Sundern. Mit einer zweistündigen Expertendiskussion hat der Sunderner Rat das Thema Reaktivierung der Röhrtalbahn aufgefrischt. Dabei konnten viele offene Fragen der Politiker geklärt werden. Es soll jetzt eine intensive Diskussion in den Fraktionen folgen, um dann Anfang nächsten Jahres erneut ein Votum abzugeben. Es gebe ja schon seit Jahren einen Beschluss zur Reaktivierung der Bahn, so dass ein neuer eigentlich nicht erforderlich sei, sagte Bürgermeister Ralph Brodel, aber er wünsche sich dennoch ein neues und dann möglichst einstimmiges Votum, dass Sundern die Röhrtalbahn wolle.
Ein Geschenk, das sonst ein anderer nimmt
Ohne den klar erkennbaren Wunsch Sunderns, die Bahn zu reaktivieren, werde es nie dazu kommen, machte Thomas Ressel, Geschäftsführer des Zweckverbands Ruhr-Lippe, deutlich. Er sprach von einem Schatz, den Sundern heben könnte, wenn es die Chance nutze, die nur einmal komme. Die Reaktivierung der Bahn sei ein Geschenk, das Sundern nichts koste. Wenn Sundern das Geld nicht wolle, werde es in eine andere Stadt fließen. Ressel sagte, dass sein ZRL zur Reaktivierung anstehende Bahnstrecken „emotionslos“ prüfe und dass ein Gutachten die Wirtschaftlichkeit der Röhrtalbahn mit einem guten mittleren wert nachgewiesen habe. Er erläuterte das Pendelzugkonzept, dessen Umsetzung wesentlich Wahrscheinlicher sei als das des Flügelzugkonzepts mit durchgehenden Wagen bis Dortmund.
Defizit ist im Nahverkehr normal
Der Pendelzug würde mit 130 Sitzplätzen stündlich zwischen Bahnhof Sundern und Bahnhof Neheim-Hüsten verkehren, wo am gleichen Bahnsteig Umsteigemöglichkeit in Richtung Dortmund besteht. Für den etwa 20 Minuten schnellen Zug wurde der Schnellbus, der 37 Minuten braucht, aufgegeben. Andere Buslinien, die die vielen kleinen Haltestellen unterwegs bedienen, sollen dagegen bestehen bleiben. Die Investitionen für diese Bahn liegen bei 13 Mio. Euro, das erwartete jährliche Defizit bei knapp 900.000 Euro. beides würde vom Land getragen. Ressel betonte dabei, dass es praktisch keine Nahverkehrslinie in Deutschland gebe, die nicht im Defizit fahre. Es sei normal, dass der Steuerzahler das Defizit ausgleiche. Die Summe für die Röhrtalbahn sei klein, allein für Westfalen-Lippe liege das Budget bei 340 Millionen jährlich.
Arnsberg und HSK unterstützen Reaktivierung
Bürgermeister Ralph Brodel erklärte, dass er sich in Sachen Röhrtalbahn vom Saulus zum Paulus gewandelt habe. Als er nach Sundern kam, habe er die Reaktivierung abgelehnt. Nach langen Diskussion mit Experten und der eigenen Verwaltung sehe er in der Entscheidung für die Röhrtalbahn eine echte Zukunftsentscheidung. Toni Becker, Fraktionschef der Grünen, die die Röhrtalbahn mit ihrem Antrag neu auf die Tagesordnung gebracht haben, weil viele Neulinge in Rat und Verwaltung die alte Diskussion nicht miterlebt haben, machte deutlich, dass die Frage nicht Röhrtalbahn oder Röhrtalradweg laute, sondern dass man beides wolle. Arnsbergs Stadtplanerin Dr. Birgitta Plaß berichtete von den Plänen Arnsbergs, am Neheim-Hüstener Bahnhof, der in Kürze von der Bahn umfassen modernisiert werde, eine zentrale Mobilitätsstation zu errichten mit Umsteigemöglichkeiten nicht nur auf Bus und bahn, sondern auch auf E‑Bikes und car-Sharing. Auch aus Sicht des Hochsauerlandkreises liegt die Zukunft der Mobilität bei einem integrierten System mit dem Zusammenspiel verschiedener Angebote.
Offene und ehrliche Diskussion gefordert
Seitens der Politiker gab es viele Fragen, vom Lärmschutz über die Bahnübergänge bis zum Schülerverkehr. Einige äußerten Skepsis, sie könnten den Vorteil gegenüber dem bestehenden Busverkehr noch nicht erkennen, wie etwa Sebastian Booke (CDU) oder Rüdiger Laufmöller (FDP), der bemängelte, dass unter den Experten nur Befürworer der Bahn seien. CDU-Fraktionschef Stefan Lange relativierte, die CDU Position sei nicht entweder Bahn oder Radweg, die Reaktivierung der Bahn könne eine Option sein. Andreas Bahde (BüSu) plädierte dafür, das Geschenk anzunehmen. Und Jürgen ter Braak (SPD) forderte eine offene und ehrliche Diskussion ein, in der niemand die andere Seite als Spinner abtue.
Einen Wermutstropfen hatte der Bürgermeister allen Bahnfreunden gleich zu Beginn verabreicht. Auch bei optimalen Ablauf dürften die ersten Zuge frühestens in 12 oder 13 Jahren fahren.