Arnsberg. „ProBe ist ein Projekt auf sehr hohem Niveau, ein Projekt, das uns von anderen Städten unterscheidet und zum Anspruch Arnsbergs als Bildungsstadt passt,“ würdigt Bürgermeister Hans-Josef Vogel das „Projekt Berufsorientierung“, bei dem seit 2008 schon 1600 Haupt- und Förderschüler der Arnsberger Schulen mitgemacht haben. „Ein Leuchtturmprojekt“, findet auch Andreas Bremke, Vorsitzender der Bürgerstiftung Arnsberg, die ProBe von Anfang an finanziell unterstützt hat. Weil ProBe im kommenden Schuljahr auch auf die beiden neuen Sekundarschulen im Stadtgebiet ausgedehnt werden soll, wirbt Bremke jetzt um Projektpaten, die sich finanziell an den Zusatzkosten beteiligen. Angesprochen sind insbesondere Handwerks- und Industriebetriebe, die sich mit einer Spende ab 300 Euro pro Jahr einen exklusiven Erstkontakt mit den Ausbildungsplatzsuchenden sichern können.
Werkpraxis schützt vor Fehlentscheidungen
Kernstück von ProBe sind zwei Werkpraxisphasen, in denen die Neuntklässler jeweils sechs Wochen lang an einem Nachmittag in der Woche ein Berufsbild näher kennen lernen. Das kann im Berufsbildungszentrum (bbz) der Handwerkskammer oder beim Kolping-Bildungswerk, in der gemeinsamen Lehrwerkstatt der Industrie oder an den beiden Berufskollegs erfolgen. Im bbz etwa werden die Bereiche Bau und Ausbau, Holz sowie Farbe und Gestaltung vorgestellt. „Jeder der jungen Leute nimmt dabei etwas mit, was er selbst geschaffen hat,“ sagt Meinolf Niemand, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer. Wie ein gerade gedrehter Werbefilm zeigt, sind aber auch Gartenbau, Verkauf, Bäcker und Konditor oder Friseur im Angebot. Die Schüler sollen feststellen, was ihnen gefällt, aber auch, was ihnen nicht gefällt. Denn es sollen Fehlentscheidungen bei der Berufswahl, Ausbildungsabbrüche und Warteschleifen vermieden werden.
Chance für Betriebe bei Jagd nach Köpfen
Aber auch die Betriebe sollen bei der Jagd auf die Köpfe profitieren. Denn erstmals gebe es in diesem Jahr insgesamt mehr Ausbildungsplätze als Bewerber, erläutert Klaus Bourdick, Geschäftsbereichsleiter der IHK Arnsberg, der vor allem für die kleinen und kleinsten Betriebe eine Riesenchance sieht, wenn sie sich exklusiv den Schülern präsentieren können. „Eine Win-Win-Situation für beide Seiten und damit unterm Strich auch ein Plus für die Stadt“, so der Bürgermeister, der auch von den „tollen Eindrücken“ schwärmt, die die bisherigen ProBe-Schüler bei den Zertifikatsverleihungen auf ihn gemacht hätten. Seit 2008 haben jährlich zwischen 150 und 250 Schüler an der Werkpraxis-Phasen teilgenommen. In den letzten drei Jahren haben zwischen 84 und 88 Prozent durchgehalten und sich das Zertifikat gesichert.
Als ProBe 2008 in Arnsberg als Pilotprojekt startete, war Berufsorientierung an der Schule noch keine Selbstverständlichkeit. Inzwischen hat das Land flächendeckend eine verpflichtende Berufsorientierung an den Schulen eingeführt. Das Land habe sogar zeitweise überlegt, das Arnsberger ProBe-Modell landesweit einzuführen, berichtet Arnsbergs Bürgermeister von einem Gespräch mit dem zuständigen Staatssekretär, doch sei es am Ende wohl zu teuer gewesen. Verpflichtend gibt es jetzt KAOA – „Kein Abschluss ohne Ausbildung“. KAOA beginnt in der 7. Klasse mit einer Einführung ins Thema und bietet in der 8. Klasse ein dreitägiges Betriebspraktikum.
Weitere Geldquellen erforderlich
„KAOA hat auch ProBe verändert“, sagt Werner Hellwig, Geschäftsführer der Kolping-Bildungszentren. Auch die Arnsberger Schüler nehmen jetzt zunächst an KAOA teil, das auch die frühere erste ProBe-Phase ersetzt. Im Anschluss sorgt ProBe dann mit den beiden Werkpraxis-Blöcken für ein wesentlich intensiveres Kennen lernen der Berufsbilder. Nachteil ist, dass ProBe inzwischen auf die frühere Förderung durch die Arbeitsagentur verzichten muss. Die Bürgerstiftung ist da mit verstärktem Engagement eingesprungen. Wenn jetzt aber auch die Sekundarschüler dazu kommen, sind weitere Geldquellen erforderlich. Deshalb sind die Projektpartner froh, jetzt das neue Patenschaftsmodell vorstellen zu können.
„Wir rechnen mit 200 bis 250 Schülern“
„Wir wollen der Veränderung der Schullandschaft Rechnung tragen“, so Werner Hellwig. Denn die beiden Sekundarschulen in Arnsberg, die viele der früheren Haupt- und Realschulen ersetzen, bekommen ab Sommer 2017 erstmals 9. Klassen.Theoretisch kommen dann pro Jahr bis zu 350 Schüler auf ProBe zu. Die Schulleitungen werden allerdings filtern. „Wer aufs Abitur zumarschiert oder seinen Platz für die Banklehre schon in der Tasche hat, der wird sich bei ProBe nicht wiederfinden,“ so Petra Schmitz-Hermes, Geschäftsführerin der Bürgerstiftung.. „Wir rechnen mit 200 bis 250 Schülern. Das mal 300 Euro, dann weiß jeder, wieviel Geld wir brauchen“, so Andreas Bremke, der nebenbei anmerkte, dass die Spende als Projektpate auch von der Steuer abgesetzt werden kann. Zudem sagte er zu, dass die Bürgerstiftung als zusätzlichen Anreiz zunächst bis Jahresende jede Spende eines Projektpaten „matchen“ werde, also die selbe Summe nochmals drauflegen.