Allendorf. Bernd-Josef Schulte-Hobein ist Landwirt in Allendorf und ein geduldiger Mensch, der auch nichts gegen Hunde hat. Doch jetzt platzte ihm der Kragen, als er eine vier Hektar große Fläche, die er als Futterwiese angepachtet hatte, in der App „Dogs best Places“ als deutschlandweit empfohlene Hundewiese fand. Das flache Gelände an der Lenne bei Plettenberg sei ein Sahnestück, auf dem er Heu und Silage für seine Pferde und Rinder ernten wolle. Doch seine Ernte sei so stark mit Hundekot und Stöcken in allen Dimensionen durchsetzt, dass er sie teilweise bereits habe wegschmeißen müssen. Zusammen mit seinem Nachbarn Stefan Freiburg-Neuhaus, dem Vorsitzenden des Landwirtschaftlichen Ortsverbands Sundern, und dessen Stellvertreter Hans-Wilhelm Stöckmann aus Selschede fordert der Allendorfer, dass Hundebesitzer mit ihren Tieren auf den Wegen bleiben. Denn Hundekot im Tierfutter sei nicht nur unhygienisch, sondern mache die Tiere auch krank, führe bei seinen Pferden schnell zu gefährlichen Koliken.
Grünland dient der Fütterung des Rindviehs
Ein Problem, dass weit verbreitet ist. Sie habe ständig Landwirte aus dem Sauerland, aus dem Siegerland und besonders aus den Randzonen der Großstädte am Telefon, die sich beschwerten über rücksichtsloses Freizeitverhalten von Hundebesitzern, sagt Barbara Kruse, Öffentlichkeitsreferentin des Westfälisch-Lippischen Landwirtschaftsverbands für Südwestfalen. „In den Wohngebieten wird inzwischen mit Erfolg darauf geachtet, dass sich die Haustiere nicht auf Bürgersteigen und in Vorgärten erleichtern. Deshalb weichen zunehmend Hundebesitzer auf die Weiden aus, ohne sich Gedanken darüber zu machen, dass diese Flächen die Hundehaufen auch nicht verkraften.“ Schließlich diene das Grünland im heimischen Raum der Fütterung des Rindviehs. Im Mai stehe der erste Schnitt bevor, die wichtigste Ernte für Milchviehbetriebe. Neben dem Hundekot drohten da auch mechanische Probleme. Platt getretenes Gras werde vom Mähwerk nicht erfasst und bedeute Verlust. Und Äste vom Stöckchenwerfen könnten die Klingen des Mähwerks beschädigen.
Viele sehr, sehr schwarze Schafe
„Wir müssen die Leute aufklären und um Verständnis werben, wir müssen miteinander arbeiten“, geben sich Hans-Wilhelm Stöckmann und Stefan Freiburg-Neuhaus moderat, berichten aber sogleich von Hundehaltern, bei denen auch mehrmalige Ansprache keinerlei Wirkung gezeigt habe. Es gebe eben viele sehr, sehr schwarze Schafe, sagt Bernd-Josef Schulte-Hobein. „Ich zahle Hundesteuer, ich darf das“, sei eine weit verbreitete Meinung. Er berichtet von Hundetouristen, die mit dem Auto durch die Landschaft fahren und den Hund hinterherlaufen lassen, von Geländewagen, die das Gras platt fahren, von zurückgelassenen Autos, die Einfahrten zuparken, so dass fürs Mähen angeheuerte Lohnunternehmer unverrichteter Dinge wieder wegfahren müssen, von Hundebesitzern, die sich beschweren, dass Weiden eingezäunt sind, weil das ihren Hund behindere, und von durchgeknipsten Drähten. „Wir können mit so einem Dreck nichts anfangen“, sagt Hans-Wilhelm Stöckmann zur Qualität des Futters, das auf solchen Fläche geerntet wird. In Allendorf soll nachweislich eine der Ziegen, die der Heimatverein nach alter Sitte auf einer Naturschutzfläche hält, an Hundekot gestorben sein. Auch Andreas Kaiser, Vorsitzender des Hegerings Sundern, ist auf freilaufende Hunde nicht gut zu sprechen. Denn jede landwirtschaftliche Fläche gehöre auch zu einem Jagdrevier und abseits der Wege würden Hunde dort die Rehe und Hasen hetzen.
Rechtslage klar: Kein Betretungsrecht
Aus der Hundewiesen-App ist die Fläche von Bernd-Josef Schulte-Hobein wieder verschwunden, sogar problemlos. Doch gelöst sei das Problem damit noch lange nicht, „solange das noch in den Köpfen der Hundebesitzer ist“. In diesem speziellen Fall hat er Verbotsschilder aufgestellt, was er allerdings generell für eher kontraproduktiv hält, da jedes Verbotsschild suggeriere, dass es da, wo kein Schild stehe, erlaubt sei. Dabei ist die Rechtslage sehr eindeutig. „Das Gesetz ist bei landwirtschaftlichen Flächen sogar noch strenger als im Wald, wo es für angeleinte Hunde auch ein Betretungsrecht abseits der Wege gibt“, sagt Henrik Nolte, Jurist des Landwirtschaftlichen Kreisverbands. Private Wege in der Landschaft dürften von jedermann auch mit Hund genutzt werden, aber ein Betretungsrecht für landwirtschaftlich genutzte Flächen gebe es einfach nicht. Und jede Fläche gehöre jemandem und sei im Zweifel landwirtschaftlich genutzt, wenn sie kein Naturschutzgebiet sei. Und da seien die Regeln noch strenger. Letztlich durchsetzen könne der Landwirt das Recht allerdings nur mit einer zivilrechtlichen Klage und dafür steige eben nicht jeder sofort von seinem Traktor, so der Jurist.
Hundeschule: Laufen auf Wegen lernen und Dummys nutzen
„Wir bitten deshalb alle Hundehalter: Nehmen sie Rücksicht auf ihre Bauern und deren Tiere! Auch Rinder haben Anspruch auf sauberes Futter!“ appelliert Barbara Kruse. Und wie man es als Hundehalter richtig macht, dafür hat sie sich Tipps von Christiane Breiter geholt. Die Chefin der Hachener Hundeschule Breiter ist selbst auch Landwirtin und Jägerin und damit bestens im Thema. Für sie ist es wichtig, dass der Hund möglichst schon im Welpenalter in die richtige Richtung gelenkt wird und nicht nur Kunststückchen, sondern auch das Laufen auf Wegen auch ohne Leine lernt. Zudem müsse der Hund nicht möglichst viel rennen, sondern intelligent beschäftigt und gefordert werden. Nach 20 Minuten Nasenarbeit sei jeder Hund fix und fertig, aber entspannt und glücklich. Und statt Stöckchen oder Bälle zu werfen, die dann irgendwo liegen bleiben, solle der Hundefreund mit Dummys arbeiten, diese suchen lassen, statt sie zu werfen. Die Dummys seien für wenig Geld zu kaufen, aber doch so teuer, dass sie niemand achtlos liegenlasse. Außerdem seien Stöcke durch Verkannten im Kiefer oder Splitter für Hunde Verletzungsquelle Nummer eins.