Sundern/Hachen. Zum Thema Umbenennung der Nelliusstraße in Hachen erreichte uns ein Leserbrief des Katholischen Religionskurses der Klasse Klasse 9b der Realschule Sundern.
Hier zunächst die Anmerkungen der Religionslehrerin Gabriele Wahle:
„Zum Religionsunterricht gehört neben der Förderung der Sach- und Methodenkompetenz auch die Urteilskompetenz der Schülerinnen und Schüler zu fördern. Ein Thema der Klassenstufe 9 ist deshalb das Thema: Leben mit einer unheilvollen Vergangenheit – Nationalsozialismus und Kirche. Die Schüler sollen an einem geschichtlichen Beispiel beurteilen, inwieweit die Kirche ihrem Auftrag gerecht wurde. Da für die Schüler das Thema NS-Zeit nicht zu ihrem Erfahrungshorizont gehört, muss immer wieder versucht werden, aktuelle oder heimatkundliche Bezüge herzustellen.
So machten wir uns zu Beginn des Themas auf die Spuren der Familie Klein aus Sundern, bevor wir uns mit dem eigentlichen Thema beschäftigten. Als dann die Diskussion um die Nelliusstraße immer lauter wurde, war das dann ein guter aktueller Bezug hier aus der Gegend. In einer Vertretungsstunde griff Frau Tebbe-Lemmer das Thema in der 9b auf. Sie führte zunächst eine Abstimmung in der Klasse ohne Hintergrundwissen über Herrn Nellius durch. Die meisten waren gegen eine Umbenennung. Dann recherchierten die Schüler mit Hilfe von Zeitungsberichten und der Dokumentation von Peter Bürger und Werner Neuhaus über Herrn Nellius und stellten ihre Ergebnisse vor. Bei einer erneuten Abstimmung am Ende dieser Doppelstunde stand für alle Schüler (eine Enthaltung) fest, dass der Name geändert werden muss.
Als ich davon erfuhr, habe ich sofort für mich beschlossen, die Schüler zum Thema einen Leserbrief verfassen zu lassen, in dem auch deutlich werden sollte, was sie im Religionsunterricht über die NS-Zeit gelernt haben. Ich war wirklich erstaunt, wie betroffen die Schüler waren. Nachdem alle ihre Briefe vorgelesen hatten, entstand bei den Schülern die Idee, doch einen gemeinsamen Brief zu entwickeln und diesen dann auch zu veröffentlichen. Gesagt, getan – hier nun das Ergebnis:“
Leserbrief zur Umbenennung der Nelliusstraße in Hachen
Liebe Leserinnen und Leser!
Wir beschäftigen uns im Religionsunterricht seit längerer Zeit mit dem Thema ‚Nationalsozialismus‘ und haben deshalb auch die Diskussion um die Umbenennung der Nelliusstraße im Unterricht thematisiert.
Wir sind der Meinung, dass die Straße umbenannt werden muss, da die Ehrung einer Person durch einen Straßennamen immer den gesamten Menschen einschließt. Nellius war während der NS-Zeit ein eifriger Anhänger von Hitler, der rund 6 Millionen Juden nur wegen ihrer Religionszugehörigkeit umbringen ließ, außerdem rund 100.000 Behinderte, 130.000 politisch- oder religiös Andersdenkende usw. Er schrieb bzw. vertonte Lieder, die ein Lob auf Hitler waren und seine Taten verherrlichten, wie z.B. ‚Volk und Führer‘ oder ‚Heil dem 3. Reich‘. Außerdem hatte er großen Anteil daran, dass in unserer Gegend alles Jüdische aus der Musik und alle jüdischen Komponisten entfernt wurden, d. h. jüdische Lieder durften nicht mehr gesungen oder im Radio abgespielt werden. Also stand er hinter Hitler und somit hat er es nicht verdient, dass eine Straße nach ihm benannt wird.
Wir sind der Meinung, dass Straßen nach Menschen benannt werden sollten, die sich für die Opfer eingesetzt haben oder die während dieser Zeit hier aus der Gegend zu Opfern wurden wie z. B. Familie Sally Grünberg aus Hachen oder Familie Levi Klein in Sundern. Wir wissen, dass mit der Umbenennung ein großer Aufwand verbunden ist, aber meinen, dass es uns das wert sein muss.
Da wir aus Altersgründen noch nicht abstimmen dürfen, möchten wir Sie bitten, sich an der Abstimmung zu beteiligen und für eine Umbenennung zu stimmen, weil wir denken, dass wir dies den vielen grundlos Getöteten schuldig sind und dies auch im Sinne der heute noch lebenden Opfer wäre.
Katholischer Religionskurs Klasse 9b der Realschule Sundern