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Schaufensterkrankheit: Neue Bypass-Operation im Klinikum

Arns­berg. Das Kli­ni­kum Hoch­sauer­land bie­tet jetzt eine neue Bypass-Ope­ra­ti­on für Pati­en­ten mit Schau­fens­ter­krank­heit (pAVK) an. Erst­ma­lig kön­nen jetzt lan­ge Gefäß­ver­schlüs­se in den Bei­nen mini­mal-inva­siv behan­delt wer­den. Eine ganz neue The­ra­pie ermög­licht es, den Bypass scho­nend direkt von innen zu legen. Die neue mini­mal-inva­si­ve The­ra­pie ersetzt die offe­ne Bypass-Operation.

Verbreitete Erkrankung

Erst Schmer­zen beim län­ge­ren Gehen, spä­ter auch in Ruhe – rund 4,5 Mil­lio­nen Men­schen lei­den in Deutsch­land unter Durch­blu­tungs­stö­run­gen der Bei­ne. Medi­zi­ner nen­nen die Krank­heit „peri­phe­re arte­ri­el­le Ver­schluss­krank­heit“, abge­kürzt pAVK. Die Erkran­kung wird oft unter­schätzt. Dabei kann sie im schwe­ren Sta­di­um zu einer Ampu­ta­ti­on der Bei­ne führen.

Gefäßverkalkung als Ursache

Die Ursa­che der Erkran­kung: Die Blut­ge­fä­ße in den Bei­nen haben sich ver­engt oder sogar kom­plett ver­schlos­sen. Die Mus­keln erhal­ten nun nicht mehr genug Blut und Sau­er­stoff. Dr. Micha­el Lich­ten­berg, Chef­arzt der Kli­nik für Angio­lo­gie des Kli­ni­kums Hoch­sauer­land: „In den meis­ten Fäl­len ist eine Arte­rio­skle­ro­se die Ursa­che für die Durch­blu­tungs­stö­run­gen. Bei der
Arte­rio­skle­ro­se ver­en­gen und ver­kal­ken die Arte­ri­en.“ Wich­tigs­ter Risi­ko­fak­tor für pAVK ist das Rau­chen. Aber auch Pati­en­ten mit Dia­be­tes, Blut­hoch­druck oder Fett­stoff­wech­sel­stö­run­gen sind gefähr­det. Denn all die­se Erkran­kun­gen schä­di­gen die Blutgefäße.

Mehrgleisige Behandlung

An ers­ter Stel­le steht, die Risi­ko­fak­to­ren aus­zu­schal­ten. Das bedeu­tet: Mit dem Rau­chen auf­hö­ren und even­tu­el­le Grund­er­kran­kun­gen wie Blut­hoch­druck behan­deln. Ist das gesche­hen, ist Bewe­gung das A und O. Reicht das Bewe­gungs­trai­ning nicht aus, müs­sen ande­re Maß­nah­men ergrif­fen wer­den. Bewährt haben sich vor allem Kathe­ter­tech­ni­ken, um die ver­eng­ten Blut­ge­fä­ße zu erwei­tern. Dr. Lich­ten­berg: „Die Stan­dard­me­tho­de ist die Bal­lon­Di­la­ta­ti­on. Dabei wird zunächst ein Kathe­ter – meist von der Leis­te aus – durch die Eng­stel­le gescho­ben. Dann wird ein Bal­lon auf­ge­pumpt, der die Eng­stel­len zur Sei­te drückt. So wird die Arte­rie erwei­tert.“ Das Ein­set­zen von einem Stent, wie man es vom Herz­in­farkt kennt, ist eben­falls eine häu­fig ein­ge­setz­te und bewähr­te The­ra­pie. Der Stent ver­hin­dert einen Wie­der­ver­schluss der Gefäße.

Neues Verfahren für längere Gefäßverschlüsse

Das Pro­blem bis­her: Sind län­ge­re Gefäß­ab­schnit­te kom­plett ver­schlos­sen, müs­sen Bypäs­se gelegt wer­den. Dazu wur­den bis­lang kör­per­ei­ge­ne Venen ver­wen­det, die zuvor bei­spiels­wei­se am Unter­schen­kel und Ober­schen­kel ent­nom­men wur­den. Für das Plat­zie­ren des Bypas­ses war dann ein grö­ße­rer chir­ur­gi­scher Ein­griff not­wen­dig – mit grö­ße­rem Schnitt und ent­spre­chen­den Risiken.

