Arnsberg. In die Diskussion um die Kindergartenbeiträge in Arnsberg kommt Tempo. Bereits am Mittwoch, 12. November steht eine Reform auf der Tagesordnung des Ausschusses für Schule, Jugend und Familie. Die Beschlussvorlage ist im Rathaus noch in Arbeit, aber es ist bereits bekannt, dass es nicht nur um eine Veränderung der als ungerecht und unsozial kritisierten Beitragsstaffelung geben soll, sondern dass auch Spielräume für eine finanzielle Entlastung der Eltern insgesamt vorhanden sind. Und dafür muss noch nicht einmal anderswo ein neues Loch in den Haushalt gerissen werden. Das Geld sollen die Autofahrer aufbringen, die zu schnell unterwegs sind. Die müssen sich allerdings nicht mit zusätzlichen Blitzern rechnen. Die Stadt soll künftig ihr Stück vom Kuchen des Hochsauerlandkreises abbekommen, der weiterhin auch in Arnsberg für Geschwindigkeitskontrollen zuständig bleibt.
Eigene Kontrollen bisher mehrfach als unwirtschaftlich verworfen
Fachbereichsleiter Helmut Melchert verkündete die brandheiße Neuigkeit am Dienstag abend im Sozialausschuss und verband sie mit einem Rückblick auf eine nun schon fast zwei Jahrzehnte währende unendliche Geschichte. Seit der Kreis am 1. Januar 1996 nach einer gesetzlichen Neuregelung die Geschwindigkeitsüberwachung im Kreisgebiet übernommen hatte, war es immer wieder ein Thema, ob die Stadt Arnsberg auf ihrem eigenen Territorium nicht selbst blitzt. Denn das Recht dazu hat sie als sogenannte große kreisangehörige Gemeinde und auf der Suche nach zusätzlichen Einnahmen war der Kämmerer in den 90-er Jahren auch schon. Mehrfach, so berichtete Melchert den Politikern, sei die Übernahme der mobilen Kontrollen geprüft und als unwirtschaftlich verworfen worden. 2003 etwa habe der Kreis die Übernahme von vier Mitarbeitern gefordert, aber nicht auf das Recht verzichten wollen, selbst auch weiterhin Kontrollen auf Arnsberger Boden durchzuführen. Auch die Aufstellung stationärer Blitzer sei aus wirtschaftlichen Gründen nicht weiter verfolgt worden. Denn die hätten einen starken Gewöhnungseffekt, so dass nach einer gewissen Zeit fast nur noch Ortsunkundige ertappt werden. Dafür, so Melchert, seien die Anschaffungskosten von 76.000 Euro zu hoch.
Die meisten Starenkästen sind nicht mehr „scharf“
Bei diesem Thema erfuhren die Politiker so ganz nebenbei, dass von den bestehenden stationären Anlagen des Kreises im Stadtgebiet kaum noch Bußgeld-Gefahr ausgeht. Nur noch ein Starenkasten sei scharf, der in der Voßwinkler Ortsdurchfahrt, wusste der Ausschussvorsitzende Hubertus Mantoan, die anderen seien nicht viel mehr als Attrappen.
18 von 20 Vergleichsstädten nutzen Einnahmequelle
Als SPD-Ratsmitglied Harald Kaufung beim jüngsten Runden Tisch zu den Kindergartenbeiträgen die Bußgelder von städtischen Geschwindigkeitskontrollen als Deckungsvorschlag für eine Senkung der Beiträge vorgeschlagen hatte, wusste er vermutlich nicht, dass Helmut Melchert auf diesem Terrain schon weit fortgeschritten war. 20 vergleichbare kreisangehörige Städte habe er kontaktiert, berichtete Melchert dem Ausschuss. Dabei habe er nicht nur erfahren, dass 18 von 20 Städten ihre Einnahmen durch Geschwindigkeitskontrollen verbessern, sondern bei der Stadt Lippstadt auch ein „Supermodell“ gefunden. Nach diesem Vorbild solle es nun eine Kooperationsvereinbarung zwischen Arnsberg und dem HSK geben, in dem Einnahmen und Kosten geteilt werden. Für die Autofahrer soll sich nichts ändern, ihr Ansprechpartner bleibt die Bußgeldstelle des Kreises. Schon in der November-Ratssitzung könne der Kooperationsvertrag beschlossen werden, sagte Melchert.
Unterm Strich bleiben der Stadt 78.000 Euro im Jahr
Die Einnahmen aus der Geschwindigkeitsüberwachung des Kreises in Arnsberg werden auf 400.000 Euro geschätzt. Genau Zahlen gibt es nicht, weil ein Controlling für eine trennscharfe Abrechnung nach Stadtgrenzen beim Kreis erst noch aufgebaut werden muss. Von den geschätzten 200.000 Euro, die Arnsberg bekommen soll, müssen eine Personalstelle und die Kosten für einen Pkw, der immer in Arnsberg im Einsatz ist, sowie für die technische Ausstattung abgezogen werden, so dass 117.000 Euro bleiben, rechnete Melchert den Politikern vor. Und von dieser Summe müsse nochmals ein Drittel abgezogen werden, weil der Kreis seine Mindereinnahme ja durch eine Erhöhung der Kreisumlage wettmachen werde. Und von jedem Euro Kreisumlage zahle Arnsberg als größte Stadt im Kreis rund ein Drittel. Unterm Strich bleiben 78.000 Euro jährlich. „Eine Einnahme, auf die man nicht verzichten sollte,“ sagte Melchert.
Deckungsvorschlag für Senkung der Kindergartenbeiträge
Ratsmitglied Petra Senske formulierte, was viele im Ausschuss sofort dachten: Ob man diese Mehreinnahmen nicht zur Senkung der Kindergartenbeiträge nutzen könne? Genau das, so antwortete Melchert, sei wenige Stunden zuvor in der Verwaltungskonferenz auch besprochen worden. Und genau dieser Deckungsvorschlag solle auch in der Vorlage stehen, fügte die Gleichstellungsbeauftragte Ulrike Quante hinzu.Für einen völligen Verzicht auf Elternbeiträge, die Maximalforderung der protestierenden Elterninitiative, reichen die Bußgeldeinnahmen allerdings bei weitem nicht. Für diese freiwillige Leistung müsste die Stadt insgesamt etwa 1,6 Millionen Euro im Jahr aufbringen.