Arnsberg. Rund zwei Stunden löcherten die Mitglieder des Kreiskulturausschusses am Mittwoch abend im Blauen Haus den Architekten Martin Bez immer wieder mit Fragen zur nötig gewordenen „Planungsanpassung“ beim künftigen Museums- und Kulturforum Südwestfalen. Es ging um Sicherheit, um Geld und um städtebauliche Qualitäten, um Aufzüge, Treppenhäuser und Baugruben. Und es ging um Zustimmung. Die war am Ende groß. Mit nur drei Enthaltungen stimmte der Kulturausschuss für die Variante A, die in der Vorwoche auch schon der Bauausschuss mit 4:1 Stimmen vorgeschlagen hatte.
Für Treppen und Aufzüge „schon mal drei Millionen weg“
Der Stuttgarter Architekt, der mit seinem Entwurf mit drei schlichten Quadern im Hang zwischen Museumsaltbau und Ruhrstraße den Wettbewerb für die 11,5 Millionen Euro teure Museumserweiterung gewonnen hatte, machte den Politikern mehrfach und eindringlich die „Grundcrux“ des Projekts deutlich: die Erschließung der drei neuen Museumssäle durch den Altbau oder „ganz oben rein und mit großen Massen bis ganz unten“. Für die Treppen und Aufzüge, die erforderlich seien, die Besucher von der Ebene 0, dem heutigen wie künftigen Eingang, in die neuen Säle auf den Ebenen ‑3, ‑4 und ‑5 zu bringen, seien „schon mal drei Millionen Euro weg“. Mit einer Trennung von Neubau und Altbau seien auf einen Sitz ein paar Millionen gespart. Dass das aber nicht gewollt sei, machte Kreisdirektor Dr. Klaus Drathen klar. Ohne den Eingang für das gesamte Forum vom Alten Markt her gebe es keine Städtebauförderung, denn dort oben solle die Attraktivität gesteigert werden. Zwei getrennte Bereiche würden zudem nicht ins Ausstellungskonzept passen und doppelte Personalkosten für zwei Eingangsbereiche verursachen.
Zweites Gutachten für Architekten „völlig normal“
Als völlig normalen Vorgang stellte der Architekt die Einholung eines zweiten Bodengutachtens dar. Das erste Gutachten sei ein nicht projektspezifisches Vorgutachten gewesen, erstellt, bevor er den Auftrag bekommen habe. Danach habe er dort bohren lassen, wo es für seine spezifischen Pläne notwendig gewesen sei. Dieses Gutachten habe dann „unschöne Erkenntnisse“ gebracht, auch wenn er froh sei, diese jetzt zu haben. „Klüfte und schiebliche Gemenge“ im Fels haben für den Architekten zwei Folgen: Es reicht nicht, die Hangabsicherung zur Baugrube an der Ruhrstraße nur im oberen Drittel auf den Fels aufzusetzten, eine dreifache Menge an Verbauung bis hinab zum Niveau der Ruhrstraße ist erforderlich und kostet eine rund halbe Million Euro mehr. Aus den gleichen geologischen Gründen sollte die Unterbauung des Altbaus minimiert werden. Ein Aufzug unter dem Altbau bis in die Ebene ‑5 ist damit gestorben, es muss mit zwei Aufzügen und Umsteigen gearbeitet werden.
Ohne Denkverbote 25 Alternativen entwickelt
Für die Baugrube an der Ruhrstraße, wo der Altbau der Dresdener Bank noch abgerissen werden muss, steigen die Kosten aus Sicherheitsgründen um eine halbe Million Euro. (Foto: oe)
Er habe zwei Monate lang intensiv und ohne Denkverbote an den neuen Problemen gearbeitet, sagte Bez, und in über 300 Stunden 25 Alternativen entwickelt. Davon habe er am Ende drei ausgesucht, durchgerechnet und der Baukommission präsentiert. Die Varianten A, B und C, die jetzt auch dem Kulturausschuss vorlagen und von denen der Kreistag am Freitag eine auswählen wird. Grundlegender Unterschied der Varianten ist – neben dem Preis – der Umstieg von einem Aufzug in den anderen. Bei Variante C erfolgt er auf Ebene ‑1, was zur Folge hat, dass auf den obersten Baukörper am Hang eine mächtige Nase aufgesetzt wird, die vor allem in der Seitenansicht die Wirkung des alten Landsberger Hofs erheblich beeinträchtigt. Die Variante B sieht den Umstieg auf der Ebene- 2 vor und erfordert als Überbau für den Aufzug einen um etwa zwei Meter erhöhten Baukörper. Die Variante A mit dem Umstieg in Ebene – 3 ist nicht nur die preiswerteste, sie würde auch die Dimensionen der Neubauten am Hang nicht verändern, allerdings auch einige Bauarbeiten unterhalb der untersten Gewölbe des Altbaus erforderlich machen.
Architekt: Sicherheit auch bei Variante A möglich
Ein wichtiger Unterchied aus Sicht des Architekten ist auch der Treppenlauf. Seine ursprüngliche Idee, einer kaskadenförmigen Treppe, die geradeaus laufend vom Eingang bis hinab auf die Ebene ‑5 läuft und nach links und rechts die Säle erschließt, lässt sich nur mit Variante A retten. Bei B und C müsste es im oberen Bereich gegenläufige Treppenhäuser geben. Martin Bez machte deutlich, dass er mit einer Variante C den Wettbewerb wohl nicht gewonnen hätte und zerstreute auch Sorgen der Politiker, Variante A sei unsicher. Jede Variante habe Vor- und Nachteile, die er in einer Matrix dargestellt habe. Natürlich sei die Sicherheit höher, wenn man weniger tief grabe, aber auch bei Variante A „ist Sicherheit möglich“.
