Arnsberg. Volker W. Degener hat gute Erinnerungen an das Arnsberger Rathaus, auch wenn die mehr als 30 Jahre zurückliegen. Als junger Schriftsteller nahm der Herner damals am Internationalen Arnsberger Kurzgeschichten-Kolloquium teil, zunächst als Autor, später als Jurymitglied. Das Kolloquium ist längst Geschichte und wäre heute von der Stadt auch nicht mehr finanzierbar. Doch Degener, inzwischen Landesvorsitzender des Verbands deutscher Schriftsteller (VS), ist erneut wegen eines literarischen Großereignisses in der Stadt. Sein Verband veranstaltet vom 30. März bis 1. April seine VS-Literaturtage in Arnsberg. Ein Ereignis, für das sich 76 Autoren angemeldet haben. Große und kleine Arnsberger können sich auf 50 spannende Lesungen freuen.
45 Autoren besuchen Schulen der Stadt
Die Schriftsteller treffen sich am Samstag, 1. April zu ihrer ganztägigen Jahrestagung in der Festhalle. Die meisten reisen aber bereits am Donnerstag an, übernachten zwei Mal in der Stadt und nutzen die Zeit für Lesungen. Allein 45 Lesungen finden am Freitag morgen in Schulen statt. Alle Schulformen sind dabei, die Grundschulen sogar komplett. „Alle Schriftsteller sind im Umgang mit Kindern und Jugendlichen erfahren und alle Lesungen sind mit den Schulen abgesprochen und vorbereitet worden. Unser Angebot ist also sehr passgenau“, so VS-Geschäftsführer Dietmar Damwerth. Die Lesungen dauern eine Doppelstunde und es nehmen immer nur eine oder höchstens zwei Klassen teil. „Es wird keine Wasserglas-Lesungen geben“, sagt Volker Degener. Das Lesen der Texte werde nicht so lange dauern, viel wichtiger sei das Gespräch von Autor und Schülern. Denn für viele sei das der erste Kontakt mit einem Schriftsteller und da hätten sie viele Fragen, auch wie man eigentlich Schriftsteller werde und was man verdiene.
Geschichten aus Arnsbergs Geschichte
Doch auch das erwachsene Publikum soll nicht zu kurz kommen. Es gibt fünf Lesungen an besonderen Orten. Bei allen ist der Eintritt frei. Los geht es am Donnerstag, 30. März um 20 Uhr in der Alten Bibliothek von Kloster Wedinghausen. Fünf Schriftstellerinnen und Schriftsteller haben sich von Ereignissen aus Arnsbergs Stadtgeschichte zu eigenen kleinen Geschichten inspirieren lassen und tragen sie unter dem Motto „Von Mauern, Mythen und Menschen“ vor. Stadtarchivar Michael Gosmann hat Themen wie Stadtbrand, Femegericht oder die schöne Jungfer Gertrud ausgewählt.
Tandemlesungen und Suche nach der Liebe
Am Freitag, nach den Schullesungen und einem gemeinsamen Stadtrundgang aller Autoren am Nachmittag, gibt es um 18 Uhr zunächst drei Tandemlesungen mit jeweils einem Autorenpaar. Im Haus der Neheimer Jäger in der Alten Synagoge wollen sich zwei Lyriker dem Heimatgedicht in einem launigen Gespräch nähern. Im Feuerwehrmuseum „Brennpunkt“ am Arnsberger Bahnhof geht es um Feuer, Rauch und Ängste und in der Werkstattgalerie Der Bogen in Neheim um Mord im Hochsauerland. Am Abend um 20 Uhr begeben sich in der KulturSchmiede dann wieder fünf Autorinnen und Autoren auf die Suche nach der Liebe. „Wir hoffen, mit unserem Angebot auch wirklich die Bevölkerung zu erreichen“, sagen Degener und Damwerth und laden alle ein, die ein paar lockere, lustige und spannende Stunden erleben wollen. Dabei haben sie auch den einen oder anderen „Bestseller-Autor“ zu bieten. Etwa Jürgen Kehrer, der den ZDF-Krimihelden Wilsberg aus Münster erdacht hat.
Signal auch für Stadtbibliothek
Seine Literaturtage veranstaltet der VS schon seit 1949 jedes Jahr in einer anderen Stadt. Das gerade in diesem Jahr Arnsberg an der Reihe ist, kommt für Peter Kleine, den Fachbereichsleiter Kultur, sehr passend. Die Literaturtage seien in einem Jahr großer Veränderungen für die Stadtbibliothek ein Signal, dass Lesen auch in Zeiten der Digitalisierung eine wichtige Kulturtechnik bleibe. Denn digital seien in den Stadtbibliotheken nicht nur immer mehr Medien, sondern auch die künftige Ausleihtechnik. Dazu komme jetzt ein neues Konzept mit engerer Zusammenarbeit der drei Standorte.
Kreativität öffnet Horizonte
„Lesen ist das eine, aber es geht auch um Kreativität“, fügte Kleine hinzu. Die Schüler bekämen die Gelegenheit, Menschen, die kreativ sind und kreativ arbeiten, kennenzulernen. Und Kreativität öffne nun mal den Horizont. Auch Bürgermeister Hans-Josef Vogel findet es „einfach klasse“, dass die Literaturtage nach Arnsberg kommen. Das sei ein Gewinn nicht nur für die jungen Leute, sondern für die ganze Stadt. Literatur sei eine Plattform für Emotionen und wichtig gerade in einer Zeit von Vereinfachungen und Einseitigkeiten.