Siegerentwurf mit Tiefgarage und Glasfassade
Der Ansatz des Siegerentwurfs sei völlig anders als der der anderen Preisträger, die Neuinterpretation der vorhandenen Substanz deutlich radikaler, sagte Farwick, der als langjähriger Vorsitzender des Arnsberger Gestaltungsbeirats auch ein guter Kenner der Stadt ist. So wende dieser Entwurf der Autobahn am deutlichsten der Rücken zu und verzichte völlig auf den bisherigen Nordeingang. Auch lasse er als einziger der Preisträger den Ratssaal nicht an der bisherigen Stelle, sondern verlege ihn ins Erdgeschoss, ergänzt durch eine Multifunktionszone, eine große Halle und eine neue Treppe. Der gesamten Ratstrakt bekomme durch einen Anbau eine neue Gestalt. Auch das Hochhaus und der Mitteltrakt seien durch eine mehrschichtige Glasfassade stark überformt. Neu sei auch ein Luftgeschoss mit Terrasse. Zudem plane dieser Entwurf mit einer Tiefgarage für den gesamten ruhenden Verkehr, um rund um das Rathaus eine großzügige neu gestaltete Landschaft mit Wegenetz zu ermöglichen.
Barrierefrei, offen, flexibel und klimaneutral
Allen Siegerentwürfen gemein ist die Erfüllung einger grundlegender Vorgaben des Wettbewerbs. Neben der Klimaneutralität und der Öffnung zur Ruhr und zum Quartier jenseits der Ruhr, die schon im Wettbewerbstitel angesprochen werden, sind das vor allem die Barrierefreiheit, die Zuordnung der Fraktionsräume zum Ratssaal, die Schaffung von Räumen für neue öffentliche Nutzungen einschließlich einer öffentlichen Cafeteria sowie flexible Arbeitsplätze mit Einzel‑, Doppel- und Teambüros sowie Besprechungs- und Aufenthaltsräumen.
Zweiter Preis der sensiblere Entwurf
Der zweitplatzierte Entwurf kommt vom Büro „Gerber Architekten“ aus Dortmund. Auch er setzt auf einen großen Grünzug um das Rathaus. Ein großer Vorplatz soll mit Außengastronomie, Sitzblöcken und einem Steg zur Ruhr unterschiedliche Aufenthaltsqualitäten bieten. Mit dem Altbaubestand gehe dieser Entwurf sensibler um, so Farwick. Die Innentreppe bleibe erhalten, der Ratssaal werde nicht verlegt. Auch die Fassade bleibe in ihrer Grundstruktur erhalten, werde aber zeitgemäß überformt – mit Betonfertigteilelementen am Hochhaus und einer großzügigen Verglasung am Mitteltrakt. „Eine Lösung, mit der die Jury auch sehr zufrieden war,“ so der Jury-Vorsitzende.
Alle öffnen sich zur Ruhr
Der drittplatzierte Entwurf kommt vom Büro „Baumschlager Eberle Architekten“ aus Hamburg und Zürich. Auch hier gebe es eine stärkere Überformung der Substanz, so Farwick. So werde der Luftraum zur Autobahn geschlossen. Die Fassade werde neu thematisiert und es gebe eine neue Treppe in der neu gestalteten Halle. Im Freiraum gebe es neu sortierte Stellplätze und vier gestaffelte Plateaus zur Ruhr hin. Der vierte Preis geht an das Büro SSP AG aus Bochum. Eine ebenfalls herausragende Arbeit, die sehr zurückhaltend mit dem Bestand umgehe, so Farwick. Charakteristisch sind eine große Stufen- und Treppenanlage zur Ruhr sowie das Casino mit großer Außenterrasse zur Ruhr.
Im Oktober geht es in den Planungsausschuss
Insgesamt haben 15 der 25 eingeladenen Büros ihre Entwürfe abgegeben. Wegen der vielen hervorragenden Ergebnisse habe die Jury bewusst auf die Empfehlung verzichtet, unbedingt den Siegerentwurf zu bauen, sagte Farwick. Als Stadtkämmerer verwies Peter Bannes darauf, dass die Entwürfe finanziell nach ersten groben Kostenschätzungen alle recht eng beieinander lägen. Derzeit plant der Kämmerer für die Rathaus-Sanierung mit Kosten von knapp 22 Millionen Euro. Der Siegerentwurf ist nach derzeitigem Stand aber wohl etwas teurer als die anderen Preisträger, nicht zuletzt wegen der Tiefgarage. Die Arnsberger Stadtplaner werden jetzt die Kostenschätzungen konkretisieren und Gespräche mit den Architekten führen. „Denn nichts wird so gebaut, wie es beim Wettbewerb an der Wand hängt“, weiß Planer Thomas Vielhaber, der den Politikern im Planungsausschuss für die Sitzung am 12. Oktober eine umfassende Vorlage präsentieren wird.
