadtverbands und seine Unterstützer in der Partei und in der Ratsfraktion tatenlos zuzuschauen.
Es geht in dieser Auseinandersetzung nicht um einzelne Personen. Auf dem Spiel steht vielmehr die Existenz der Partei in Sundern. Wenn sich diejenigen durchsetzen, die es über Jahrzehnte nicht geschafft haben, das Amt des Bürgermeisters zu besetzen und eine Mehrheit im Rat zu erlangen und auch keine Vorstellung davon haben, wie sie zukunftsgerichtete Politik für die Bürgerinnen und Bürger gestalten wollen, wird die Partei insgesamt keine Zukunft haben.
Schließlich ist die Spaltung der Fraktion und der Partei schon seit der verlorenen Kommunal- und Bürgermeisterwahl im Jahr 2009 deutlich erkennbar, bereits hier gab es die ersten Austritte aus der Ratsfraktion, zu denen auch der von der SPD gestellte und mehrmals vom Rat der Stadt Sundern wiedergewählte Erste Beigeordnete Meinolf Kühn gehört. Wird nicht dringend und nachhaltig gegengesteuert, wird sich dieser Errosionsprozess zum Schaden der SPD fortsetzen.„Neuwahl des Parteivorstands vorziehen“
Wir haben jedoch kein Interesse daran, die von den Unterzeichnern der Erklärung und Anderen zu verantwortende Spaltung der Partei unsererseits zu vertiefen. Deshalb schlagen wir vor, den bislang nicht satzungsgemäß begründeten Abwahlantrag abzulehnen. Die ohnehin zum Jahresende turnusmäßig anstehende Neuwahl des Parteivorstands sollte dafür vorgezogen werden und auf einer weiteren Mitgliederversammlung des Stadtverbands stattfinden.
Wir wünschen uns, dass Serhat Sarikaya und seine Vorstandskollegen sich zur Wiederwahl stellen. Diejenigen, die ihre Ablösung verlangen, fordern wir auf, geeignete Gegenkandidaten oder Kandidatinnen zu benennen. Dann mögen die Mitglieder entscheiden, wem sie zutrauen, die Partei in einer äußerst schwierigen Lage zu einen und sie zu einem Erfolg bei der Kommunal- und Bürgermeisterwahl im kommenden Jahr zu führen. Die Personalquerelen müssen spätestens nach dieser Entscheidung ein Ende haben. Die Bürgerinnen und Bürger haben besseres verdient. “
Zu den Erstunterzeichnern gehören: Ute Berenfänger, Falk Beste (ausgetreten), Mario Blome, Ulrich Blum, Alexander Breuer, Lukas Breuer, Federico Ferrara (ausgetreten), Ann-Kathrin Fromm, Sabine Haake, Christian Kräuter, Jeton Kycyku, Niklas Latusek, Nils Latusek, Kevin Lifrieri, Hannelore Marschner, Cedric Müller, Sarah Platzmann, Niklas Schell (ausgetreten), Daniel Schuller, Bernd Schwens, Dominik Severin, Ahmad Shade, Thomas Wahle (ausgetreten), Ralph Weber, Lars Widekind (ausgetreten), Maximilian Wick (ausgetreten), Brigitte Wortmann