Meschede/Arnsberg/Sundern. Er könne über viele erfreuliche Entwicklungen berichten, begann Landrat Dr. Karl Schneider die Pressekonferenz zur Kriminalitätsstatistik 2017 im Kreishaus. Er nannte die nunmehr im vierten Jahr in Folge gesunkene Zahl der angezeigten Straftaten und die höchste Aufklärungsquote seit 2003 sowie die Abnahme bei Raub und Diebstahl, wo das Bekämpfungskonzept der HSK-Polizei Erfolge zeige. Allerdings gebe es auch mehr Sexualdelikte und mehr Betrugsfälle. Hier lägen ihm besonders die älteren Menschen am Herzen, bei denen immer öfter skrupellose Telefonbetrüger anrufen und sich als falsche Enkel oder Polizisten ausgeben, wobei teils fünfstellige Beträge verloren gegangen seien, so Schneider. Die Fallzahl hat sich 2017 von 24 aus 234 fast verzehnfacht. Der Landrat dankte zudem den Hochsauerländern für ihre viele Hinweise und forderte sie auf: „Wenn was ist, 110 wählen!“
Jeder zweite Wohnungseinbruch ohne Beute
Polizeidirektor Klaus Bunse stellte den größten Erfolg heraus. Die Zahl der Wohnungseinbrüche sei von 417 Fällen in 2016 auf 249 in 2017 gesunken. Ein Rückgang um stolze 40,29 Prozent und deutlich höher als am Landesschnitt (25,7%). Zudem sei es den Tätern in über der Hälfte der Fälle nicht gelungen, Beute zu machen, wobei sie oft schon an Sicherheitseinrichtungen scheiterten. Die Bekämpfung der Wohnungseinbruchskriminalität sei ein strategischer Schwerpunkt, dem sich die Behörde seit 2015 intensiv widme, so Bunse. Wachdienst, Kripo und Verkehrsdienst seien gemeinsam im Einsatz, man arbeite mit Zivilfahndern und Großkontrollen, aber auch mit Sicherheitsberatung und Öffentlichkeitsarbeit. Er sei froh, das Ziel einer deutlichen Senkung erreicht zu haben, so Bunse, doch bleibe jeder Einbruch ein Einbruch zuviel und deshalb werde hier intensiv weiter gearbeitet.
Weniger Diebe, mehr Betrüger
Kriminaloberrat Josef Jakobi zeigte drei Trends auf: die Zahl der Straftaten geht konsequent nach unten, die Aufklärungsquote nach oben und die Kriminalität ändert sich. Diebstahls- und Einbruchsdelikte, die vor 20 Jahren noch 40 bis 45 Prozent aller Straftaten stellten, liegen inzwischen bei nur noch 32 Prozent. Betrug dagegen wächst, allein im letzten Jahr von 12 auf 16 Prozent. Gewalt- und Rauschgiftdelikte, Körperverletzung und Sachbeschädigung halten ihre Anteile. Insgesamt zählte die Polizei im HSK im Vorjahr 12.260 angezeigte Straftaten, 41 oder 0,33 Prozent weniger als 2016. Die Gesamtaufklärungsquote stieg von 54,74 auf 57,04 Prozent und liegt weit über dem NRW-Durchschnitt von 52,3 Prozent.
In Arnsberg ist Kriminalität am höchsten
Bei der Kriminalitätshäufigkeitszahl (KHZ), einem statistischen Vergleichswert, der die Zahl der jährlichen Straftaten pro 100.000 Enwohner angibt, liegt der HSK bei 4675 und gehört zu den zehn ländlich geprägten Kreisen des Landes, in denen die Menschen am sichersten leben. Die Durchschnitts-KHZ des Landes liegt bei 7677, Städte wie Dortmund, Düsseldorf und Spitzenreiter Köln haben KHZ-Werte von 10.000 bis 12.000. Dabei gibt es erhebliche Unterschiede unter den Städten und Gemeinden im HSK. Arnsberg (62439), Winterberg (6065) und Meschede ((5392) liegen über der 5000, Sundern im Mittelfeld (3368), Medebach (2327) und Hallenberg (1743) ganz unten. Winterberg sei hier ein Sonderfall, da die Straftaten von und an Touristen auf die Wohnbevölkerung umgerechnet werden, so Jakobi. Arnsberg und Meschede seien wegen der kürzeren und weniger gefährlichen Anreisewege und der vielen Geschäfte attraktiver für reisende Kriminelle. Hier sei aber auch der Anteil von Berufsganoven und drogensüchtigen Beschaffungstätern höher, so Jakobi. Deutlich wird dies auch bei der Verteilung der Wohnungseinbrüche. Hier entfallen fast die Hälfte der Fälle allein auf Arnsberg, knapp zwei Drittel auf Arnsberg, Sundern und Meschede. In Hallenberg gab es 2017 gar keinen Wohnungseinbruch mehr.
