Arnsberg. „Das wird wirklich nicht klein!“ beschreibt Carina Räbber die Installation, die für zehn Tage vom 31. Juli bis 9. August „Leuchtturm“ und Angelpunkt des 19. Arnsberger Kunstsommers werden soll. Die gebürtige Oeventroperin wollte im Rahmen ihres Studiums der Szenografie und Kommunikation „in der Stadt, die sie liebt, vor Ort was machen“ und hat die Installation „betörend“ gemeinsam mit Larissa Vogdt als Abschlussarbeit ihres Masterstudiengangs an der FH Dortmund entworfen. Bei den Organisatoren des Kunstsommers im Arnsberger Kulturbüro haben die beiden Studentinnen mit ihrer Idee offene Türen eingerannt und inzwischen ist die Umsetzung auch technisch und finanziell abgesichert.
Studentinnen wollen Begegnung und Kommunikation
Die beiden Studentinnen wollen den Neumarkt „bewusst bespielen“, wollen, dass Leute dort verweilen, sich begegnen und kommunizieren. Um dem Platz gerecht zu werden, haben sie die statische Form in einer rechteckigen Installation aufgenommen. Die Installation ist ein Gebilde aus fünf Meter hohen Fahnen und einer stützenden Gitterkonstruktion, das rund 400 Quadratmeter Fläche einnimmt. Mit seinem Titel „betörend“ nimmt es das Motto des Kunstsommers 2014 wieder auf, mit seiner Konzeption von Hülle und Kern bedient es das Motto von 2015 „Platz nehmen – Raum greifen“. Die begehbare Konstruktion bildet ein labyrinthartiges Gehäuse mit spannenden Aus- und Durchblicken und einen bühnenartigen möblierten Kern mit Raum für Aufführungen und kommunikatives Verweilen.
„Leuchtturm“ lebt von Teilhabe der Bürger
„Dieser Leuchtturm des Kunstsommers lebt von der teilhabe und Annahme durch die Bürger,“ sagt Kathrin Ueberholz vom Kulturbüro und lädt Arnsberger und Gäste der Stadt jetzt schon ein, zum Neumarkt zu kommen, sich auf das Objekt einzulassen und einfach mal „mit einem Eis in der Hand“ durch die 160 frei schwebenden und transparenten Stoffbahnen hindurch zu gehen. Der Kern der Installation wird an den zehn Kunstsommertagen jeden Abend „bespielt“. Zur Eröffnung wird der Arnsberger Tanzkünstler Manuel Quero das Objekt „betanzen“. Mehr will Kirsten Minkel vom Kulturbüro, die das Programm plant, noch nicht verraten, denn ein bißchen Überraschung soll noch bleiben. Wochentags gibt es jeden Mittag zudem ein 30-minütiges „Kultursandwich“. „Mit einem kurzen Programm in der Mittagspause sollen auch alle die, die in Arnsberg arbeiten, aber nicht wohnen, angesprochen und infiziert werden“, so Kathrin Ueberholz.
Adrenalin bei Veranstaltungsprofis von Event & Vision
„So etwas hat es noch nie gegeben und wir selbst wären auf eine solche Idee nie gekommen, aber diese spannende Herausforderung hat bei uns sofort Adrenalin ausgelöst,“ sagte Peter Günneweg von Event & Vision. Der Veranstaltungsprofi, der erst kürzlich die auch von Bürgermeister Vogel hoch gelobten „Waldlichter“ im Wildwald Voßwinkel umgesetzt hat, gab endgültig grünes Licht für die Realisierung. Seit einigen Tagen sei nach einer Never-Ending-Story auch mit der Statik alles klar. Die einen Meter breiten weißen und durchscheinenden Stofffahnen werden an einem fünf Meter hohen Gestell aus Aluminium-Traversen befestigt und schweben 30 Zentimeter über dem Boden. Im Inneren befindet sich eine 100 Quadratmeter große Fläche, auf der bis zu 120 Menschen Platz finden. An einer Möblierung arbeiten derzeit die beiden vierten Klassen der Bodelschwinghschule im Rahmen eines Projekts. An Licht und Sound für die Abendstunden wird noch gearbeitet. Eine mehrfarbige Beleuchtung wird es auf jeden Fall geben.
Sparkasse als Sponsor
Für die auch nicht ganz unproblematische Finanzierung des Großprojekts hat sich die Sparkasse Arnsberg-Sundern als Sponsor gefunden und ihre traditionelle Unterstützung des Kunstsommers aufgestockt. Er finde es gut, wenn junge Frauen etwas entwickeln, denn schließlich habe er selbst drei Töchter zu Hause, sagte Sparkassenvorstand Norbert Runde. Auch Bürgermeister Hans-Josef Vogel lobte das Engagement der jungen Studentinnen. Auch in anderen Bereichen habe die Stadt bereits sehr gute Erfahrungen mit studentischen Arbeiten gemacht.
Neumarkt zwischen Kulturerbe und Kreisverkehr
Vogel lobte auch, dass der Kunstsommer in diesem Jahr den Neumarkt wiederentdecke, so wie er in der Vergangenheit bereits andere vergessene Orte neu oder wieder entdeckt habe. Der Neumarkt sei mit seiner klassizistischen Bebauung und der einmaligen architektonischen Situation ein europäisches Kulturerbe. Die Platzgestaltung erinnere auch ihn allerdings eher an einen großen Kreisverkehr. Da müsse etwas getan werden, so der Bürgermeister, und es habe auch schon viele Überlegungen gegeben, doch die technischen Gegebenheiten seien leider sehr kompliziert.
Ein Platz, der wirklich in der Mitte liegt
Mit Karin Hahn vom Verkehrsverein und Pastor Johannes Böhnke von der Evangelischen Kirchengemeinde waren auch zwei „Neumarkt-Profis“ bei der Pressekonferenz, die dort ihren Arbeitsplatz haben. Er freue sich jedes Jahr auf den Kunstsommer, denn jedes Jahr gebe es dann auch in der Auferstehungskirche etwas Neues zu sehen, berichtete Böhnke. Der Kunstsommer störe das Gemeindeleben nicht, sondern gehöre vielmehr zur Identität und zum Selbstverständnis einer Kirche, die sich öffnen wolle. Und Karin Hahn sagte, der Neumarkt sei wirklich ein Platz, der in der Mitte liege, wo Leute zufällig vorbeikommen und auch anhalten, wenn sie etwas Spannendes sehen. Der sogenannte „Platz des himmlischen Friedens“ könne auch mächtig viel Leben ausstrahlen. Damit das öfter so sei wie etwa mittags direkt nach Schulschluss, müsse aber die Aufenthaltsqualität gesteigert werden.
Stadt beleben, aber nicht vollstellen
Die Installation „betörend“ wird die östliche Hälfte des Neumarkts zwischen dem Abgang zur Altstadtgarage auf der Platzmitte und den beiden Abluftschächten einnehmen. Sie wird nur für die zehn Kunstsommertage in Betrieb sein und jeweils in zwei bis drei Tagen auf- und abgebaut. „Wir wollen die Stadt beleben, aber nicht vollstellen,“ antwortet Kathrin Ueberholz auf Fragen, warum die Konstruktion nicht länger oder gar auf Dauer stehen bleiben kann.