Arnsberg. Zwei Nachrichten hatte Bürgermeister Hans-Josef Vogel für die 48 neuen Ratsmitglieder, die sich am Dienstag abend zur konstituierenden Sitzung nach der Kommunalwahl am 25. Mai trafen – eine gute und eine schlechte.
Die schlechte kam zuerst. Das Urteil vom Tag aus Münster zur Besoldung von höheren Beamten koste die Stadt Arnsberg bis zu drei Millionen Euro. Neben den Gehältern der Beamten gehe vor allem auch die Altersvorsorge der Beamten ins Geld, so Vogel. Zum Glück habe der Kämmerer aber Rückstellungen gebildet.
Die gute Nachricht kommt von der Telekom. Die plane, so Vogel, für das Jahr 2015 den Breitbandausbau für die westlichen Stadtteile. Das bedeute ab 2016 nicht nur schnelles Internet für die zahlreichen dort angesiedelten Firmen, auch privat könnten die Bürger profitieren, die dann von der Telekom Internet, Telefon und Kabelfernsehen aus einer Hand bekommen können.
Vogels Programm: neue bürgerschaftliche Kommunalpolitik
Eingebettet hatte Vogel, der im Mai ebenfalls für sechs Jahre wiedergewählt worden war, seine Neuigkeiten in eine etwa halbstündige programmatische Rede, in der er die Ratsmitglieder einlud neue bürgerschaftliche Kommunalpolitik umzusetzen. Als Handlungsachsen skizzierte Vogel Arnsberg als Stadt des langen Lebens, die neue digitale Lebenswelt, ein neues Arnsberger Wir, den Weg zur Inklusion, Arnsberg als Mitmachstadt, die Aufwertung der öffentlichen Räume und die Vorbereitung auf den Klimawandel.
Gedenken an Franz-Josef Schröder
Zuvor hatte Vogel des verstorbenen langjährigen Ratsmitglieds Franz-Josef Schröder gedacht. Er nannte den früheren Vorsitzenden der SPD-Fraktion, der vor wenigen Wochen einem Krebsleiden erlag, einen großen Demokraten und einen Politiker, der immer das Mögliche im Auge hatte.
Der Rest der zweistündigen Sitzung diente den Regularien zum Beginn einer Wahlperiode. Zunächst wurden die ausgeschiedenen 13 Ratsmitglieder verabschiedet, von denen neun anwesend waren und einen Blumenstrauß bekamen. Unter ihnen auch politische Urgesteine wie Werner Lattrich aus Holzen und Friedel Sölken aus Niedereimer, die beide mehr als drei Jahrzehnte dem Rat angehört hatten. „Bleiben Sie Anwälte ihrer Ortsteile!“ gab ihnen Vogel mit auf den Weg. Danach wurden 15 neue Ratsmitglieder verpflichtet, darunter im durch Ausgleichsmandate auf 48 Sitze vergrößerten Rat erstmals auch Vertreter der AfD, der Linken und der Piraten. Für sie gab es als Willkommen einen Bildband über Arnsberger Baukultur.
Klares Votum für Rosi Goldner und Ewald Hille
Bei der Wahl der beiden stellvertretenden Bürgermeister kam es zur ersten politischen Kontroverse. Jürgen Antoni begründete den Antrag der AfD, auf den zweiten stellv. Bürgermeister zu verzichten. Der Antrag gehe nicht gegen den Kandidaten Ewald Hille persönlich, sondern sei rein sachlich begründet, um 6000 Euro im Jahr zu sparen. Michael Brüne von der CDU konterte mit einer Polemik: Die AfD soll als Zwei-Mann-Verein doch lieber auf ihren Fraktionsstatus verzichten, das spare der Stadt dreimal so viel. Der AfD-Antrag bekam nur zwei Ja-Stimmen. In geheimer Wahl wurde zunächst die bisherige Amtsinhaberin Rosemarie Goldner (CDU) mit 43 Ja-Stimmen als 1. stellv. Bürgermeisterin wiedergewählt. Ewald Hille (SPD) bekam als Nachfolger der ausgeschiedenen Erika Hahnwald als 2. stellv. Bürgermeister sogar 45 Ja-Stimmen.