„Baugrundrisiko ist Bauherrenrisiko“
Bez sagte auch ganz klar, ein weiteres geologisches Gutachten mache zum jetzigen Zeitpunkt keinen Sinn. Es sei an sieben Stellen auf 1000 Quadratmeter gebohrt worden. Ganz genau werde man erst Bescheid wissen, wenn der Hang weggebaggert sei. Letztlich, so Betz, sei Baugrundrisiko immer Bauherrenrisiko. Man werde, so der Architekt auf Fragen, selbstverständlich den Altbau auf mögliche Veränderungen überwachen, und man werde den Geologen regelmäßig einen Blick in die Baugrube werfen lassen.
Kreisdirektor: SBL will ganzes Projekt verhindern
Reinhard Loos, Kreistagsmitglied der Sauerländer Bürgerliste, der im Kulturausschuss kein Stimmrecht, wohl aber Rederecht hatte, machte davon ausgiebig Gebrauch. Mit seiner Forderung, die Entscheidung zu vertagen und einen neutralen Sachverständigen zur Prüfung der Bodengutachten zuzuziehen, konnte er aber keine Verbündeten gewinnen. Der Kreisdirektor nannte die Argumentation von Loss beispielhaft für jemanden, der das ganze Projekt verhindern wolle. Die Kritik von Loos, dass die Kreistagsmitglieder über Monate in Unkenntnis über das zweite Bodengutachten gelassen worden sind, wurde von Rednern aus der FDP- und SPD-Fraktion aber durchaus geteilt. Der Kreisdirektor erklärte dazu, dass er sich diesen Schuh anziehe, dass er aber habe abwarten wollen, bis er Lösungen präsentieren konnte.
Mehrkosten ja, aber keine Mehrbelastung im Haushalt
Natürlich ging es auch ums Geld. Reinhard Loos wurde schließlich sogar vom Ausschussvorsitzenden Werner Wolff (CDU) das Wort entzogen, als er hartnäckig behauptete, andere seien nicht des Addierens mächtig. Kreisdirektor Dr. Drathen antwortete auf die Aussage von Hanns-Rüdiger Fehling (FDP), die Kosten seien nicht redlich dargestellt worden, dass die Anpassung der Planung natürlich Mehrkosten verursache und er nie etwas anderes gesagt oder gar vorgetäuscht habe. Gesagt habe er nur, dass der Eigenanteil des Kreises bei Variante A unterm Strich unverändert in dem von den Politikern genehmigten Rahmen bleibe. Dies soll durch einen höheren Zuschuss vom Land, Einsparungen bei der Ausstellungskonzeption sowie Nutzung der Reserve für Unvorhergesehenes gelingen.
Erneut rund 150.000 Euro „ausgeschwitzt“
Architekt Martin Bez addierte und subtrahierte allgemein verständlich und kam bei Variante A auf Mehrkosten von 620.000 Euro. Bei den Baukosten sei der Mehraufwand für die Baugrube von 500.000 Euro durch Einsparungen an anderer Stelle zu einem Drittel wieder „ausgeschwitzt“ worden. Weitere Mehrkosten sind ein erhöhter Planungsaufwand sowie Preissteigerungen um zwei Prozent pro Jahr, weil sich das Projekt um mindestens ein halbes Jahr bis ins Jahr 2017 verlängern wird. Bez erläuterte, dass beim Abschwitzen auch noch einmal an den Dimensionen von Treppen und Aufzügen gearbeitet wurde, was auch zu mehr Sicherheit im Altbau führe, weil hier die alten Gewölbe weniger stark abgefräst werden müssen. Er erinnerte aber auch daran, dass bereits früher zwei Millionen Euro reduziert worden seien, weil das Projekt zu teuer wurde. Mit jedem Meter, den man einen der Ausstellungssäle kürzer machen würde, könne man jetzt nochmals 50.000 Euro sparen, käme dann aber in Regionen, wo man den Sinn des Projekts in Frage stelle.
„Alle wesentlichen Fragen beantwortet“
Sascha Walenta (CDU) erklärte, dass er als Architekt dem Kollegen Bez nur bescheinigen könne, von Anfang bis Ende alles richtig gemacht zu haben, und sein Fraktionskollege Gerhard Hafner kündigte an, die CDU werde für A stimmen und die finanzielle Kröte schlucken. Susanne Ulmke (Grüne) sagte, die neuen geologischen Erkenntnisse seien nicht überraschend, und signalisierte ebenso Zustimmung wie Dr. Michael Schult (SPD), für den „alle wesentlichen Fragen beantwortet“ waren, so dass es keinen Grund gebe, die Angelegenheit „auf den St. Nimmerleinstag zu vertagen“. Eine klare Mehrheit, eine klare Empfehlung für den Kreistag, stellte der Vorsitzende Werner Wolff abschließend fest.
Eine Antwort
Wer sich näher über die tatsächlichen Kosten und über die vielen noch offenen Fragen informieren möchte:
http://sbl-fraktion.de/?p=4084