300 Mitarbeiter sollen Ende 2018 ausweichen
Dann pressiert es auch schon mit der Zeit, denn bis Ende November sollte der Förderantrag mit dem konkreten Entwurf fertig sein. Denn ohne Städtebaufördermittel des Landes ist das Projekt für die Stadt Arnsberg nicht umsetzbar. nach derzeitigem Zeitplan sollen die rund 300 Mitarbeiter das Rathaus Ende 2018 verlassen. Ersatzquartiere für die voraussichtlich bis zu zweijährige Bauzeit sind in den beiden im Sommer 2018 auslaufenden Realschulen an der Goethestraße in Neheim und der Sauerstraße in Alt-Arnsberg vorgesehen. Alte Güterschuppen am Bahnhof Neheim-Hüsten sollen als Archiv dienen. Es werde eine spannende Zeit, bis alle 2020 oder 2021 wieder im frisch sanierten Rathaus sind, meinte der Kämmerer.
Bannes: „Frischzellenkur nötig“
Vor den zahlreichen Gästen begründete Bannes auch nochmals die Notwendigkeit der Rathaussanierung. Das Haus werde 2018 50 jahre alt. da sei es Zeit für eine Frischzellenkur, um ihm neues Leben einzuhauchen. Er sprach das Raumklima für die Mitarbeiter an, aber auch ein flexibles Raumkonzept, Barrierefreiheit, Energiebilanz und die Öffnung zum Quartier. Thomas Vielhaber erinnerte daran, dass die alte Stadt Neheim-Hüsten dieses Rathaus 1968 durchaus üppig gebaut habe. Man erzähle sich heute noch von den Tischtennisplatten in den oberen Stockwerken. das rathaus sei damals als Teil eines neuen Stadtzentrums am Trauring geplant gewesen. Doch das sei glücklicherweise nie verwirklicht worden, weil das Land schon wenige Jahre später statt der Schaffung neuer Zentren die Stärkung alter Zentren gefördert habe. Vielhaber sagte auch, er arbeite seit 25 Jahren in diesem Haus und kenne die größten Probleme nur zu gut, den beständigen Lärm durch die Autobahn, die starke Überhitzung im Sommer durch den innenliegenden Sonnenschutz und auch die nicht mehr zeitgemäßen Sanitäranlagen.
Nach Feierabend kein Angstraum mehr
Die Stadtplaner hätten sich deshalb auch intensiv mit dem Neubau des Rathauses an einem anderen Standort beschäftigt, den aber verworfen. Denn der Standort sei gut, weil von den meisten Arnsbergern schnell erreichbar. Auch die Bausubstanz sei noch gut, so dass eine Sanierung deutlich günstiger komme als ein neubau. Und ganz nebenbei vermeide man noch den politischen Streit, in welchem der drei großen Stadtteile denn ein Neubau zu stehen habe. Finanziell machbar sei alles letztlich aber nur durch den Glücksfall geworden, dass das Land jetzt auch Städtebaufördermittel für die Sanierung von Verwaltungsbauten gibt, allerdings nur unter der Bedingung der Öffnung zum Quartier. Deshalb habe man ein neues Stadtumbaugebiet festgelegt mit der Achse Rathaus – Bahnhof – Schulzentrum. Für das Rathaus seien neben Verwaltung und Politik neue öffentliche Nutzungen vorgesehen, ähnlich wie im Bürgerbahnhof im Stadtteil Arnsberg. Das Rathaus werde künftig also auch abends offen sein und nach Feierabend kein Angstraum mehr sein wie derzeit noch.
- Alle Entwürfe des Wettbewerbs können noch bis zum 28. September in einer öffentlichen Ausstellung im Foyer des Rathauses, Rathausplatz 1, 59759 Arnsberg, besichtigt werden. Die Öffnungszeiten der Ausstellung sind montags bis donnerstags von 8 bis 17 Uhr und freitags von 8 bis 13 Uhr.