Anteil nichtdeutscher Tatverdächtiger gesunken
Von den 5275 ermittelten Tatverdächtigen waren knapp ein Viertel Frauen und ebenfalls knapp ein Viertel Kinder, Jugendliche und Heranwachsende unter 21 Jahren. 48 waren Mehrfachtäter, knapp jeder zweite Wiederholungstäter. Der Anteil der nichtdeutschen Tatverdächtigen sank gegenüber dem Vorjahr von 25,8 auf 23,7 Prozent, ist aber immer noch fast dreimal so hoch wie der Anteil der Nichtdeutschen an der Wohnbevölkerung im HSK (8,10%). Die 1248 nichtdeutschen Tatverdächtigen kamen aus 73 verschiedenen Nationen. dabei stellten Türken, wie auch bei der Gesamtbevölkerung, mit 10,8 Prozent den größten Anteil vor Syrern (7,9%), Serben (6,75), Rumänen (6,1%) und Polen (5,2%). Eine Verteilung, die sich nur wenig vom Landesdurchschnitt unterscheidet.
Vier Menschen Opfer von Tötungsdelikten
Die Zahl der Gewaltdelikte ist von 401 auf 393 gesunken. Vier Menschen starben als Opfer von Tötungsdelikten. In allen drei Fällen handelte es sich um Familiendramen, bei denen der Täter anschließend Suizid beging. „Fälle, bei denen die Konfliktlösungsfähigkeit von Menschen an ihre Grenzen gestoßen ist“, so Jakobi. Im Mai tötete eine Mutter in Hüsten ihre zwei Kinder, im Oktober töteten Männer in Sundern und Meschede ihre Frauen. Raubdelikte gingen um mehr als ein Drittel zurück, wobei es erneut keinen einzigen Bankraub im HSK gab.
Neuer Paragraf Sexuelle Belästigung führt zu mehr Anzeigen
Um ein Drittel auf 156 gestiegen ist dagegen die Zahl der Sexualdelikte. Dies sei aber wenig verwunderlich, wenn ein neuer Straftatbestand geschaffen werde, so Landrat Dr. Schneider. So gibt es seit Ende 2016 in Folge der Kölner Silvesternacht den neuen Paragrafen 184i, der sexuelle Belästigung durch körperliche Berührung unter Strafe stellt. Hier decken sich die 40 Anzeigen nach diesem Paragrafen fast genau mit der Steigerung um 39 Sexualstraftaten. Registriert wurden ferner 24 Vergewaltigungen, 30 Fälle von Kindesmissbrauch und 25 Fälle von Kinderpornographie. Mit 20 Prozent war der Anteil der nichtdeutschen Tatverdächtigen bei Sexualdelikten geringer als bei der Gesamtkriminalität. Unter den 24 Tatverdächtigen waren Syrer und Afghanen mit je 5 am häufigsten vertreten.
Verdrängung zu Lager- und Kellereinbrüchen
Die Zahl der Taschendiebstähle ist um fast 30 Prozent von 178 auf 125 gesunken. Neben den 249 Wohnungseinbrüchen zählte die Polizei noch insgesamt 350 weitere Einbrüche in Gaststätten und Geschäfte, Büros und Diensträume, Lager und Keller. Während auch Geschäfts‑, Gaststätten- und Büroeinbrüche deutlich sanken, gab es bei Firmen‑, Lager- und Kellereinbrüchen Zuwächse. Möglicherweise ein Ausweichen der Täter, weil hier das Entdeckungsrisiko geringer ist, meint Josef Jakobi und sieht Auswirkungen der jüngsten Gesetzesverschärfung, die Wohnungseinbruch jetzt als Verbrechen mit mindestens einem Jahr Haft bedroht.
- Zu Betrugsfällen, insbesondere Enkeltrick und falsche Polizei, folgt ein gesonderter Artikel.