Arnsberg. „Hier pfeift der Wind rein, aber bald muss niemand mehr einen Schal tragen am Schreibtisch,“ sagt Dr. Ulrich Morgenstern, Präsident des Verwaltungsgerichts Arnsberg. Denn in diesem Jahr werden die Fenster im über 200 Jahre alten Gerichtsgebäude erneuert. Die europaweite Ausschreibung läuft und ab Mai sollen in den Sommermonaten mit einem Kostenaufwand von rund einer Million Euro alle Fenster ausgetauscht oder saniert werden. Unter vollem Betrieb, aber mit möglichst wenig Beeinträchtigungen für Mitarbeiter und Publikum, das solle im Zusammenwirken von Gericht und Baufirmen sichergestellt werden.
Verfahrensdauer sinkt weiter – im Schnitt nur noch 6,8 Monate
Diese für das Wohlbefinden der derzeit 98 Gerichtsbediensteten durchaus bedeutsame Investition stand allerdings nicht im Mittelpunkt der Jahrespressekonferenz des Verwaltungsgerichts. Da lieferten der Präsident und sein Presserichter Klaus Buter ein dickes Paket von Daten und Fakten aus dem Arbeitsalltag. „Zahlen, über die wir sehr glücklich sind,“ so Morgenstern. Denn wie schon im Vorjahr sei auch 2013 die Zahl der eingegangenen Klagen, Eilanträge oder sonstigen Anträge deutlich gestiegen, von 4999 um 11,6 Prozent auf 5578. Erfreulicherweise habe das Gericht aber auch mehr Verfahren als im Vorjahr abschließen können, 5490 gegenüber 4965. Auch die Verfahrenslaufzeit habe das Gericht weiter verkürzt, so Morgenstern. Ein Verfahren beim Verwaltungsgericht dauere jetzt durchschnittlich nur noch 6,8 Monate , der Durchschnitt aller Verwaltungsgerichte liege bei 7,3 Monaten und 2002 dauerte ein Verfahren noch durchschnittlich 15,4 Monate. Der Anteil überalterter, mehr als zwei Jahre anhängiger Verfahren sei mit 0,53 Prozent sehr gering.
Vier von fünf Verfahren enden ohne Urteil
Inzwischen sei, so Morgenstern, eine Grenze erreicht, an der es nicht mehr viel Luft nach oben gebe. Zwar könne das Gericht bei Eilanträgen auch innerhalb eines Tages entscheiden, aber Verfahrensprozesse und Sachaufklärung brauchten auch ihre Zeit und die Richter betrieben oft beträchtlichen Aufwand, um dem Rechtsfrieden förderliche gemeinsame Lösungen zu finden. So hat sich die Zahl der Klagen, die sich ohne Urteil oder Bescheid durch Vergleich, Rücknahme, Erledigungserklärung oder Mediation erledigt haben, auf einen neuen Höchstwert von 81 Prozent vergrößert (2012: 77,8%).
Asylbewerber, Agrarsubventionen und Kommunalabgaben machen mehr Arbeit
Der Anstieg der Verfahren im Jahr 2013 war im wesentlichen auf drei Bereiche zurückzuführen. Klaus Buter nannte hier eine spezielle Form der Agrarsubventionen, die Betriebsprämie für Landwirte, dann die Asylbewerberzahlen, die seit zwei Jahren steigen (2011: 872; 2013: 1243), aber immer noch weit unter den Höchstzahlen früherer Jahre liegen, sowie die Kommunalabgaben. Dr. Ulrich Morgenstern riet allen Bürgern, sich ihre kommunalen Steuer- und Abgabenbescheide durchaus genau anzusehen, denn ein Ausreißer könne in der Massenverwaltung schnell dabei sein. Grundsätzliche Klagen gegen kommunale Steuererhöhungen hatten 2013 bei den Arnsberger Verwaltungsrichtern aber keine Chance. So scheiterten zahlreiche Klagen von Betreibern von Geldspielgeräten gegen Erhöhungen der Vergnügungssteuer wegen „erdrosselnder Wirkung“. Auch die Stadt Arnsberg war hier erfolgreich. Auch gegen erhöhte Hebesätze der Grundsteuer blieb eine Klage erfolglos.
Noch keine Klage auf U3-Platz im Kindergarten
Zurückgegangen ist die Zahl der Klagen in klassischen Bereichen der Verwaltungsgerichtsbarkeit wie dem Baurecht, dem Verkehrsrecht, dem Beamtenrecht und dem Sozialrecht. Exotische Fälle gab es allerdings überall, etwa den eines Mannes, der im Ennepe-Ruhr-Kreis Gleichstellungsbeauftragte werden wollte, obwohl das Landesgesetz hier eine Frau vorsieht. Er scheiterte. Bemerkenswert, so der Präsident, ist auch, dass in Arnsberg noch keine einzige Klage auf einen U 3‑Platz in einem Kindergarten vorliege. Offenbar sei da überall eine Lösung gefunden worden. Und auch der Rückgang der Asylbewerber aus Syrien wundert die Richter. Unter den Herkunftsländern bei den Asylverfahren standen die Staaten des ehemaligen Jugoslawien eindeutig an der Spitze.