Arnsberg. Eigentlich hatten die Schülerinnen und Schüler der Jahrgangsstufe 6 der Arnsberger Sekundarschule ja schulfrei wegen einer Lehrerfortbildung. Doch den Besuch beim Bürgermeister wollte sich kaum einer entgehen lassen. Es musste gelost werden, denn die Gruppe sollte nicht größer sein als es Plätze am Besprechungstisch im Bürgermeisterbüro gibt. So waren es zehn aufgeregte junge Leute, die zusammen mit zwei Lehrerinnen morgens um halb zehn ins Rathaus gekommen waren und noch kurz warten mussten, denn der Bürgermeister hatte am morgen schon eine andere wichtige Besprechung.
Fächerübergreifende Unterrichtsreihe an Sekundarschule
„Bei mir ist aber nicht aufgeräumt!“, begrüßte Hans-Josef Vogel die Schüler und fragte gleich, bei wem denn auch nicht aufgeräumt sei. Zaghaft hoben sich einige Hände. Im Büro gab es zwar Berge von Papieren, Büchern und Aktenordnern, aber am großen Tisch vor dem großen Fenster war Platz für alle und langsam legte sich auch die Scheu. Dort packten die Kinder aus, was sie mitgebracht hatten. In einer fächerübergreifenden Unterrichtsreihe hatten sie sich mit dem Thema „25 Jahre Kinderrechte der UN“ beschäftigt. Ob Kunst oder Musik, Religion, Sport oder Gesellschaftslehre, überall haben sich die Kinder mit den Rechten und der Lebenswirklichkeit der Kinder in anderen Ländern und auf anderen Kontinenten beschäftigt. Sie präsentierten ein Plakat mit den zehn Kinderrechten, selbstgemalte Bilder von den Lebenswelten in anderen Ländern, gebastelte Figuren für eine Himmelsleiter und einen kleinen Wandteppich mit Kindern verschiedener Hautfarbe.
„Lasst euch nicht alles gefallen“
Die Kinder trugen dem Bürgermeister die Kinderrechte vor und der fragte, was denn in ihrer Klasse passiere, wenn gegen diese Rechte verstoßen werde. „Das kommt bei uns nicht vor,“ sagte ein Kind. „Und wenn doch, bekommt der Lehrer eine Abmahnung,“ fügte ein anderes hinzu. Vogel erzählte, dass es in seiner Schulzeit noch einen Lehrer gab, der immer Kopfnüsse verteilt habe. „Das Wichtigste ist, dass ihr euch nicht alles gefallen lasst, dass ihr etwas sagt, wenn so etwas passiert. Und wenn sich einer alleine nicht traut, muss eben ein guter Freund mitkommen,“ riet Vogel den Kindern.
„Toll gemacht!“, sagte Vogel zu einer Bastelarbeit, die ein arbeitendes Kind auf einem Hocker zeigt. Über das Thema Kinderarbeit kam man auch wieder auf die eigene Heimat. Vor 120 Jahren hätten auch die Erwachsenen in der heimischen Leuchtenindustrie bei der Arbeit den ganzen Tag auf Hockern ohne Rückenlehne gesessen, berichtete der Bürgermeister, aber das habe man abgeschafft, weil das die Leute krank mache.
„Überlegt, was kann ich selber tun?“
Über die pakistanische Nobelpreisträgerin kam das Gespräch auf die Flüchtlinge in der eigenen Stadt. Die Kinder hatten schon Erfahrungen mit Mitschülern, die noch nicht richtig Deutsch können und denen sie dann „ein bißchen geholfen“ hätten. „Stellt euch vor, ihr müsstet auf einmal Arabisch lernen, das ist nicht so leicht,“ sagte Vogel und berichtete, dass in Arnsberg schon viel dafür getan werde, dass die Kinder aus den anderen Ländern schnell Deutsch lernen. Wichtig sei es, diese Kinder einzuladen, mit dabei zu sein – auf dem Schulhof, am Nachmittag, auch bei der eigenen Geburtstagsparty. „Rechte, die man selber hat, soll man auch mit anderen teilen, und man kann immer selber etwas machen,“ sagte Vogel zum Abschluss. „Deshalb mein Anliegen: Überlegt immer, was kann ich selber tun?“