Die Besetzung der Fachausschüsse erfolgte nach einem gemeinsamen Wahlvorschlag schnell und komplikationslos. Die neuen Ausschussvorsitzenden und ihre Stellvertreter:
- Sozialausschuss: Hubertus Mantoan (CDU), Frank Dietzel (SPD)
- Kulturausschuss: Peter Blume (CDU), Gerd Stüttgen (SPD)
- Planungsausschuss: Werner Frin (SPD), Christoph Schmidt (CDU)
- Wirtschaftsausschuss: Hans Wulf (Grüne), Gerd Stodollik (SPD)
- Rechnungsprüfungsausschuss. Michael Brüne (CDU), Ewald Hille (SPD)
- Betriebsausschuss: Michael Rademacher (SPD), Dr. Gerd Webers (CDU)
- Wahlprüfungsausschuss: Ralf Bittner (SPD), Marie-Theres Schennen (CDU)
Im Bezirksausschuss Bruchhausen wurde gelost
Bei der Besetzung der Bezirksausschüsse kam es dann zu einem Kuriosum. In Bruchhausen musste um einen Sitz gelost werden, da hier Grüne und AfD die absolut gleiche Stimmenzahl hatten. Jürgen Antoni (AfD) machte den Vorschlag, beide Parteien sollten den Sitz im jährlichen Wechsel wahrnehmen, um das Losverfahren zu vermeiden. Hans Wulf (Grüne) sprach sich dagegen für klare Verhältnisse aus. „Wir riskieren das Losverfahren!“ „Losen, wie geht das?“ fragte Bürgermeister Hans-Josef Vogel und berichtete dem Rat, dass er einst im Studium des Staatsrechts an der Frage „Warum ist Losen ein Mittel der Demokratie?“ gescheitert sei. In der Zwischenzeit hatte der städtische Justitiar Jörg Freitag bereits ein vorbereitetes Holzkistchen mit zwei Zetteln befüllt und der Bürgermeister zog das Los – die Grünen gewannen.
Leichte Turbulenzen gab es auch wieder bei der Besetzung des Integrationsrats mit den sieben Ratsmitgliedern, die dort zusammen mit den gewählten Vertretern der ausländischen Mitbürger arbeiten. Martin Werner von der Linken hatte hier vorgeschlagen, in dieses „Gremium der Vielfalt“ aus jeder der im Rat vertretenen Parteien jeweils ein Ratsmitglied zu entsenden. Das konterte der CDU-Fraktionschef allerdings mit einem entschiedenen „Feierabend!“ Denn nach dem Wahlergebnis stehen der CDU hier drei, der SPD zwei sowie Grünen und FDP je ein Sitz zu. Und genau das setzten diese Parteien auch durch.
Bezirksausschüsse beschränken sich auf drei Sitzungen im Jahr
Keinerlei Sprengstoff hatte der Beschlussvorschlag, die Sitzungen der Bezirksausschüsse künftig auf drei im Jahr zu beschränken, um Geld zu sparen. Der Punkt wurde ohne Diskussion und nur mit einer Gegenstimme von Pirat Daniel Wagner durchgewunken. Kontrovers wurde es dagegen wieder beim Punkt Zuwendungen für die Geschäftsführung der Ratsfraktionen. Hier hatte es schon im Vorfeld Wirbel gegeben, weil die zweiköpfige Linken-Fraktion gleich in ihrem ersten Antrag mehr Geld forderte. Inhaltlich wurde über die Summen allerdings nicht diskutiert. FDP-Fraktionschef Horst Kloppsteck hatte den Antrag gestellt, den Punkt zu vertagen, weil die Vorlage erst einen Tag vor der Sitzung auf den Tisch gekommen sei. Die AfD schloss sich dem Antrag an. Es könne nicht angehen, dass eine solche Vorlage am Vortag der Sitzung um 19.05 Uhr per Email ins Postfach geschickt werde, meckerte Jürgen Antoni. Bürgermeister Vogel entschuldigte sich für dieses kurze Zeitfenster und begründete es mit der komplizierten Rechtslage, die zu prüfen erforderlich gewesen sei. Vertagt wurde aber nicht. CDU, SPD und Grüne waren der Meinung von Klaus Kaiser, dass über das Geld in der ersten Ratssitzung beschlossen werden solle. So wurde die von der Verwaltung erarbeitete Aufschlüsselung mit Grund- und Pro-Kopf-Beträgen mit großer Mehrheit beschlossen.
Die Zuwendungen für die Fraktionen, mit denen sie unter anderem ihre Fraktionsgeschäftsführung, Büromiete und Büromaterial bezahlen, bleiben in der Gesamtsumme gleich, obwohl statt vorher vier nun sechs Fraktionen im Rat sitzen. Der Haushalt für 2014 und 2015 sieht jeweils rund 171.000 Euro vor. Davon bekommen:
- CDU 69.087,26 € (bisher 69.626,20)
- SPD 49.071,90 € (Bisher 54.726,70)
- Grüne 20.991,18€ (bisher 22.356,20)
- FDP 14.833,63 € (bisher 23.206,70)
- AfD 8.353,62 € (bisher 0)
- Linke 8.353,62 € (bisher 0)
- Pirat Daniel Wagner erhält als Einzelratsmitglied eine zusätzliche Zuwendung von jährlich 308,17 Euro sowie einen temporären Arbeitsplatz mit Telefon und Internet.