„Eine medizinische Sensation“

Dr. Micha­el Lich­ten­berg (Foto: Kli­ni­kum Hochsauerland)

Jetzt gibt es eine neue The­ra­pie, die ohne gro­ße Schnit­te von Angio­lo­gen durch­ge­führt wer­den kann: Sie nennt sich „Detour Pro­ce­du­re“. Dr. Lich­ten­berg: „Das neue Bypass­Ver­fah­ren, das in den USA ent­wi­ckelt wur­de ist sehr scho­nend, weil der Bypass von innen gelegt wird. Es sind kei­ne lan­gen Schnit­te mehr not­wen­dig, son­dern nur zwei win­zi­ge Ein­sti­che, ein­mal in der Leis­te und ein­mal in der Kniekehle.“
Denn um einen län­ge­ren Gefäß­ver­schluss im Ober­schen­kel zu behe­ben, behan­delt man gleich­zei­tig von zwei Rich­tun­gen und von zwei ver­schie­de­nen Blut­ge­fä­ßen: von der Arte­rie und auch von der Vene. Wie funk­tio­niert das? Dr. Lich­ten­berg erklärt: „Man behan­delt den lan­gen Gefäß­ver­schluss im Ober­schen­kel zum einen über die betrof­fe­ne Arte­rie selbst, also von oben von der Leis­te aus. Zum ande­ren aber auch über die unmit­tel­bar angren­zen­de Vene, das heißt die Vene, die direkt neben der betrof­fe­nen Arte­rie liegt. Hier behan­delt man von unten, also von der Knie­keh­le aus. Es wer­den jeweils spe­zi­el­le Kathe­ter – inklu­si­ve Bypass – von oben durch die Arte­rie und von unten durch die Vene bis zur ent­spre­chen­den Stel­le vor­ge­scho­ben. Der Bypass wird dann über die angren­zen­de Vene gelegt und ver­bleibt dort dau­er­haft. Die Umge­hungs­stra­ße für die Arte­rie ver­läuft somit über die Vene – eine medi­zi­ni­sche Sen­sa­ti­on, fin­de ich.“

Deutschlandweit nur an zwei Kliniken

Wie ist es mög­lich, ohne Pro­ble­me von der Vene zur Arte­rie zu gelan­gen – und umge­kehrt? „Ein­ge­setzt wird dafür ein neu­es feder­be­las­te­tes Füh­rungs­draht­stütz- und Zuführ­sys­tem sowie ein neu ent­wi­ckel­ter Bypass. Die­ser ver­fügt über eine selbst­ex­pan­die­ren­de Ver­bund­struk­tur aus einem Nitin­ol­draht­rah­men und ist fle­xi­bel sowie sta­bil zugleich.“ So bleibt der zwei
Mil­li­me­ter dicke „Schlauch“ dau­er­haft offen und hält auch Druck von außen stand. Aktu­el­le  Stu­di­en bestä­ti­gen, dass der Bypass, der nun dau­er­haft im Bereich der angren­zen­den Vene liegt, die Funk­ti­on der Vene in keins­ter Wei­se beein­träch­tigt. Mit die­sem Ver­fah­ren kön­nen sehr lan­ge Gefäß­ver­schlüs­se bis rund 30 cm Län­ge über­brückt wer­den. Dr. Lich­ten­berg bilan­ziert: „Ich bin froh, dass wir jetzt end­lich für die­se Pati­en­ten eine scho­nen­de Alter­na­ti­ve haben.“ Das neue Ver­fah­ren wird bis­lang deutsch­land­weit nur in zwei Kli­ni­ken ange­bo­ten: In der Kli­nik für Angio­lo­gie des Kli­ni­kums Hoch­sauer­land, die der FOCUS in sei­ner aktu­el­le Aus­ga­be als Top-Kli­nik emp­fiehlt, sowie im Uni­ver­si­täts­kli­ni­kum Leipzig.

Ergänzende Informationen

(Quel­le: Pres­se­mit­tei­lung Klinikum)

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